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226 - Das Schädeldorf

226 - Das Schädeldorf

Titel: 226 - Das Schädeldorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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unterbinden und griff nach ihnen. Doch als er genauer hinsah, stellte er voller Entsetzen fest, dass es sich bei den vermeintlichen Scheiten um Knochen handelte. Menschliche Knochen! Mit einem heiseren Schrei warf er sie von sich.
    Sofort näherten sich stampfende Schritte. Innerhalb weniger Minuten war er umgeben von Wesen, die zwar eine menschliche Gestalt besaßen, aber insgesamt eher Monstern glichen, wie solche, die Yann Haggard aus verschiedenen Mythologien kannte. Ihre Augen waren mit Asche umrandet und ihre Gesichter mit roter Farbe oder sogar Blut bemalt. Die Haut ihrer schmächtigen Oberkörper war gespickt mit Fischschuppen, Arme und Beine umwickelt mit merkwürdigen Fasern.
    Alle hatten ihre verfilzten Haare mit Knochen hochgesteckt. Zwei trugen Fackeln, der Rest war bewaffnet mit Messern und Spießen. Alle bis auf einen Greis, der etwas abseits stand und einen glänzenden Stab von der Länge eines Unterarms in den Händen hielt. Als Einziger trug er etwas, das einer Hose glich, und sein weißes Haar hing offen bis über die Schultern. Auf seiner Stirn haftete eine faustgroße Wurzel, die mit einem dreckigen Lederband um den Kopf gebunden war. Ein unheimliches Flackern lag in den Augen des Alten, die Yann unentwegt anstierten.
    »An dem ist nicht viel dran!«, hörte der Energieseher eines der Wesen in französischer Sprache sagen. »Überlasst ihn mir!« Es machte einen Schritt auf Haggard zu, um ihn mit seinem Spieß zu untersuchen.
    Der Seher wich vor ihm zurück. Noch schlimmer als der Spieß war der entsetzliche Gestank, der von dem Wilden ausging. Er roch nach Verwesung und Blut.
    »Halte dich zurück, Bruder Nummer 2! Du bist nicht alleine mit deinem Hunger!«, rief einer der Fackelträger.
    »Genau, worauf warten wir noch? Schlachten wir ihn!« Einer mit einem schartigen Messer sprang auf das Lager des Sehers, dicht gefolgt von einem halben Dutzend Wilder.
    »Zurück, Nummer 6, zurück! Und ihr anderen auch! Er gehört mir! Mir gehört er!« Der Weißhaarige stellte sich zwischen Yann und die Angreifer.
    Nummer 2 protestierte: »Aber Bruder Nummer 1…«
    »Geht, geht weg!«, unterbrach ihn der Greis. »Ich will, will alleine sein mit ihm!«
    Während die anderen sich murrend zurückzogen, näherte Nummer 1 sich dem Seher. »Sag mir was, was willst du in Karsi’signak?« Wahnsinn spiegelte sich in seinen Augen.
    »Karsi … was?«, stammelte Yann Haggard. Gleichzeitig vernahm er Nefertaris Stimme: Er sagte Karsi’signak! Ich erinnere mich an eine Hydritenstadt dieses Namens! Woher kennt er diesen Namen, woher die Stadt?
    Lass es uns herausfinden, entgegnete Gilam’esh. Offensichtlich wollten die Hydriten in die Gedanken des Irren vordringen! Atemlos vor Spannung beobachtete Yann Nummer 1. Der Greis war nur noch eine Handbreit von ihm entfernt. Plötzlich verdrehte er die Augen und sank in die Knie.
    »Was ist mit ihm?«, flüsterte der Seher.
    Ein Quan’rill! In der Hülle des Lungenatmers steckt ein Quan’rill!, stellten die Hydritengeister in Yann verblüfft fest.
    ***
    September 2050, Mekong-Delta, Südvietnam
    Draußen herrschte Eiszeit. Im Tunnelsystem kämpften rund acht Dutzend halb verhungerter Menschen ums Überleben. Lann Than war unter ihnen. Entgegen seines Vorhabens hatte er sich eine neue Hülle gesucht. Die Menschen brauchten einen Führer. Außerdem sehnte er sich danach, Sevgil’im wieder zu sehen. So war er in den Körper seines Enkels geschlüpft, als dieser zwei Jahre nach der Katastrophe bei der Geburt starb.
    »Ein schlechtes Omen!«, hatte damals die weinende Thik Gieng gerufen. »Es ist, als sei Lann Than gestorben, um das Neugeborene zu retten! Lasst uns das Kind nach ihm benennen!«
    Inzwischen war Lann Than sechsunddreißig Jahre alt und seine Frau, sowie seine beiden Söhne lebten längst nicht mehr. Doch fünf seiner Enkelkinder, die weit älter als er und offiziell seine Geschwister und Onkel waren. Sie nannten Lann Than »Kleiner Bruder«.
    Die Schleusenkammer blieb mittlerweile immer geöffnet. Sie diente als Krankensaal, Versammlungsraum und Speisekammer. Letztere allerdings blieb in den letzten Monaten meist leer. Zwar machte sich fast täglich eine Abordnung auf, um Fische aus dem nahe gelegenen Fluss zu holen oder andere Tiere zu jagen. Doch an manchen Tagen kehrte sie mit leeren Händen zurück oder sie konnte erst gar nicht aufbrechen, weil die Schneestürme sie daran hinderten. Und manche kehrten gar nicht zurück.
    So blieb den Menschen oft

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