Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2267 - Ich, Gon-Orbhon

Titel: 2267 - Ich, Gon-Orbhon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
neben ihr.
    Während ich rittlings weiterrutschte, bemerkte ich eine zweite Veränderung, noch viel unglaublicher und spektakulärer als die der Schwerkraft. Die Proportionen der endlosen Halle verschoben sich in Relation zu mir.
    Mit anderen Worten: Ich wuchs, während die Aula schrumpfte.
    Dünner und dünner wurden die ehedem so mächtigen Säulen, bis ich nur noch auf einer nicht einmal fingerdicken, schwingenden Stange balancierte. Was mir gleichwohl nicht schwer fiel; denn da die benachbarten Stäbe im selben Verhältnis herangerückt waren, konnte ich mich problemlos daran festhalten.
    Wie auf einer Leiter, einer dreidimensionalen, von goldenem Licht durchfluteten Sprossenwand, stieg ich nach oben. Lange; vielleicht tausend Herzschläge oder mehr. Ich war zu ergriffen, um mitzuzählen.
    In die Stille mischte sich ein anfangs kaum hörbares Säuseln, wie von winzigen Äolsharfen. Je höher ich stieg, desto stärker und konkreter wurde es, steigerte sich zu einer Musik, die mir sowohl unsagbar fremd als auch seit Urzeiten vertraut erschien.
    Diese Klänge besaßen im wahrsten Wortsinn erhebende Wirkung. Sie trugen mich förmlich empor. Zugleich flößten sie mir enormen Respekt, ja grenzenlose Ehrfurcht ein.
    Abermals veränderten sich Beschaffenheit und Proportionen der Umgebung. Die Stangen, die „unten" Säulen gewesen waren, wandelten sich zu feinen Fäden. Dabei rückten sie so eng zusammen, dass sie miteinander verklebten wie Polymere und in Summe ein zartes, durchscheinendes Konstrukt ergaben, ein ätherisches Gebilde undefinierbaren Ausmaßes. Seine Form ließ sich nur erahnen; wenn überhaupt beschreiben, dann noch am ehesten als Mittelding zwischen Segel, Zeltplane und Hängematte.
    Es umschloss mich weich. Und es nahm mich in sich auf.
    Innerhalb dieses mehrdimensional verworfenen Schleiers verloren die mir bekannten Naturgesetze ihre Gültigkeit -und mindere Geschöpfe wie ich verloren noch mehr: jegliche Orientierung, jeglichen materiellen Halt, jegliche Existenzberechtigung.
    Ich geriet in Panik, weil sich mein Körper auflöste und mein Geist zu verflüchtigen drohte oder vielmehr verschlungen zu werden von der allumfassenden, allgegenwärtigen Musik. Diese wurde von den vibrierenden Riesenmolekülen erzeugt, welche doch ihrerseits aus nichts anderem bestanden als aus gesponnenem Licht.
    Wäre ich dazu noch in der Lage gewesen, ich hätte geschockt aufgeschrien angesichts der puren, überwältigenden Schönheit dieses Gesamtkunstwerks. „Irgendwie schon ganz hübsch, nicht wahr?", sagte der Messingenieur
     
    3.
     
    Der relativ friedliche Wettstreit Plötzlich befand ich mich nicht mehr inmitten des metadimensionalen Schleiergebildes, sondern eine Ungewisse Distanz davon entfernt.
    Neben mir schwebte ein vierbeiniges, vierarmiges, vieräugiges, fast hätte ich hinzugefügt: vierschrötiges Wesen. Der Messingenieur - ich zweifelte keinen Augenblick daran, dass ich ihn gefunden hatte - war nur etwa einen Meter groß, doch strahlte er immense Autorität aus. Trotzdem und ungeachtet seiner kompakten, spinnenähnlichen Gestalt wirkte er auf mich wesentlich zugänglicher, gemütlicher, ja menschlicher als die Humanoiden, mit denen ich bisher zu tun gehabt hatte. „Hübsch? Du untertreibst maßlos", gab ich mit belegter Stimme zurück. „Weder vermag der Messingenieur zu unter- oder zu übertreiben", sagte er, „noch irgendetwas ohne Maß auszuüben."
    Ums Haar wäre ich in haltloses Gekicher verfallen. Nur unter Aufbietung aller Willenskraft beherrschte ich mich und unterdrückte den Impuls, ihn zu umarmen und wie einen alten Freund oder engen Verwandten zu liebkosen.
    Mir war bewusst, was in mir vorging. Eben noch hatte ich panische Angst ausgestanden. Die Erleichterung darüber, dass ich nicht von dem Gebilde aus makellos reinem Licht und Ton absorbiert worden war, brachte meinen Hormonspiegel durcheinander. Eine Überdosis an Adrenalin und Endorphirien versetzte mich in rauschhafte Stimmung. Ich musste an mich halten, um nicht alles, was der kleine, so sympathische Arachnoide von sich gab, irre geistreich und witzig zu finden.
    In diesem Moment erkannte ich, wie schmal der Grat ist, der Vernunft von Wahnsinn trennt, und wie mühelos rasch er überschritten werden kann.
    Wir schwebten in dem, was Schlacke „den Halbstock" genannt hatte und wovon ich heute weiß, dass es sich um ein Simulacrum des Linear- oder Halbraums handelte. Ganz im Unterschied zur Ebene der Säulenhalle empfand ich diesen

Weitere Kostenlose Bücher