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2267 - Ich, Gon-Orbhon

Titel: 2267 - Ich, Gon-Orbhon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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schnarrende Stimme dies nicht dezidiert zum Ausdruck gebracht hatte - ich musste davon ausgehen, dass die nächste Prüfung bereits begonnen hatte. Hinter jedem unscheinbaren Detail konnte sich eine Falle verbergen.
    Wie hart die Bestrafung ausfiel, wenn ich nicht höchste Vorsicht walten ließ, hatte ich vor kurzem am eigenen Leib verspürt.
    Wer immer diese Anstalt leitete - zimperlich war er jedenfalls nicht.
    Daher drehte ich das Wasser wieder ab, ohne getrunken zu haben, und trat zum Schrank. Riss die Tür auf und sprang im selben Moment zwei Meter zurück, für den Fall, dass ich irgendeinen fiesen Abwehrmechanismus ausgelöst hätte.
    Nichts dergleichen geschah. Ich atmete tief durch.
    Im Schrank hingen drei Garnituren Kleidung, identisch mit der, die ich zuletzt getragen hatte. Die Fächer daneben enthielten zahlreiche flache Schachteln mit winzigen, verschiedenfarbigen Kristallen. In der Lade darunter fand ich einen einzelnen linken Handschuh, silbergrau, aus sehr dünnem Material, welches an Spinnweben erinnerte.
    Ich zog mich an, streifte nach kurzem Zögern auch den Handschuh über. Das Gespinst wog so gut wie nichts und saß wie eine zweite Haut. Nicht einmal, wenn ich die Finger aneinander rieb, spürte ich den Stoff.
    Sorgfältig untersuchte ich die Kristallboxen, deren es genau zwölf Dutzend gab. Sie wiesen keine Markierungen auf. Schließlich griff ich mir wahllos eine davon und steckte sie in die Brusttasche meines Hemds.
    Mit der behandschuhten Linken tippte ich die Symbolkombination „X - 1 - X" in die Tastatur der Konsole ein.
    Gleichzeitig sprach ich: „Gon-Orbhon, Student."
    Sofort erschienen Schriftzeichen auf dem Schirm. Sie besagten, dass ich mich auf der Stelle beim Messingenieur einzufinden hätte. Das war alles.
    Zweifellos stellte der Zwiespalt, in dem ich nun steckte, einen weiteren Teil des Tests dar. Sollte ich der Anweisung Folge leisten und unverzüglich aufbrechen? Blindlings, wie beim letzten Mal?
    Ich verfügte über keinerlei Anhaltspunkt, wo jener ominöse Messingenieur zu finden war. Keines der Türschilder im mir bekannten Bereich der endlosen Aula hatte diese oder eine ähnliche Bezeichnung getragen.
    Studios, Labors, Ateliers, Werkstätten, Unterrichtsräume und so weiter gab es reichlich. Der Messingenieur konnte in jedem davon auf mich warten oder aber auch ganz woanders.
    Sollte ich nicht lieber zuerst versuchen, der Konsole mehr Informationen zu entlocken? Und in Kauf nehmen, dass ich mich verspätete, indem ich auf gut Glück Spracheingabe- und Tastenkombinationen ausprobierte?
    Nach kurzem Nachdenken entschied ich mich für eine dritte Variante.
    Ich nahm die Vase mit den Schnittblumen und trug sie in die Halle hinaus. Wenige Schritte von meiner Tür entfernt, die inzwischen hinter mir zugefallen war, warf ich die Vase schwungvoll zu Boden.
    Sie zerschellte. Der Krach hallte vielfach von allen Seiten wider.
    Keine drei Atemzüge später löste sich Schlacke, der Pedell, aus dem Schatten einer der nächststehenden Säulen. Er schob den Besen vor sich her, schnurstracks auf die Pfütze, die Scherben und die verstreuten Blumen zu.
    Die Arme ausgebreitet, stellte ich mich ihm in den Weg.
    Er brabbelte etwas über dumme Streiche unnützer Studenten und scherte seitlich aus, um mich zu umgehen. Ich bewegte mich mit.
    Ein grotesker Tanz entspann sich. Schlacke versuchte es mal linksrum, mal rechtsrum, mit weiten Sprüngen oder kurzen Trippelschritten, schlug Haken oder legte einen plötzlichen Zwischenspurt ein...
    Es nützte ihm alles nichts. Ich war einfach jünger und schneller, geistig wie körperlich. Er konnte mich nicht überlisten; mit spielerischer Leichtigkeit verwehrte ich ihm, zur Pfütze vorzudringen und wegzuputzen, was seine sonst so makellose Aula verunstaltete.
    Die Sache begann mir Spaß zu bereiten. Seine komisch unbeholfenen Bewegungen und die Sturheit seiner fruchtlosen Anstrengungen belustigten mich. Ein Teil der Anspannung, unter der ich stand, löste sich.
    Ich lachte, lachte ihn aus.
    Nicht, dass er sich davon in irgendeiner Weise hätte provozieren lassen. Er zeigte keine Veränderung seines Gemütszustandes, geriet nicht im Mindesten in Rage, sondern lamentierte immer gleich monoton ohne Punkt und Komma vor sich hin. Körperkontakt vermied er tunlichst, hielt stets mindestens eine Armlänge Abstand, setzte auch seinen Besen nicht als Waffe !ein. „Wir können uns noch stundenlang so vergnügen", sagte ich fröhlich zu ihm. „Ich bin ausgeruht

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