2274 - Motoklon Hundertneun
zwei, drei Meter Metall trennten sie vor dem Freien und einem möglichen Entkommen.
Die Schritte von Kybb-Truppen hallten laut durch den Gang, näherten sich von beiden Seiten.
Es wäre auch zu schön gewesen, unentdeckt zu entkommen ... Nun musste sie sich darauf verlassen, dass ihre Mimikry-Verwandlung ein weiteres Mal einer Überprüfung standhielt. „Was schaut ihr so dumm?", fuhr sie die vordersten Soldaten des ersten Kommandos an. „Bringt mich gefälligst in Sicherheit! Du und du ..." Sie deutete auf zwei der Kybb-Giraxx. „Ihr kommt mit mir und beschützt mich!"
„Prim-Direktor Areschylos!", rief der Ranghöchste der Kybb. „Wir dachten, du seist tot! Der Motoschock ..."
„Das Denken überlasst gefälligst denjenigen, die den Kopf dafür haben!" Lyressea hoffte, dass sie einen ausreichend gehässigen Tonfall traf. „Ich arbeitete während der Attacke des Motoklons zufällig in einem hyperdimensionalen Versuchsfeld, das mich ausreichend schützte. Und jetzt bringt mich auf schnellstem Wege hier raus, bevor dieser verräterische Echsen-Klon nochmals zuschlägt!"
Die Erleichterung war den beiden Kybb-Giraxx, die sie willkürlich ausgewählt hatte, anzusehen. So leicht, so billig hatten sie nicht zu hoffen gewagt, dem Kampf gegen einen Motoklon entkommen zu können. Entsprechend rasch und konsequent erfüllten sie ihre Aufgabe, brachten sie mit aller Gewalt gegen den Strom der nachströmenden Soldaten hinaus ins Freie, in eine vorläufige Sicherheit. „Wir nehmen diesen Gleiter", sagte Lyressea bestimmt, mit einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. Willkürlieh deutete sie auf eines der ihr bekannten röhrenförmigen Fluggeräte.
Erneut gehorchten die beiden Giraxx, ohne die Anweisungen zu hinterfragen, ohne über die widersinnige Behauptung nachzudenken, dass er den Motoschock durch Zufall überlebt hätte.
Lyressea stieg ein und bestimmte einen der beiden Soldaten zum Piloten. Sie war mit ihren Kräften nahezu am Ende. Die Rückwandlung stand unmittelbar bevor. Es blieb nur noch, ausreichend Distanz zu BLENDE-NULL zu gewinnen und anschließend die beiden unfreiwilligen Helfershelfer ihrer Flucht zu beseitigen
23.
Rochade
Hundertneun spürte seinesgleichen näherkommen. Die Sinne ihrer internen Ortungsgeräte strichen über ihn hinweg oder durchdrangen ihn gar.
Er besaß nur noch eines von acht Gehirnsystemen. Die anderen Motoklone waren in ihrer achtfach redundanten Existenz um so viel mehr als er - und andererseits, in ihrem Selbst-Bewusst-Sein, bedeutungslos wenig.
Mehr als dreißig, möglicherweise über vierzig seiner Baureihe kamen auf .ihn zu. Doch sie waren nicht wie er.
Falsch: Er war nicht mehr wie sie.
Er positionierte sich, machte sich bereit für das finale Zusammentreffen. Der Individualschirm, den er hochfuhr, war lediglich dazu gedacht, die anderen Motoklone zu täuschen.
Hofften sie, ihn lebendig fangen, um ihn neuerlich auseinander zu nehmen, zu untersuchen?
Oder wollten sie ihn gemeinsam mit Lyressea töten? Die Wahrscheinlichkeiten erschienen ihm zu diffus, um zu einem vernünftigen Schluss zu kommen.
Hundertneun stellte sich auf der kreisrunden Markierung der präparierten Bodenplatte, inmitten des dreidimensionalen Abbildes des Kher-Diamanten, in Position. 'Wie war die Schrittfolge gewesen, die ihm Lyressea gezeigt hatte?
Er rief sich das Timbre ihrer Stimme in Erinnerung, roch noch einmal ihren süßlichen Körperschweiß, fühlte ihre zarten und dennoch kräftigen Hände in den seinen. „Vor - seitwärts - vor - anderes Bein nachziehen - Drehung", hatte sie gesagt. Und: „Immer mit einem Fuß auf dem Boden bleiben."
Der Flagore.
Der Tanz des Lebens.
Die Motoklone waren heran, hinter ihnen weitere Kybb-Truppen. Beiläufig spürte er die Präsenz der anderen seiner Art wachsen. Während er sich im Kreis drehte, empfing er Hinweise, dass sie über seine Bewegungen Verwirrung empfanden.
Das Leben in mir versiegt, dachte Hundertneun, und ich bin traurig darüber, und gleichzeitig bin ich froh, dass ich traurig sein darf, weil dies einem sehr wichtigen Gefühl entspricht, das ich kennen lernen durfte, und es ist...
Die Motoklone überwanden ihre kurzzeitige Verwirrung. Mit mehreren gezielten Schüssen zerstörten sie seinen Schutzschirm. Mit zwei weiteren Feuerstößen brachten sie sein körperinternes Regenerationsvermögen zur Dysfunktion.
Hundertneun glühte, ohne Schmerz zu empfinden. Aber der Moment des Triumphes gehörte ihm; er ganz allein
Weitere Kostenlose Bücher