2274 - Motoklon Hundertneun
sich um einen Hochrangkode", presste der Orter schließlich hervor. „Ein Motoklon bittet um Hilfe." Hochrangkode. Motoklon. Hilferuf.
Binne Mandel ließ den Kopf knackend kreisen, dachte kurz nach.
Das roch nach Ärger. Aber er konnte nicht ausweichen. Einem Motoklon war unbedingt Unterstützung zu gewährleisten. Diese Kunstwesen, Mörder der Sonderklasse, standen in der Gunst des Einen um Welten höher als ein einfacher Kybb-Giraxx. „Empfang bestätigen und Geschwindigkeit aufnehmen!", befahl er leise. „Wir kommen dem Motoklon selbstverständlich zu Hilfe."
Binne Mandel stand auf und griff nach der Peitsche. Sie schlug blaue, kalte Funken, sobald er sie mit seinem rechten Handmodul berührte. „Aber Herr", jammerte der Orter, als er ihn kommen sah, „es war ein Hochrangkode. Ich musste Meldung machen."
„Du hast richtig gehandelt", sagte der Kommandant, während er die Peitsche langsam ausrollte, „auf der anderen Seite hast du mir aber auch widersprochen. Ein jedes Ding hat zwei Seiten, nicht wahr?" Er berührte den Spannungsregler, fuhr ihn sachte nach oben. „Ich werde dich also belobigen - und solltest du meine disziplinäre Maßregelung nicht überleben, werden deine Angehörigen in den Genuss einer höheren Rente gelangen."
Er holte aus und schlug zu.
Wenn nur das Jucken nicht wäre ...
Ein letzter Impuls verließ das Wrack, ein wenig stärker diesmal und sinnloserweise in den Leerraum gezielt. Nachdem die INTUUL bestätigte, dass sie zu Hilfe kommen würde, endeten die Notrufe aus dem zerschossenen Schiff sofort.
Das war nur allzu verständlich. Die Gefahr, dass sich ein Weißer Kreuzer oder gar ein Hyperdimo in der Nähe herumtrieb, war groß. Nicht umsonst hatte Binne Mandel befohlen, diesen Sektor auf Schleichfahrt zu durchmessen. Alle energetischen Aktivitäten, selbst die Defensivbeschirmung, waren auf ein Minimum reduziert.
Beiläufig unterzeichnete der Eins-Plan den Totenschein seines Orters, konzentrierte sich dann vollends auf das komplizierte Andockmanöver. Ein Ausrichten des wrack geschossenen Kriegsdiskus oder gar ein Abschleppen vermittels Fangfelder verbot sich aufgrund des hohen Energiebedarfs. So näherte sich die INTUUL mit minimalen Korrekturschüben und passte sich allmählich den Torkelbewegungen an.
Befehle und Anweisungen schwirrten durch den Raum. Alles lief weitaus schneidiger und präziser als vor ein paar Stunden. Ein kleiner Hinweis darauf, wer an Bord des Schiffes das Sagen hatte, half jederzeit, disziplinäre Mängel zu korrigieren. „Manöver abgeschlossen!", meldete der Vier-Plan-Steuermann. „Dockschlauch angeklebt."
Er wagte nicht, den Eins-Plan anzusehen.
Gut so.
Binne Mandel schaltete die Außenbeobachtung zu. Die INTUUL hing nunmehr am Wrack.
Sterne trudelten in schwindelerregendem Rhythmus im Hintergrund vorbei und verwirrten die Sinne, wenn man sich nicht ausreichend konzentrierte. „Entertruppen ausschwärmen lassen!", befahl der Kommandant. Der Juckreiz an seinem Rücken, für kurze Zeit verdrängt, wurde wieder stärker.
Erneut machte sich routinemäßige Hektik breit. Das Manöver musste möglichst rasch abgeschlossen werden. Der Plan-Eins rechnete jederzeit mit dem Auftauchen einer feindlichen Einheit. „Kontakt!", kam endlich der erlösende Funkspruch. „Ist der Motoklon intakt?", fragte Binne Mandel den Anführer der Truppe. „Ja ..." Der Kybb-Giraxx im Rang eines Plan-Drei der Zweiten Klasse zögerte merklich. „Er ist nicht allein."
„Was soll das bedeuten?"
„Er hat ein weibliches Wesen bei sich. Eine Rebellin."
„Eine was?" Binne Mandel war aufgesprungen, ging nervös auf und ab.
Es knackte in der Verbindung. Für wenige Augenblicke blieb der Funkkontakt unterbrochen.
Schließlich meldete sich eine Stimme. Tief, voluminös und in erschreckender Gleichtonigkeit sprechend. „Ich bin Hundertneun", sagte der Motoklon, „und ich verlange, gemeinsam mit meiner Gefangenen auf schnellstem Weg zum Schloss Kherzesch gebracht zu werden."
„Kherzesch? Aber die INTUUL ist als Späher in diesem Sektor eingesetzt..."
„Giraxx", sagte der Motoklon, „du weißt, wer und was ich bin Wag es nicht noch einmal, mir zu widersprechen! Wir fliegen sofort das Kher-System an!"
War es Zufall, dass just in diesem Moment die kläglichen Überreste des zu Tode gepeitschten Orters aus der Zentrale der INTUUL geschleift wurden? Binne Mandel beeilte sich jedenfalls, den Befehl Hundertneuns zu bestätigen. „Gut so", sagte der Motoklon, ohne
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