2276 - Tanz auf dem Vulkan
der Männer, die der Meinung sind, am besten zu wissen, was für uns Frauen gut ist? Ich weiß es selbst, glaub mir. Und ich will an der Mission teilnehmen! Ich habe mich freiwillig gemeldet. Das Risiko ist mir bewusst." Sie schob mit einer unwilligen Geste die Brille zurück.
Myles wusste in diesem Moment, dass er ihr nie sagen würde, was er herausgefunden hatte.
Sie würde ihm niemals verzeihen, dass er in ihrem Privatleben herumgeschnüffelt hatte. „Sei nicht ungerecht", sagte er ruhig. „Als wissenschaftlicher Leiter bin ich für die Zusammenstellung der Besatzung verantwortlich."
„Und was hindert dich daran, mich an Bord zu haben?"
Hätte er doch nur ihre Augen sehen können. Aber er glaubte zu wissen, was er darin gelesen hätte: Soll ich etwa jene Nacht bereuen müssen, in der mich diese unerklärliche Schwäche überfiel? Habe ich wieder dem Falschen vertraut? Das will ich nicht glauben. Du bist kein so gemeiner Mensch, oder?
Nein, das war er nicht. „Inshanin", sagte er, „diese Mission ist wirklich gefährlich. Es ist keineswegs sicher, dass wir zurückkehren werden."
„Das sagt ihr Unsterblichen doch vor jeder Mission. Und bislang seid ihr immer zurückgekehrt! Außerdem wurde das Schiff am Waringer-Institut konstruiert, und dort tummeln sich wahre Kapazitäten, denen man blind vertrauen kann." Nun klang ihre Stimme vor Zorn verzerrt.
Blindes Vertrauen... „Es ist gefährlich, Inshanin." Er hätte sie gern in den Arm genommen, sie an sich gedrückt und ihr gesagt, dass es sinnlos war, gegen alle Männer Krieg zu führen, weil einer sie enttäuscht hatte. Doch damit hätte er nur alles schlimmer gemacht. Inshanin war eine zutiefst verletzte Frau, die einen Panzer um sich errichtet hatte und sich nur noch zur Wehr setzte.
Aber ... ging er selbst nicht ein noch höheres Risiko ein? Was, wenn er ausgerechnet in einer kritischen Situation wieder von einem Takvorianismus-Anfall außer Gefecht gesetzt wurde?
Konnte er es überhaupt verantworten, die Mission zu leiten?
O ja, er verstand sie sehr gut.
Sie beruhigte sich etwas. „Ach was." Sie zitterte am ganzen Leib. „Sei doch ehrlich, Myles.
Du hast wegen dieser einen ... bedeutungslosen Nacht versucht, mich zu schützen. Deshalb bin ich als Einzige des engeren Kantor-Teams wie durch Zufall nicht zur Teilnahme an der Mission vorgesehen."
Natürlich hatte sie Recht, aber das konnte er ihr nicht sagen. „Ich bin keinesfalls damit einverstanden, an der bevorstehenden Mission nicht teilzunehmen!
Ganz im Gegenteil!
Ich habe alle erforderlichen Kompetenzen und ..."
Myles hob beide Arme und spreizte die Hände. „Schon gut, schon gut. Wenn du darauf bestehst, bist du dabei."
Sie lächelte schwach. „Na also. Ich fühle mich von deinem Vertrauen in meine Fähigkeiten geehrt und hoffe, dich nicht zu enttäuschen. Wir sehen uns morgen auf der INTRALUX."
Damit drehte sie sich um und ließ ihn einfach stehen.
Was für eine Erniedrigung ..., dachte Myles.
Ihr beißender Spott verletzte ihn stärker, als er sich eingestehen wollte. Wie sollte er ihr klar machen, dass er sie tatsächlich beschützen wollte, wenn sie partout nicht beschützt werden wollte?
Jedenfalls nicht von ihm.
Sie will sich beweisen. Sie läuft vor ihrer Vergangenheit davon. Und sie kann nicht verlieren.
Myles sah noch lange auf die Tür, nachdem sie sich geschlossen hatte. Er wurde den Eindruck nicht los, dass er soeben einen schweren Fehler begangen hatte.
Die Träume, die nicht kommen wollten, suchten ihn schlimmer heim, als jeder Albtraum es vermocht hätte. Sie verhinderten, dass er Schlaf fand, trotz der guten Betreuung und der Medikamente, die die Terraner ihm angedeihen ließen.
Aber es ging ihm tatsächlich schon besser. Sie hatten seine Lebensgeister geweckt. Die Aussicht, in die Sonne zu fliegen und dort etwas über ARCHETIM zu erfahren, gab ihm neue Kraft.
Doch nicht deshalb hatte er eingewilligt, die Terraner zu begleiten, sondern nur wegen ihres Anführers. Wegen Myles Kantor.
Denn wenn der Traum nicht kam, der kommen sollte, träumte Orren Snaussenid von ihm.
Eigentlich träumte er von einer leuchtenden Spiralgalaxis, die durch das schwarze Nichts rotierte und immer größer wurde, während sie sich entfernte.
Myles Kantor trug auf seinem linken Oberarm ein handtellergroßes Mal in Form eben solch einer Spiralgalaxis. Die Superintelligenz ES hatte es ihm verliehen, niemand kannte seine Bedeutung.
Auch Orren nicht. Er wusste nicht, warum er davon
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