2290 - Daellians Kampf
sie dieser Waffe verlustig gegangen war, waren nicht nur schmerzvoll, sondern auch lehrreich gewesen.
6.
„Was für ein Weibsstück!", rief Shabor Melli, nachdem Ascari da Vivo die Zentrale verlassen hatte. „So kalt wie Eis, aber gerade deswegen ein verdammt heißer Feger. Haltet meine Hormone!"
Verhaltenes Lachen ertönte. Melli traf den Nagel^auf den Kopf - wie ihm erging es vielen Menschen in der Zentrale. „Also - mich begeistert sie nicht so sehr", meldete sich Szam-Soon zu Wort. „In der swoofonschen Mythologie gibt es ein allegorisches Wesen, an das sie mich frappierend erinnert: an die Große Heckenschererin:"
„Ich würde den Auftritt meiner ... Mutter nicht allzu sehr ins Lächerliche ziehen", sagte der sonst so wortkarge Kantiran. „Nehmt euch in Acht vor ihr. Sie macht nichts ohne Sinn und Zweck. Jeden einzelnen Augenaufschlag tätigt sie im Dienste Bostichs und des Huhany'Tussan." Er und Mal Detair folgten der Mascantin. „Können wir uns bitte wieder auf unsere Aufgaben konzentrieren?" Daellian fuhr den Sarg ein wenig in die Höhe und ließ ihn hell aufleuchten. Von Kristallprismen gebrochene Strahlen badeten die Zentrale in ungewohnt buntes Licht. „Ascari da Vivo ist leider ein weiterer Hemmklotz, der die Arbeit auf der DRAGUUN behindert. Verhindern können wir es nicht, also müssen wir uns auf diese neue Situation einstellen." Gedankenschnell verfasste er ein Bulletin, in dem er vor der Arkonidin warnte. Wenig später wurde es den Wissenschaftsteams, die an den Kybb-SPORNEN TOP und DOWN arbeiteten, zugestellt.
Seine Warnungen hielt er betont vage. Denn eigentlich, so musste er sich eingestehen, hatte er keine Ahnung, was die Mascantin vorhatte. Aber wie Kantiran so treffend formuliert hatte: Die Frau tat nichts ohne Sinn und Zweck.
Das Bewusstsein, in einer metallenen Kugel zu stecken,- deren Außenhülle im Prinzip nur hauchdünn war, erzeugte in Kammschott Platzangst und Erstickungsanfälle, Phantasmagorien und Herzflimmern.
Nur auf besonderem Wunsch von Malcolm S. Daellian hatte er die Reise mit der RICHARD BURTON hierher, in die Große Magellansche Wolke, mitgemacht. Der jetzige Flottenkommandant war unglücklicherweise auf seine außerordentliche Begabung an der Waringer-Akademie aufmerksam geworden und hatte ihn auf irgendeine schlaue Liste gesetzt, die beim Abflug des Fernraumschiffs zum Tragen gekommen war.
Jedermann wusste um sein Problem. Die Mediziner taten seit dem Start der RICHARD BURTON ihr Bestes, um seine Phobien und tatsächlichen Beschwerden so weit wie möglich medikamentös einzudämmen. Auch autogenes Training gehörte zu seiner Tagesroutine. Aber es gab Tage, Tage wie der heutige-, an dem selbst die besten Therapien keine Wirkung zeigten.
Kammschott wandte seinen Blick von der holografischen Aufbereitung des 6-D-Jetstrahls ab, der zwei Galaxien miteinander verband. Diese optischen Aufbereitungen langweilten ihn, und er konnte den anderen, wesentlich kompetenteren Fachleuten auf diesem Gebiet keinesfalls weiterhelfen.
Er gierte danach, einen Auftrag zu erhalten, mit seinen Wunderhänden endlich wieder einmal etwas Praktisches tun zu können. „Zigarette?", fragte ihn Pet Simmons.
Timm Kammschott nickte dankbar.
Der Blondschopf mit dem schulterlangen Haar, nominell sein Vorgesetzter, in Wirklichkeit aber eine Art seelischer Betreuer, blieb während der Arbeit stets in seiner Nähe und half ihm, über die schlimmsten Ängste hinwegzukommen. Meist, indem er ihn mit sinnlosen, dümmlichen Experimenten beschäftigte.
Kammschott ließ sich die Beruhigungszigarette anzünden.
Das Rauchen hatte er sich erst hier, an Bord der RICHARD BURTON, auf Anraten der Ärzte angewöhnt. Der Cocktail leichter Halluzinogene würde seine Ängste ein wenig dämpfen und gleichzeitig sein Selbstbewusstsein stärken. Tagtäglich erhielt er von Prak-Noy, dem Chefmediker an Bord des Schiffes, eine speziell für ihn angefertigte Mischung aus Tabakwaren, die weder kurz- noch langfristig Schäden hinterlassen würde. Die Zigaretten reduzierten lediglich die Menge an Medikamenten, die er ohnehin zu sich nehmen musste, und gaben ihm gleichzeitig das Gefühl, mit irgendetwas beschäftigt zu sein. „Ist dir langweilig?", fragte Simmons. „Wenn du die Welt so sähest wie ich, wäre dir nie langweilig", entgegnete Kammschott.
Seine Hände zitterten. „Ich werde nie verstehen, wie man sein Leben freiwillig und mit aller Selbstverständlichkeit einer Biopositronik an Bord einer
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