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2298 - Bericht eines Toten

Titel: 2298 - Bericht eines Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Deck neun zu Deck zehn, eingebettet in die zentrale 200 Meter durchmessende Kugelsektion. Bei Auslösung des Gefechtsalarms war sie mit einer eigenen Schutzschirmstaffel umgeben Worden.
    Wohl wieder nur ein Streifschuss, dachte ich. Aber diesmal hatten wir nicht so viel Glück gehabt wie bei der ersten Feindberührung in Sonnennähe. „Hört mich jemand?", rief ich.
    Keines der 50 Besatzungsmitglieder, die sich in der Zentrale befunden hatten, antwortete. Ich wollte nicht darüber nachdenken, ob alle tot waren oder vielleicht doch jemand überlebt hatte.
    Ich war ebenfalls verletzt, mein ganzer Körper war ein einziger Schmerz. Aber ich schien mir nichts gebrochen zu haben, wie ich feststellte, als ich schwankend auf die Beine kam und zu Harinta torkelte.
    Sie hatte wieder das Bewusstsein verloren.
    Ich schloss den Helm meines Schutzanzugs und sog begierig die frische, kühle Luft ein. Dann nahm ich an ihrem Anzug die nötigen Schaltungen vor, synchronisierte die Einheiten, schloss auch Harintas Helm und hob ihren Kombistrahler auf.
    Harinta schwebte in ihrem Schutzanzug empor. Ich ergriff sie an der rechten Schulter; sie war nun gewichts- und masselos, und ich konnte sie mühelos mit mir ziehen.
    Ich flog los, zum Zentraleschott. Es klemmte. Meine Gedanken rasten. Konnte ich es wagen, es über die Notvorkehrung manuell zu öffnen? Ich wusste nicht, was mich dahinter erwartete.
    Aber hatte ich eine Wahl? Die Vibrationen wurden von Minute zu Minute stärker.
    Wahrscheinlich würde die FRANCISCO DE ORELLANA jeden Augenblick explodieren.
    Oder einfach zerbrechen oder...
    Ich verdrängte den Gedanken, plagte mich an der Handkurbel ab, doch das Schott klemmte noch immer. Ich schaltete den Kombistrahler' auf Desintegratorwirkung, doch es schien ewig zu dauern, bis die Öffnung groß genug war, dass wir sie passieren konnten.
    Ein Gang lag vor mir. Ich flog 50 Meter weiter, 70, dann hielt ein weiteres Schott mich auf, das der zentralen Kugelsektion. Ihre Schutzschirmstaffel war schon längst zusammengebrochen.
    Ich ortete hektisch mit den Anzuginstrumenten, bekam aber kaum brauchbare Werte. Hinter dem Schott herrschte Chaos - aber auf was genau würde ich stoßen? Existierte dort von unserem ENTDECKER überhaupt noch etwas?
    Das Schott ließ sich manuell öffnen. Ich schob es auf, und weiter ging es durch eine bizarre Welt der Zerstörung. Nun bekam ich endlich Ortungsdaten.
    Ein Streifschuss musste die FRANCISCO DE ORELLANA getroffen haben. Der Schutzschirm war zusammengebrochen, und die massive Hülle war geschmolzen wie Butter unter einem glühenden Messer. Es wunderte mich, dass der ENTDECKER nicht sofort explodiert war.
    Weite Teile des Schiffes waren ausgeglüht und unpassierbar. Bei einigen Decks hatten die Schleusen zumindest einen Teil der Gewalten zurückgehalten, dort lagen die Temperaturen noch in einem Bereich, den die Schutzanzüge verkraften konnten.
    Ich lauschte auf Notrufe, empfing aber keine. Wahrscheinlich waren Harinta und ich die beiden einzigen Überlebenden an Bord.
    Wohin jetzt? Zum doppelstöckigen Galeriehangarbereich in Äquatorhöhe? Sogar bei einem energetischen Totalausfall ließ sich die Hangarfunktion weiterhin nutzen.
    Steckt mich in eine Rettungskapsel und lasst mich fliegen ...!, erinnerte ich mich an meine eigenen Worte.
    Die Rettungskapseln!
    Das Vibrieren wurde stärker. Ich konnte nicht einmal ahnen, was es verursachte, hatte aber die Befürchtung, dass jeden Augenblick ein Nugas-Schwarzschild-Hauptkraftwerk oder ein Nugas-Schwarzschildreaktor hochgehen würde. Vielleicht war eine Nugas-Speicherkugel beschädigt worden, oder ein Hauptfusionsreaktor fuhr nicht mehr herunter, oder ein Zyklotraf-Ringspeicher ... Wie auch immer, ich ahnte, uns blieb nicht mehr viel Zeit.
    Ich erteilte den Befehl, und der Anzug suchte sich den Weg zum nächsten Schutzraum mit Rettungskapseln.
    Dort sah es allerdings kaum besser aus als in den Teilen des Schiffes, durch die ich mich gekämpft hatte.
    Von den 20 Kapseln waren 18 zerstört, wie von der Faust eines Riesen zertrümmert. Eine schien unbeschädigt zu sein, eine zweite zumindest noch funktionsfähig.
    Ich hatte Angst, furchtbare Angst. Ich wollte Cejonia wiedersehen, Maj und Xonas. Und Ravel.
    Verdammt, ich wollte wissen, ob sie überhaupt noch lebten!
    Ich sah Harinta an, konnte ihr Gesicht unter dem Helm kaum erkennen. Blut schien aus ihrem Mund zu sickern, aber vielleicht täuschte ich mich auch.
    Ich schob sie in die unbeschädigte Kapsel,

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