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230 - Gilam'esh'gad

230 - Gilam'esh'gad

Titel: 230 - Gilam'esh'gad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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Kastagnetten tanzten sie durchs Wasser.
    Matt schlug das Herz bis zum Hals. Ein Seebeben war das Letzte, womit er gerechnet hatte! Alles in ihm drängte zur Flucht – doch wo sollte er hin? Wenn die Felsenhülle von Gilam’esh’gad brach, gab es kein Entrinnen. Weder für ihn, noch für seine Freunde. Quart’ol, ja: der Hydrit könnte den abrupt hochschnellenden Wasserdruck vielleicht überleben. Aber die zarten Marsianer? Und Aruula?
    »Hätte ich dich doch nur nicht mitgenommen«, stöhnte Matt. Er ließ sich an der Quallenwand entlang zu Boden sinken und zog die Knie an. Draußen sanken Trümmerteile herab, wirbelten den Boden auf, blieben stecken. Es war Glück im Unglück, dass die Transportqualle unter einem Torbogen stand. Eingeklemmt zwar, aber geschützt. Matt konnte nichts tun als abwarten – und beten…
    ***
    Nordpazifischer Ozean, südlich der Midway-Inseln
    »Kurswechsel!«, brüllte der Kapitän der Baq Wan. Matrose Fulong war unter Deck gegangen und hatte ihm atemlos und gestenreich von der Monsterwelle berichtet, die auf das Schiff zu rollte. Nie zuvor hatte er einen Mann derart erbleichen sehen.
    »Den Mast rauf! Segel setzen! Alles, was wir haben! Los, los, los!« Der Kapitän weinte fast. Sein Fingerzeig flog nach hier, nach da, und die Besatzung gehorchte sofort. Sie waren ein eingespieltes Team, wussten, was sie zu tun hatten. Nur Fulong nicht. Er zuckte zusammen, als der Käpt’n haarscharf an ihm vorbei schrie: »Dreh sie um, Lai! Hart an den Wind!«
    Lai, das war der Steuermann. Er nickte stumm, während er sich mit aller Macht gegen das große hölzerne Ruder stemmte. Schweiß rann ihm übers Gesicht. Sein Blick erfasste Fulong.
    »Pack mit an!«, rief er erregt und griff über Hand nach der nächsten Ruderstrebe. Das Rad ließ sich kaum nach Steuerbord drehen, weil der anschwellende Wind von dort kam. Der Wind – und die Welle. Sie roch nach Tod.
    »Aber du drehst in die falsche Richtung!«, schrie Fulong. Er weigerte sich, Lai zu helfen. »Warum fliehen wir denn nicht? Wir müssen doch fliehen!«
    »Wie denn, Idiot?«, brüllte Lai zurück und verlagerte sein Gewicht, um nicht hinzufallen. Längst war die vormals ruhige See aufgewühlt. Schäumende Brecher liefen der Monsterwelle voraus, schlugen am Schiff hoch, fielen klatschend auf das Deck. Lai troff vor Nässe. Er fand kaum noch Halt auf den rutschigen Planken.
    Der Kapitän stolperte fluchend heran, trat Fulong in den Hintern.
    »Was stehst du da rum? Hilf Lai mit dem Ruder!«
    »Er dreht es in die falsche Richtung, Käpt’n!«
    »Hmm-m?« Der Kapitän sah sich um. »Stimmt. Lai! Dreh noch weiter nach Steuerbord!«
    Lai rief: »Zu früh, Käpt’n! Die Segel sind noch nicht im Wind. Sie muss Anlauf nehmen, sonst schaffen wir es nicht.«
    Fulongs Knie gaben nach. Dass mit sie das Schiff gemeint war, hatte er inzwischen verinnerlicht. Aber Anlauf? Um was zu tun? Er blickte gehetzt nach Westen.
    Die Monsterwelle kam näher und näher, wuchs, verdeckte das Abendrot. An ihrem Kamm leuchtete noch ein roter Streifen. Lai wies mit dem Kinn darauf.
    »Da müssen wir hin!«, schrie er gegen das Heulen des Windes an. »Wir müssen diese Welle abreiten, das ist unsere einzige Chance! Wenn wir den Kamm erreichen, bevor sie bricht, werden wir leben.«
    »Sonst nicht?« Fulong wischte sich Meerwasser aus dem Gesicht, japste nach Luft.
    Der Rudergänger lachte auf. »Bist du verrückt, Mann?«
    Die Verzweiflung in Lais Augen sprang auf Fulong über. Er schnellte vor, griff ins Ruder. Er wollte nicht sterben!
    Knarrend bewegte sich das hölzerne Rad. Fulong stemmte sich gegen die Streben, ging in der Bewegung mit. Langsam schwenkte das Schiff herum. Zu langsam. Von irgendwo kam ein grässliches Quieken her. Die Piigs! Wind umheulte Fulong, Gischt schlug auf ihn herunter. Es war ihm egal. Er dachte nur an Min Yi, seine schöne Geliebte. Sie würde am Pier stehen und auf die Baq Wan warten. Er durfte sie nicht enttäuschen. Er musste heimkehren.
    »Lass los, Mann!«, schrie ihn Lai in die Wirklichkeit zurück, riss ihn fort.
    Das Ruder war frei. Schnurrte wie ein Spinnrad. Lai fing es ab, als es in der richtigen Position war.
    Und plötzlich war der Tsunami da. Er sah nicht mehr aus wie eine Monsterwelle, nicht einmal wie Wasser. Eine schwarze Rampe stand auf dem Meer. Himmelhoch. Gigantisch breit. Es gab kein Entrinnen. Nur den Weg nach oben.
    Lai hatte die Baq Wan gut in Stellung gebracht, den Wind genutzt beim Dreiviertelkreis-Schwenk über

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