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230 - Gilam'esh'gad

230 - Gilam'esh'gad

Titel: 230 - Gilam'esh'gad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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eindrang. Schön, Quart’ol hatte mich gewarnt, dass der Wächter ein mürrischer alter Heimlichtuer wäre. Aber die Antarktiswaffe muss gesichert werden, sonst sind alle in Gefahr. Einschließlich des Wächters! Ich will doch nur helfen, Menschenskind, und keine Staatsgeheimnisse ausspionieren! Aber genau so hatte der Wächter auf Matts Wunsch reagiert, ihm die Koordinaten der Antarktiswaffe zu nennen. Als wäre Matt ein Spion, oder zumindest eine zwielichtige Figur, die erst gründlich erforscht werden musste, ehe man ihr auch nur Guten Tag sagte.
    Eine Aufgabe hatte er ihm gestellt, rätselhaft formuliert und noch rätselhafter in ihrer Bewandtnis. Wenn es dir gelingt, Menschenmann, die Seele von Gilam’esh’gad aus dem Dunkel zu holen, werde ich deinen Wunsch erfüllen. Doch du musst es alleine tun, und du darfst dabei kein einziges Leben auslöschen!
    Matt, Vogler und Quart’ol vermuteten, dass sich der Wächter auf die Zentrale Schaltanlage bezog. Was ja auch nahe lag. So lange das Hauptaggregat nicht gefunden war, das Gilam’esh’gad wieder mit Energie aus dem unterirdischen Magma-Kraftwerk versorgte, musste die Stadt weiterhin im Dunkeln verharren. Quart’ol und die Marsianer Clarice und Vogler suchten schon seit einem Jahr nach diesem »magischen« Schalter. Bisher hatten sie lediglich ein paar kleinere Aggregate gefunden, die autark funktionierten. Wenigstens konnten sie damit das Wissenschaftszentrum und einige andere Gebäude aus ihrem zehntausend Jahre währenden Dornröschenschlaf erwecken. Das war gut für die medizinische Versorgung, die Klonkörper-Zucht und Quart’ols schier unstillbaren Wissensdurst. Aber dem Kern der versunkenen Hydritenmetropole – das, was diese Stadt ausmachte –, half es nicht.
    »Die Seele von Gilam’esh’gad. Damit bist hoffentlich nicht du gemeint!«, grinste Matt, während er seine Transportqualle einem zähnestarrenden Anglerfisch ausweichen ließ, der ihren Weg versperrte und unangenehm interessiert herein glotzte.
    Matt hatte den Sichtschutz der Außenhaut deaktiviert. Es half ihm dabei, den Prototyp heil durch die algenverhangene Ruinenlandschaft zu manövrieren. Beinahe fühlte sich Matt, als wäre er in freiem Wasser unterwegs. Ungeschützt. Nur durch einen Tauchanzug getrennt von den gierigen Mäulern der Tiefseekreaturen, die das Labyrinth der Trümmer bewohnten. Es war kein gutes Gefühl. Vor allem deshalb, weil Matt die Warnung des Wächters nicht aus dem Kopf ging: Du darfst kein einziges Leben auslöschen!
    Nicht mal in Notwehr? Danach hätte ich fragen sollen! Matt nickte nachdenklich. Er hätte noch einiges mehr erfragen sollen!
    Zum Beispiel: Wer war der rätselhafte Wächter überhaupt? Matt wusste so gut wie gar nichts über ihn, hatte ihn nicht einmal zu Gesicht bekommen. Was bedeutete, dass er den Forderungen eines Fremden folgte, ohne den geringsten Anhaltspunkt dafür zu haben, dass dessen Absichten lauter waren.
    »Reiß dich zusammen!«, befahl Matt sich selbst.
    Woher kamen auf einmal diese Zweifel? Er hatte drei Wochen Zeit gehabt, um den Wunsch des Wächters zu hinterfragen. Doch erst jetzt schien Matt das Ganze suspekt. Warum hatte der Kerl ihn in die Wildnis geschickt? Und weshalb hatte er mit eisigem Schweigen auf die Nachricht von Gilam’eshs Ankunft reagiert?
    »Es ist dieser Stadtteil!« Matt nickte energisch, und drückte den Prototyp unter einem alten Torbogen hindurch. »Kein Wunder, dass man auf trübe Gedanken kommt bei all dem Algenzeug und der Stille und…«
    Matt brachte den Satz nicht zu Ende. Oben, am Rand der Bugscheibe, baumelte plötzlich aus dem schwarzen Wasser ein Tentakel herunter. Monströs, mit tellergroßen Saugnäpfen. Matt konnte das Narbengewebe erkennen, das die Stelle umgab, an der ein Treffer die untere Tentakelhälfte abgetrennt hatte. Er spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief.
    Er selbst hatte den Kopffüßer angeschossen bei seinem Eintreffen in Gilam’esh’gad. Und was hatte Quart’ol gesagt? Kraken sind nachtragend…
    Matt beugte sich schon über die Steuerkonsole, um die Bordwaffen zu aktivieren – fuhr jedoch im letzten Moment zurück.
    »Shit!« Er schluckte, griff sich unbewusst an die Kehle. Kein einziges Leben auslöschen! War das die Absicht des Wächters? Hatte er ihn wissentlich in das Revier einer Bestie geschickt, um ihn… ja, was? Aus dem Weg zu räumen?
    Acht riesige Arme sanken auf die Transportqualle, glitten an ihren Seiten herunter, saugten sich fest. Matt sah,

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