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2304 - Schatten über Atlan-Village

Titel: 2304 - Schatten über Atlan-Village Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Verbindungszeichen des Omega-Beta-Hauses um den Hals, das hauptsächlich von deinesgleichen bevölkert wird. Auf deine Hand hast du in extragroßen Buchstaben ›Wau Diris ist Scheiße‹ geschrieben; der alte Knacker ist der Rektor deiner Fakultät, nicht wahr?
    Und zu guter Letzt ist es fast ein Markenzeichen der angehenden Soziologen und Kosmopsychologen, derart verträumt durch die Gegend zu stolpern."
    Eigentlich sollte er böse sein. Ihre letzten Worte waren verletzend und abwertend gewesen. Aber, so spürte er, sie meinte es nicht so. Sie war einfach nur entwaffnend ehrlich.
    „Darf ich dich begleiten?", fragte sie und trat nahe an ihn heran.
    „Ja ... natürlich." Warum fiel ihm, verdammt nochmal, nichts Sinnvolles ein, was er sagen konnte? „Studierst du auf der Uni?", fragte er schließlich mit belegter Stimme. „Oder bist du drüben an der Waringer-Akademie inskribiert?"
    „Ich bin mal hier, mal da", antwortete sie. Ihr Gesicht zeigte erneut einen Ausdruck der Verwirrung und Desorientierung, wie er ihn bereits gestern bemerkt hatte.
    „Geht’s dir nicht gut?", fragte Marc besorgt.
    „Alles in Ordnung." Mit fahriger Geste wischte sie sich eine hellblonde Strähne nach hinten. „Ich war bloß sehr lange nicht mehr in der Heimat."
    „Aber du bist doch aus Terrania?"
    Allmählich siegte seine Neugierde über das Gefühl der Unsicherheit.
    Das Mädchen lächelte, wirkte aber keineswegs mehr so entspannt wie vor ein paar Minuten. „Ich muss jetzt gehen ... ich hab etwas zu tun." Sie atmete heftig. Ihr dunkler, für die Temperatur eigentlich viel zu warmer Pullover hob und senkte sich, als wäre sie überaus angestrengt.
    „Warte doch!", rief er, als sie mit weiten Schritten davoneilte, hinter einer Gruppe blühender Ginsterbüsche zu verschwinden drohte. Er nahm all seinen Mut zusammen. „Sehen wir uns wieder? Können wir uns was ausmachen?"
    „Ich finde dich, sobald ich ... Zeit finde. Morgen wahrscheinlich."
    Marc bewunderte ihre schlanken Beine, die sich elegant hoben und senkten, dabei kaum den Boden zu berühren schienen.
    „Sag mir wenigstens deinen Namen!"
    Sie drehte sich um, im Licht der tief stehenden Sonne, winkte und lächelte ihm ein letztes Mal zu. „Ich heiße Fawn. Fawn Suzuke."
    Und weg war sie.
     
    *
     
    Die weiteren Stunden am Campus vergingen wie im Flug. Was er in den Vorlesungen hörte und sah, erschien ihm unwichtig und belanglos. Alles wurde überlagert vom Bild des zarten Mädchens. Wie sie im Lichterschein der Sonne badete, ihm zulächelte und zu verschwinden schien.
    Täuschte er sich, oder hatte sie einen leichten Silberblick gehabt? Nun – was spielte das für eine Rolle? Die Beachtung, die sie ihm schenkte, war nicht so beiläufig oder belanglos wie jene Mirna Lamarrs. Und die Schönheit, die sie verstrahlte, drang aus ihrem Inneren.
    Seltsam. Warum hatte sie ihn derart rasch wiedergefunden? Dutzende Kilometer entfernt, unter Zehntausenden Studenten, die die Universität bevölkerten? Und was bedeuteten diese kurzen Momente der Desorientiertheit?
    Ach was! Er war müßig, darüber nachzudenken. Sie hatte versprochen, ihn wiederzusehen.
    Am Ende dieses Tages verspürte er erstmals seit langer Zeit keine Lust, in das Leben an der Waringer-Akademie einzutauchen. Die Anziehungskraft des Regenbogens war erloschen. Stattdessen fuhr er heim, durchwanderte gut gelaunt und pfeifend die Straßen und Plätze von Atlan Village. Die Stimmen der südamerikanischen Klezmer-Musiker klangen heute besonders gut, die Zeichnungen des uralten Whistler-Roboters, der von einem vagabundierenden Matten-Willy gesteuert wurde, erregten sein Interesse.
    Selbst die hölzernen Pantomimen eines Posbis brachten ihn zum Lachen.
    Was war das nur für ein schöner Tag!
    „Hallo, Mam, hallo, Paps!", begrüßte er seine Eltern, die verstohlen irgendwelches Zeugs vor ihm versteckten und hastig Hose und Bluse zuknöpften. „Wart ihr heute schon draußen an der Luft? Es duftet nach Frühling, jedermann ist gut gelaunt, und ich hab euch mächtig lieb!" Marc umarmte sie herzlich.
    „Bist du krank oder was?" Mory griff ihm mit besorgten Blicken an die Stirn.
    „Aber wo! Ich fühl mich einfach nur wohl."
    „Er ist verliebt", stellte Julian fachmännisch fest.
    „Aber wo – er ist doch erst ... ähm ... 19."
    „Eben. Wird Zeit, dass er sich das Horn, ich meine: die Hörner abstößt."
    „Keinesfalls, mein Lieber! Da schlägt wieder mal deine Erziehung durch. Wenn man auf den Jungen nicht

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