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2304 - Schatten über Atlan-Village

Titel: 2304 - Schatten über Atlan-Village Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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die es zum Glück seit geraumer Zeit wieder gab.
    „Ein kleiner Aufreger kann nur gut fürs Geschäft sein", meinte Mory stets.
    „Ausnahmsweise gebe ich dir Recht", fügte Julian dann hinzu.
    Marc seufzte erneut und mühte sich nach Kräften, dem Tohuwabohu am Tisch zu entkommen. Er quetschte seinen schmalen Körper zwischen Maruhena, dem Weißclown, und Astascha de Fowling, dem seit vierzig Jahren als jugendlicher Liebhaber gefeierten Herzensbrecher, hindurch. Niemand achtete auf ihn, als er die Gesellschaft verließ, an den Reihen amüsiert zusehender Zaungäste vorbei ins Freie trat.
    Sternenklarer Nachthimmel empfing ihn. In Konkurrenz dazu leuchteten im Westen und Norden die Lichter der Monumentalbauten Terrania Citys um die Wette. Marc sog die frische, kühle Luft ein und schüttelte mit ein paar Übungen die Steifheit aus seinem Körper.
    Er spürte keine Lust, ins „Micky’s Schickies" zurückzukehren. Er würde zu Fuß nach Hause gehen. Die halbe Stunde Fußmarsch, quer durchs beliebte Touristenzentrum von Atlan Village, würde ihm gut tun. Heute machte es wenig Sinn, auf Mory und Julian zu warten. Die beiden waren gerade erst in Fahrt gekommen und würden irgendwann im Morgengrauen den Heimweg finden.
    Zum dritten Mal seufzte Marc.
    Mit schauspielernden Eltern hatte man es nicht leicht.
     
    *
     
    „Wie geht’s dir so, Monique?", fragte Marc London, während er seine Haare der Mode entsprechend verstrubbelte und einen weit geschnittenen Naturfaserpullover überzog.
    „Gut", antwortete das junge Mädchen, das ihm so verblüffend ähnlich sah. „Und selbst? Was macht die Uni?"
    Ihr prüfender Blick war ihm selbst über die Holo-Verbindung unangenehm.
    „Es läuft halbwegs", antwortete er ausweichend. „Die Theorie kann stinklangweilig sein; endlose PhonetikÜbungen, Gestiklehre, Xeno-Beurteilungen ... echt nervend." Hastig verschweißte er die Haftschuhe und ließ sie in dezentem Braun glänzen. „Aber die PraxisÜbungen gleichen alles wieder aus. Letzte Woche hatten wir eine Kolonie Maahks zu Gast. Jeder Student konnte sich mit einem von ihnen ausführlich unterhalten. Bré Tsinga brachte sie aus Garnaru mit ..."
    „Tsinga unterrichtet wieder?", fragte Monique, die soeben begann, ihr lang gewachsenes Haar durchzubürsten.
    „Ja, seit mehr als einem Jahr. Wusstest du das nicht? Manchmal hab ich das Gefühl, dass du hinter dem Mond lebst."
    Sie lachte, und es klang glockenhell. „Ich lebe auf dem Mond und nicht dahinter", sagte sie. Ihr Blick wanderte an ihm vorbei zur Seite. Offensichtlich zur Wanduhr ihrer Wohnung auf Luna. „Tut mir Leid, kleiner Bruder, aber ich muss zur Arbeit. Du kannst mich am Ende meiner Schicht wieder anrufen, ja?"
    Ohne ein Wort des Grußes unterbrach Monique die Verbindung.
    „Wenn ich daran denke, was du für eine Nervensäge warst, als du noch hier gewohnt hast", murmelte Marc.
    Kopfschüttelnd erhob er sich. „Was wäre ich heute froh, dich hier zu haben! Die beiden Altvorderen sind manchmal nicht auszuhalten."
    Leise verließ er sein Zimmer. Die Luft des großzügig bemessenen Wohnzimmers roch alkoholgeschwängert.
    Morys Kleidung war über den Fußboden verteilt. Es roch nach Sex, und Marc schüttelte sich angewidert. Neben dem Aschenbecher lag ein Säckchen, in dem wahrscheinlich gerade noch zugelassene Halluzinogene steckten. In Julians Pfeifenkopf glomm es grün und rot. Dieser geschmuggelte sündteure Tabak war mit Sicherheit nirgendwo erlaubt. Ein Buch, das nach wie vor aktiv war, blinkte gelb und ließ den Titel „Wie stürze ich die Demokratie – Ein anarchistischer Leitfaden in 18 Lektionen" aufblinken.
    Leise schloss er die Tür hinter sich.
    Das Potpourri aus Chaos, Lebenslust und Wahnsinn blieb zurück.
    Als er auf die Straße trat, hatte ihn die wesentlich handfestere Wirklichkeit sofort im Griff.
    Wesen aller Art hetzten an ihm vorbei, machten ihre kleinen Erledigungen oder kümmerten sich um quengelnde Kinder oder widerwillig mitschlurfende Ehepartner. Hoch über Marc zeichnete sich eine endlos lange Kette kleinster Punkte gegen den Himmel ab. Privatgleiter, die in Richtung Stadt strebten. In die entgegengesetzte Richtung, Richtung Beijing, war der Flugverkehr wesentlich geringer.
    Er ließ sich in die unterirdische Station des Zubringers zur Röhrenbahn hinabbringen. Müde Gesichter glotzten durch ihn hindurch, wie sie bei Menschen seit Jahrtausenden anzutreffen waren, pünktlich zum Beginn einer neuen Arbeitswoche. Starr und interesselos

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