2306 - Die Kristallbörse
Zentralpositronik – und zwar mindestens seit dem Moment, als sich die Erpresser zum ersten Mal gemeldet hatten. Jemand war dadurch in der Lage, ihnen Dinge vorzuspielen, von denen er wollte, dass sie sie sahen.
Jemand hatte vorher dem Depot der Terraner einen Besuch abgestattet und mindestens eine Wanze installiert, die selbst mit TLD-Ausrüstung nur auf indirektem Weg zu orten gewesen war.
Jemand drohte damit, den roten Khalumvatt des Börsen-Schatzes zu zerstören, was gleichbedeutend war mit dem Ende von LEprachtvoll und allen Menschen, die sich noch darin aufhielten. – Und er würde ebenso wenig nachgeben wie Danton. Beide würden diese Geschichte bis zum bitteren Ende durchziehen.
Bei den Erpressern konnte Gill das noch eher verstehen als bei Roi Danton. Sie hatten nichts zu verlieren – falls es sie gab!
Der USO-Oberst dagegen trug die Verantwortung nicht nur für sein künstlich verlängertes Leben, sondern auch für seine auf der Plattform verbliebene Garde, für ihn, Gill, für Inez Hatcher und wahrscheinlich noch einige andere.
Er verstand ihn nicht. Er begriff diesen Mann einfach nicht, aber das war nicht das vordergründige Problem.
Danton war vielleicht gar nicht mehr in der Lage, noch etwas zu ändern oder zu beeinflussen.
Das Problem war, dass diese riesige Plattform von ihrem Hauptrechner abhängig war. Er kontrollierte alles, jeden Ablauf in LEprachtvoll.
Und wer ihn kontrollierte, kontrollierte die Plattform. Er beherrschte sie.
Es war von einer untergeordneten Bedeutung, ob es sich um sechs, vier oder nur einen Unbekannten handelte. Es lief letztlich auf dasselbe hinaus.
Wann also kam das wirkliche Ultimatum?
9.
Zu hoch gepokert
11:54 Standardzeit.
„Wer, zum Teufel, ist das?", fuhr einer der Offiziere auf. Dantons Kopf ruckte hoch. Zum ersten Mal sah Inez ihn die Fassung verlieren – doch nur für einen Augenblick. Der Kämmerer fing sich, murmelte eine Verwünschung und ließ sich das Bild des Mannes, der soeben den Hangar mit dem Container-Cluster betreten hatte, groß ins Holo geben.
„Wie ist das denn möglich?", fragte Inez Hatcher. „Wie konnte ... Ich meine, die Sperren, die Kontrollen, die Garde ... der ganze Bereich ist doch abgeriegelt, oder? Da schlüpft ungesehen keine Maus durch."
„Ich kümmere mich darum", sagte einer der Offiziere und ging zu einem Terminal an der Wand.
Es war ein dicker, kahlköpfiger Mann, der jetzt vor den Containern stehen geblieben war und zu sprechen begann. Die Entführer waren auch für ihn unsichtbar, und doch wandte er sich an sie.
Wie aus dem Nichts wurde ein Warnschuss abgefeuert, der eine schwarze Furche im Boden vor den Füßen des Manns zog. Aber kein Wort, nichts.
Woher wusste er überhaupt von ihnen? Die Evakuierung war mit einem technischen Problem und drohendem Strahlungsalarm begründet worden, eine Vorsichtsmaßnahme, um eine Panik zu vermeiden. Danton hatte mit keinem Wort verraten, was wirklich im Busch war.
Gill wollte etwas sagen – endlich –, aber Danton bat ihn, damit zu warten. „Ich will hören, was da vor sich geht."
Inez Hatcher verstand die Welt nicht mehr. Danton tat nichts. Er versuchte nicht durch Appelle, die Erpresser zum Aufgeben zu bewegen, sie im letzten Moment – jetzt noch fünf Minuten bis zum immer unvermeidlicher erscheinenden Ende – von der Sinnlosigkeit ihres Tuns zu überzeugen. Er schien akzeptiert zu haben, was geschehen würde, geschehen musste. Also auch ihrer aller Tod. Aber was ritt ihn denn nun?
Wer immer der dicke Mann dort im Hangar war, es war ein Verrückter! Ein Selbstmörder, und die Garde, die den gesamten Bereich abriegelte, hatte ihn nicht aufgehalten!
Danton stellte keine entsprechenden Fragen. Bis vor zwei, drei Minuten hatte Inez noch gehofft, er könne einen versteckten Trumpf im Ärmel haben, den er im letzten Moment ausspielen würde. Daran glaubte sie jetzt nicht mehr.
War er denn wirklich bereit, sein kostbares Leben so einfach zu opfern?
Seine potenzielle Unsterblichkeit, die ihm von ES verliehen worden war? Er trug doch auch eine Verantwortung.
Das ewige Leben war ihm nicht ohne Grund geschenkt worden. Er durfte es nicht einfach so wegwerfen.
Jetzt wurde der Mann in der Holokugel dreidimensional groß abgebildet. Seine Stimme erfüllte das Büro.
Noch vier Minuten ...
„Hört mich an!", rief der Mann ins Leere. Aus den Augenwinkeln sah Inez ein kleineres Holo, in dem sein Gesicht und Daten zu seiner Person zu sehen waren. Thomasz
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