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2310 - Strukturpiloten

Titel: 2310 - Strukturpiloten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sie sich seinem Griff entwinden, doch er ließ nicht los.
    „Hab ich dich!"
    Er blickte in schreckgeweitete, blassgraue Augen. Ein Kind!
    Der Junge, den Sheerdurn auf etwa zehn Jahre schätzte, kämpfte mit den Tränen. Dennoch schob er trotzig das Kinn vor und schniefte: „Spinnst du komplett, Alter? Mich so zu überfallen!
    Du hättest mich umbringen können."
    Sheerdurn schluckte. Die Frechheit des Bengels raubte ihm die Worte. Außerdem bekam er nun doch ein schlechtes Gewissen wegen der rüden Attacke.
    Er lockerte seinen Griff ein wenig. „Äh ... Bist du verletzt?"
    „Woher soll ich das wissen? Ich kann mich kaum rühren. Lass mich endlich los, alter Sack!"
    Sheerdurn fand, dass er schön langsam die Initiative zurückgewinnen sollte. „Bild dir bloß nicht ein, du könntest mir entwischen. Du weißt so gut wie ich, dass Halbwüchsige hier unten nichts zu suchen haben. Wie heißt du überhaupt?"
    „Kempo."
    „Wie noch? Wage nicht, mich anzuschwindeln!"
    „Doll’Arym."
    „Verwandt mit Danoit Urt’Arym?
    Dem Strukturpiloten?"
    „Das ist mein Vater."
    „Soso." Sheerdurn richtete sich auf, rückte seine Brille zurecht und musterte das Bürschchen erneut.
    Ja, es bestand eine Ähnlichkeit. Die schmale Nase, das kantige Kinn, der rotbraune Haarschopf ... „Was fällt dir ein, dich zu dieser Stunde im Untergrund herumzutreiben?"
    „Wirst du mich verraten?"
    Darüber hatte er noch nicht nachgedacht. Abermals fühlte sich Sheerdurn überrumpelt. „Es ist streng verboten", sagte er ausweichend.
    „Eben. Wenn meine Eltern davon Wind bekommen, dann setzt’s was.
    Dann darf ich diesmal ganz sicher nicht zum Rummel gehen."
    Sheerdurn stand auf und kratzte sich hinterm Ohr. „Das hast du dir ja wohl selbst zuzuschreiben."
    Auch der Bengel erhob sich. Um seinen Hals pendelten an einer dünnen Schnur die Schuhe. Sheerdurn verkniff sich ein Grinsen. Manche Dinge änderten sich nie. Genau so hatte er selbst es gemacht, vor vielen Jahrzehnten ...
    „Was hast du gemeint mit ›da draußen‹?", fragte Kempo unvermittelt.
    „Wie?"
    „Vorhin. Ich habe dich reden hören.
    Du hast gesagt, du würdest zu gern wissen, was da draußen ist. Oder so."
    „Unsinn."
    Der Kleine blinzelte forschend zu ihm hoch, dann flüsterte er: „Ich auch."
    „Hä?"
    „Ich würd’s ebenfalls gern wissen.
    Und ich werde es erfahren. Wenn ich groß bin und Strukturpilot, fliege ich hinaus."
    Sheerdurn kam nicht besonders gut mit Kindern zurecht. Er lebte so allein, wie das in Aram Tachady möglich war.
    Die Familie, zu der er gehörte, besuchte er nur an den hohen Feiertagen, und selbst dann mied er seine Neffen und Nichten. Er hatte nichts gegen sie, aber sie gingen ihm sehr rasch auf die Nerven.
    Dieser Kempo hingegen verwirrte ihn. Unzweifelhaft war auch er ein Rabauke. Doch die letzten Sätze hatte er mit großem, feierlichem Ernst gesprochen und mit einer inneren Überzeugung, die man bei den wenigsten Erwachsenen antraf. Sheerdurn wusste nicht recht, was er darauf antworten sollte.
    „Habt ihr denn nicht in der Schule gelernt, dass niemand hinauskann, weil da draußen nichts ist?"
    „Das sagen die Lehrer, ja."
    „Nun?"
    „Ich glaube, sie lügen."
     
    *
     
    Ein Zehnjähriger!, dachte Sheerdurn schockiert. Ein Naseweis, noch nicht mal im Stimmbruch, hegt dieselben Zweifel wie ich. Und er scheut sich nicht, sie brühwarm auszusprechen.
    „Halt deine Zunge lieber im Zaum. So was darf man nicht sagen."
    Der Bengel zuckte die Achseln. „Mir doch egal, wenn du mich verpetzt. Der Rummel ist sowieso gestrichen."
    „Hm. – Was führt dich zu der Annahme, dass euch die Lehrer belügen?"
    Kempo drehte sich zum Geländer und umfasste mit einer Handbewegung das Planetarium. „Das alles haben die sieben Schutzherren für die sieben Nationen der Charonii erschaffen, vor urdenklichen Zeiten. Richtig?"
    Sheerdurn bejahte, wider besseres Wissen. „Weiter."
    „Deshalb beten wir noch heute zu den Schutzherren, äußern unseren Dank und die Hoffnung, sie mögen irgendwann wiederkehren. Richtig?"
    „Richtig."
    „Ach. Und woher?"
    „Wie woher?"
    Das Bürschchen zog einen Flunsch und verdrehte die Augäpfel. „Bist du so begriffsstutzig, oder tust du nur so? Du kennst meinen Vater, trägst eine Brille.
    Warst du Pilot?"
    „Früher, ja."
    „Hast du was getaugt?"
    Sheerdurn musste an sich halten, um nicht aufzubrausen. Derlei Unverfrorenheit hatte er schon lange nicht mehr erlebt.
    Freilich besaß Kempos dreiste Geradlinigkeit auch

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