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2311 - Die Explosive Kraft

Titel: 2311 - Die Explosive Kraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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    Kempo gönnte seiner Mannschaft und sich einen halben Tag zur Erholung. Allen außer Sheerdurn: Der Alte überwachte die Wartungsarbeiten und den Austausch der Hyperkristalle. Die entsprechenden Einrichtungen und Vorräte einer Pilotenstadt standen jeder Dolbe offen, ungeachtet ihres Stammhafens.
    Danach suchte Kempo die hiesige Strukturfolgerin auf, eine stämmige, pausbäckige Frau namens Tolde Ut’Orak. „Ich brauche dringend einen Termin für eine Audienz im Ratshain."
    „O je!" Tolde verzog das Gesicht. „Bedaure. Sieht schlecht aus. Wir haben Sonnwendferien. Meines Wissens tritt der Rat erst in fünf Wochen wieder zusammen."
    „Was ich zu berichten habe, duldet keinen Aufschub, schon gar nicht so lange. Jeder Tag kann zu viel sein!"
    „Dennoch wirst du warten müssen. Die meisten Ratsherren sind mit ihren Clans in die Sommerresidenzen gefahren; einige weilen gar nicht hier, sondern in ihren Heimatsystemen."
    Kempo knirschte mit den Zähnen. „Das Schicksal aller Charonii und der gesamten Weltenwolke könnte davon abhängen. Ich weiß, das klingt ein wenig hoch gegriffen, aber glaub mir, ich übertreibe nicht. Es muss so schnell wie möglich eine Sondersitzung einberufen werden."
    Die Strukturfolgerin musterte Kempo nachdenklich. „Ist dir klar, was du da verlangst? Sie werden dich steinigen und mich dazu, falls du keine gravierenden Gründe für diese Forderung hast."
    „Die habe ich."
    „Nämlich?"
    Kempo zögerte. Er hatte seine sensationellen Aufnahmen zuerst dem Rat vorlegen wollen. Nur das höchste Gremium der Charonii konnte die Verantwortung dafür übernehmen, ob und in welcher Form die brisanten Neuigkeiten verbreitet werden sollten und welche Konsequenzen daraus gezogen wurden. Doch einen Aufschub von fünf Wochen ... Das durfte er nicht riskieren.
    Nun war es an ihm, sein Gegenüber zu studieren. Tolde vermittelte einen robusten Eindruck. Aber würde sie diese Bilder verkraften? „Ich warne dich. Was ich dem Rat zeigen will, sprengt das Vorstellungsvermögen der meisten Charonii."
    Die Strukturfolgerin, rotwangig, Lachfältchen um die Augen, stemmte ihre Arme in die breiten Hüften und sagte mit gespielt beleidigtem Unterton: „Hältst du mich für schwächer im Kopf als die Ratsherren? Keine Sorge, ich schnappe schon nicht über. Ich habe von dir gehört, Kempo Doll’Arym, und kann mir denken, von wo du kommst. Ihr wart draußen, nicht wahr?"
    „Ja. Aber leider nicht nur wir."
    Er legte den Speicherchip ins Abspielgerät des Holo-Projektors. „Sieh", flüsterte er, „und staune."
     
    *
     
    Drei Tage später trat der Rat zu einer Sondersitzung zusammen.
    Von Ijordan aus, dem zweiten von acht Planeten der orangefarbenen Sonne Ijor, hatte die Besiedlung der Charon-Wolke ihren Anfang genommen. Alle Schwerindustrie war auf dem Mond Houtog konzentriert. Nach wie vor befand sich dort die einzige Werft, in der neue Dolben gebaut wurden, als Ersatz für die in Strukturstürmen verlorenen Schiffe. Deswegen verstanden die nur neunzig Millionen Ijordi, obwohl sie überwiegend Landwirtschaft betrieben, ihre Nation als das industrielle Rückgrat der Charonii. Sie nannten sich „Gewerken" und waren in autonomen Kombinaten organisiert.
    Der Planet, trocken, geprägt von Savannen, besaß nur knapp zwei Dutzend Binnenmeere, keines größer als eine halbe Million Quadratkilometer. Wo immer Grundwasserzugang in Küstennähe zu finden war, erstreckten sich ausgedehnte Nahrungsmittelfabriken, im Besitz der jeweiligen Belegschaft, und die sie umgebenden Wohngegenden aus niedrigen Langhäusern zwischen weitläufigen, immergrünen Parkanlagen.
    Kynderon, die Hauptstadt, schmiegte sich am südlichen Ufer des Binnenmeeres Kyn in einen zwanzig Kilometer breiten Streifen Flachland zwischen der Küste und den Vorbergen des Eturm-Massivs. Es gab keinen Gleiterverkehr wie in anderen Metropolen der Weltenwolke, sondern ein Netz schmaler Straßen, auf denen schlanke, zwei- bis achtachsige Elektrofahrzeuge nahezu geräuschlos dahinrollten.
    Kempo fühlte sich an seine Jahre auf Bocyn erinnert. Er dachte ungern daran zurück.
    Die Scham und grenzenlose Niedergeschlagenheit wegen des Scheiterns bei seiner ersten Charon-Prüfung ... Die Selbstverleugnung, als er mit seinem früheren Leben und seinen hochfliegenden Träumen abgeschlossen hatte ... Schließlich die heimtückische Krankheit, der er erlegen wäre, hätten nicht Sheerdurn und die resolute Gouvernante gerade noch rechtzeitig eingegriffen

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