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2312

2312

Titel: 2312 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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es vielleicht sogar arrangiert hat, dass Sie in ihrer Abwesenheit ein bisschen für sie einspringen können.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Tja, Sie haben viele der Terrarien da draußen entworfen, die jetzt den Löwenanteil des Modragon-Bund bilden. Da man weiß, dass Sie eine von Alex’ engsten Vertrauten waren, würde man vielleicht auf Sie hören. Also … vielleicht könnten Sie mich ja begleiten, um ein paar dieser Leute kennenzulernen.«
    »Wie, zum Saturn?«
    »Genau genommen zum Jupiter.«
    »Nein, das möchte ich nicht. Mein Leben und meine Arbeit sind hier. Ich habe das System in meiner Jugend genug bereist.«
    Er nickte betrübt. »Und Sie sind sich ganz sicher, dass Alex Ihnen nichts hinterlassen hat? Etwas, das Sie mir geben sollen, falls Ihnen etwas passiert?«
    »Ja, ich bin mir sicher! Es gibt nichts! So etwas hat sie nicht gemacht.«
    Betrübt schüttelte er den Kopf. Eine Weile saßen sie schweigend da, während die Tram über die dunkle Oberfläche des Merkur glitt. Im Norden funkelten einige Hügelkuppen bereits weiß im Licht der aufsteigenden Sonne. Dann erschien die Spitze der Kuppel von Terminator über dem Horizont wie eine durchsichtige Eierschale. Als die Stadt schließlich über den Horizont gestiegen war, sah sie aus wie eine Schneekugel oder ein Flaschenschiff – ein Ozeandampfer auf einem schwarzen Meer, gefangen in einer Blase aus grünem Licht. »Tintoretto hätte Ihre Stadt gefallen«, sagte Wahram. »In gewisser Weise ähnelt sie Venedig.«
    »Nein, das tut sie nicht«, sagte Swan verärgert, während sie angestrengt nachdachte.

TERMINATOR
    Terminator umrundet Merkur genau wie die Sonnenläufer. In derselben Geschwindigkeit, in der der Planet sich dreht, gleitet die Stadt über zwanzig gigantische erhöhte Schienenstränge, die eine Stadt tragen und westwärts schieben, die größer ist als Venedig. Die zwölf Schienenstränge verlaufen einmal um den Merkur herum wie ein schmaler Ehering, immer dicht am fünfundvierzigsten südlichen Breitengrad, wenn auch mit deutlichen Abweichungen in Richtung Norden und Süden, um zumindest den steilsten Klippen und Abbrüchen auszuweichen. Die Stadt bewegt sich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von fünf Stundenkilometern. Die Schlitten an der Unterseite der Stadt sind so exakt an die Schienen angepasst, dass die Wärmeausdehnung des rostfreien Austenit-Stahls die Stadt beständig Richtung Westen schiebt, auf die schmaleren Schienen, die noch im Schatten liegen. Das geringe Maß an Reibung bei dieser Bewegung erzeugt einen Großteil der Elektrizität der Stadt.
    Von der Dämmerungsmauer aus, die wie eine silberne Klippe das östliche Ende der Stadt bildet, kann man über die ganze Stadt sehen, die sich zum Westen hin erstreckt, grün unter ihrer durchsichtigen Kuppel. Die Stadt erhellt die umliegende dunkle Landschaft wie eine vorbeiziehende Lampe. Dieses Licht ist weithin sichtbar, außer dann, wenn hohe Bergkämme westlich von Terminator das horizontale Sonnenlicht reflektieren. Selbst dieses winzige Aufblitzen der Morgendämmerung überstrahlt die künstliche Beleuchtung innerhalb der Kuppel. Wenn die Klippenlichter aufscheinen, hat nichts einen Schatten, und der Raum nimmt eine seltsame Qualität an. Dann ist die Stadt mit einem Mal an den reflektierenden Flächen vorbei, und das Licht verblasst. Dieser Wechsel der Lichtverhältnisse ist hauptverantwortlich für das Gefühl von Bewegung, das man in Terminator erlebt, denn die Stadt gleitet ohne Erschütterungen über ihre Schienen. Die Veränderungen des Lichts und winzige Variationen im Neigungswinkel erzeugen ein Gefühl wie auf einem Schiff, das über ein schwarzes Meer mit gewaltigen Wellen segelt, in den Tälern dazwischen in die Nacht hinabstürzt und auf den Kämmen ans Tageslicht zurückkehrt.
    Majestätisch gleitet die Stadt dahin und umrundet so den Planeten einmal in 177 Tagen. Runde für Runde verändert sich nichts außer dem Land selbst; und das Land verändert sich nur deshalb, weil es unter den Sonnenläufern Landschaftskünstler gibt, die dort draußen Felswände zu Spiegelflächen abschleifen, Petroglyphen schneiden, Steinmale und Dolmen und Inuksuit aufstellen und Metallblöcke und -bänder so platzieren, dass sie im Tageslicht schmelzen. Derart gleiten und wandern die Bürger von Terminator unentwegt über ihre Welt und schaffen sie täglich neu, sodass sie immer mehr zum Ausdruck ihres Denkens wird. Alle Städte und all ihre Einwohner bewegen sich in genau dieser

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