Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2312

2312

Titel: 2312 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
Vom Netzwerk:
Entscheidungen treffen. Manche Becken werden entweder geflutet oder nicht.«
    Sie gingen mit ihm in ein Straßencafé an der Rückseite der neuen Seemauer, von dem aus man eine gute Aussicht auf einen weiteren kleinen Seehafen hatte, der über einem schwarzen Felsen aufragte. Jeder der runden Tische in dem Café hatte einen eigenen Sonnenschirm, obwohl die ganze Stadt ja von einem Schutzzelt überspannt war. Am Anfang waren sie fast die einzigen Gäste. Dann trudelten nach und nach weitere ein. Ein Gitarrentrio stellte sich auf und begann zu spielen, und die Leute fingen an zu tanzen. Eine Party in einem trockenen Hafen, in einem nachtdunklen Gewitter an einem leeren Meer. Die Wärmelampen waren eingeschaltet, und wenn man lange genug tanzte, konnte man sich sogar die Füße aufwärmen. Kiran tanzte die ganze Zeit mit einer jungen Frau aus seinem neuen Trupp – ja, die alte Anziehungskraft zwischen Männern und Frauen war für Kiran nach wie vor die verlässlichste Richtlinie in Sachen Sex, und überall auf der Tanzfläche konnte man Varianten dieses Rituals beobachten. Tatsächlich war es oft schwer zu erkennen, wer Mann war und wer Frau, und dieses Mädel war genau genommen einen halben Meter größer als er und ziemlich maskulin und selbstsicher. Dementsprechend schmolz Kiran willig wie ein Mädchen dahin, das noch in dieser Nacht schwanger werden möchte. Egal! Er schaute gerne in ihr Gesicht auf!
    Er versuchte, mit ihr zu reden. »Lyánhé? Shengren syingyu?« Vereinigung? Fremder sexuelles Verlangen?
    »Syin pengyu syingyu«, machte sie sich über ihn lustig.
    Neuer Freund sexuelles Verlangen, schrieb seine Brille in Rot über die Welt. Noch besser!
    »Tyauwu!«, befahl sie ihm. Tanz.

AUSZÜGE (10)
    Man nehme etwas Kohlendioxid, Ammoniak, Formaldehyd, Cyanwasserstoff und Salz, gebe sie in Wasser und erhitze. Zu einem heißen Schleim am Topfboden einkochen; erneut Salzwasser hinzufügen. Wiederholen, bis man eine dicke Brühe aus Aminosäuren, Zucker und Fettsäuren erhält. Nach Geschmack würzen. Jedes Mal, wenn man die Brühe einkocht und wieder Wasser hinzufügt, dickt sie weiter ein und enthält schließlich zahlreiche neu entstandene Riboglycopeptide, die sich nun zu den benötigten Protopolymeren zusammenschließen.
    Einige der Fettsäuren werden sich mit ihren hydrophoben Schwänzen aneinanderlagern und regelmäßige Anordnungen bilden. Diese Zusammenballungen dienen als Protomembranen, die sich in der Hitze des Herdes zu Röhren und Kugeln mit Löchern formen. In diesen kleinen, sauren Schalen klumpt sich dann die Füllung aus Protopolymeren zu einer Reihe verschiedener Makromoleküle zusammen. Damit beginnen die chemischen Zerfalls- und Verbindungsprozesse, die wir Katalyse nennen.
    Meistens bilden sich in der neuen Füllung ähnliche chemische Kombinationen, und diese neuen Kombinationen passen chemisch auf eine Art und Weise ineinander, die dazu führt, dass sie einander auslesen können; damit hat man nun also Informationsgeblubber in seiner Schale, und durch die Löcher in der Zellwand strömen weitere nützliche Moleküle ein und aus, mit denen weitere Reaktionen stattfinden können. Diese charakteristischen Reaktionen passen zu den bereits im Innern zu Mustern angeordneten Molekülen und werden durch die Gesetze der Chemie vorgegeben, weshalb sie sich immer wiederholen. Was als kleine Reihe zufälliger Verbindungen beginnt, schließt sich zu Mustern zusammen, bis schließlich immer wieder die gleichen Polymere hergestellt werden. Die dabei erzeugten Informationen sind in den längsten zusammengebrauten Ketten enthalten. An diesem Punkt hat man Ribonukleinsäure, RNA, und ist schon beinahe fertig.
    In die neue RNA ist der Bauplan von Proteinen eingeschrieben, die in ihrer dreidimensionalen, artifiziellen Pracht dazu in der Lage sind, eine breite Palette von Geschmäckern und Gerüchen zu erzeugen. »Arbeitsteilung« bei den Proteinen und ihren Leistungen ist eine Möglichkeit, die Vielfalt der sich reproduzierenden Formen zu beschreiben, aber gleichzeitig handelt es sich nun auch um ein reichhaltigeres Gebräu; es schmeckt besser; in seinem Geschmack verbergen sich Mikro-Geschmäcker. Die RNA erschafft spezielle Geschmacksrichtungen aus den Aminosäuren (der biologische Fachbegriff dafür lautet Translation).
    Schließlich wandeln sich einige der RNA-Stränge zu DNA um, einer aufgrund ihrer Doppelhelix stabileren Form. Ab da übernimmt die DNA die Aufgabe der Proteinexpression, wenn auch mittels

Weitere Kostenlose Bücher