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darunter das Andocken, die Außensicht, die Navigation usw.
Man kann auch einen Innenzylinder bauen, der in einem nichtdrehenden Asteroiden frei rotiert – die sogenannte »Gebetsmühlen-Konfiguration« –, wodurch man sowohl einen Innenraum mit G-Effekt als auch einen sich nicht drehenden Außenraum hat, aber das ist teuer und kompliziert. Nicht zu empfehlen, obwohl wir schon gute Exemplare dieser Art gesehen haben.
Wenn Heck und Bug installiert und ausgerichtet sind und der Asteroid sich dreht, dann kann das Innere terraformt werden.
Man beginnt mit einem Hauch von Schwermetallen und seltenen Erden, deren genaue Zusammensetzung von dem Biom abhängen, das man erzeugen möchte. Man muss sich bewusst sein, dass kein terranisches Biom jemals mit den einfachen Zutaten seinen Anfang genommen hat, die einem auf einem Asteroiden zur Verfügung stehen. Biosphären brauchen von Anfang an ihre Vitamine, man muss also selbst dafür sorgen, dass die gewünschte Mixtur eingeführt wird. Normalerweise beinhaltet sie Molybdän, Selen und Phosphor. Diese Stoffe werden mittels entlang der Achse des Zylinderraums platzierter »Staubbomben« ausgestreut. Man achte darauf, dass man sich bei diesem Vorgang nicht selbst vergiftet!
Anschließend zieht man an der Zylinderachse den Sonnenstreifen seines Terrariums ein. Es handelt sich um ein Beleuchtungselement, dessen eingeschaltete Segmente sich in frei wählbarer Geschwindigkeit entlang der Achse bewegen. Die Leuchtsegmente lassen den Tag nach einer angemessenen Dunkelphase (in der die Straßenbeleuchtung der gegenüberliegenden Seite als Sternenhimmel dient) üblicherweise im Heck des Zylinders beginnen. Sie bewegen sich dann mit der richtigen Helligkeit entlang der Achse vom Heck zum Bug (oder von Osten nach Westen, wie manche es nennen). Das dauert normalerweise so lange wie ein normaler terranischer Tag, gemessen an dem Breitengrad, auf dem das gewünschte Biom auf der Erde liegt. Jahreszeiten an Bord des Terrariums werden dementsprechend festgelegt.
Nun kann man das gewünschte Gasgemisch ins Innere einleiten, typischerweise bei einem Druck zwischen 500 und 11000 Millibar, wobei man sich normalerweise an der terranischen Luft orientiert; möglicherweise mit einem Schuss mehr Sauerstoff, was die Brandgefahr allerdings deutlich erhöht.
Anschließend braucht man Biomasse. Die vollständigen Gencodes aller Geschöpfe, die man in sein Biom einführen will, hat man natürlich sowieso schon im Gewürzregal. Normalerweise baut man entweder ein terranisches Biom nach, oder man stellt eine neue Mischung zusammen. Solche Hybridbiome werden meistens als »Ascensions« bezeichnet, nach der Insel Ascension auf der Erde, dem Standort des ersten derartigen Hybriden (der unabsichtlich von Darwin selbst erzeugt wurde!). Alle Genome für alle Spezies des jeweiligen Bioms sind als Print-on-Demand-Funktion erhältlich, mit Ausnahme der beteiligten Bakterien, die zu zahlreich und genetisch zu labil sind, um sie zu katalogisieren. Für die muss man die richtige Impfung auftragen, normalerweise in Form von ein paar Tonnen eines Schlamms oder Schleims, der aus der gewünschten bakteriellen Suite besteht.
Glücklicherweise gedeihen Bakterien in leeren ökologischen Nischen sehr schnell, und genau das ist es, was man nun hat. Um die Umgebung sogar noch einladender zu machen, schabt man etwas Material von der Innenseite des Zylinders; das darin enthaltende Gestein wird dann zu einem Gemisch zermahlen, das zwischen grobem Kies und Sand liegt. Damit vermengt man ein essbares Aerogel und erhält so einen Grundstock für den Mutterboden. Das bei der Ausschabung abgebaute Eis hebt man für später auf, mit Ausnahme der Menge, die man braucht, um die krümelige Matrix des Mutterbodens zu befeuchten. Dann impft man den Boden mit den Bakterien und dreht die Heizung auf etwa 300 Grad Kelvin auf. Der Mutterboden quillt auf wie Hefeteig und verwandelt sich in jene köstliche und kostbare Substanz namens Erde. (Wer eine umfassendere Erklärung zur Herstellung von Erdboden möchte, sei auf meinen Verkaufsschlager Was Sie schon immer über Dreck wissen wollten verwiesen.)
Wenn man seinen Humusboden hat, dann ist das Biom bereits in vollem Schwange. Ab hier sind verschiedenste weitere Schritte möglich, je nachdem, welches Ergebnis letztlich gewünscht wird. Auf jeden Fall beginnen viele Terrariendesigner mit einem Sumpfland der einen oder anderen Art, weil das die schnellste Möglichkeit ist, Erdboden und
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