2312
Keines der beiden Projekte lief besonders gut, obwohl immerhin Shukra eine gewisse Bereitwilligkeit zeigte. Im Gegenzug dafür wollte er allerdings Unterstützung bei seinen lokalen Konflikten, was Wahram ihm beim besten Willen nicht zusichern konnte. Der Mondragon und der Saturn würden mehr aufbieten müssen, wenn sie den einen oder anderen Venusianer in die künftigen Bemühungen in Sachen Erde einbinden wollten.
Dann, in einer willkommenen Verhandlungspause, klopfte es an der Tür zum Konferenzzimmer, und Swan trat ein. Wahram war völlig verblüfft darüber, sie zu sehen, und umso verblüffter war er, als sie quer durch den Raum ging, sich auf ihn stürzte und ihm mit geballten Fäusten vor die Brust schlug. »Du Scheißkerl!«, rief sie alles andere als leise. »Du hast mich angelogen, du hast gelogen!«
Er wich mit erhobenen Händen zurück und blickte sich nach einem Ort um, an dem sie ihre Unterhaltung ungestörter fortsetzen konnten. »Das habe ich nicht! Was meinst du damit?«
»Du bist zu den Vulkanoiden gegangen und hast einen Handel mit ihnen abgeschlossen, ohne mir etwas davon zu erzählen!«
»Das hat nichts mit Lügen zu tun!«, erwiderte er, obwohl er dabei das Gefühl hatte, Haarspaltereien zu betreiben. Aber es stimmte, und außerdem gab seine Antwort ihm genug Zeit, sich in einen Durchgang zurückzuziehen und um eine Ecke zu gehen, wo er innehalten und sich verteidigen konnte. »Ich habe da unten meine Arbeit für die Saturn-Liga erledigt, das hatte nichts mit dir zu tun, und du musst zugeben, dass wir einander normalerweise nicht unsere Terminkalender vorlegen. Ich habe dich seit einem Jahr nicht gesehen.«
»Weil du auf der Erde warst und dort auch Deals gemacht hast. Von denen du mir ebenfalls nichts erzählt hast. Was hast du mir denn überhaupt erzählt? Nichts! «
Wahram hatte schon lange befürchtet, dass dieser Augenblick kommen würde, doch er hatte das Problem ignoriert und seine Arbeit gemacht; jetzt bekam er die Rechnung dafür präsentiert. »Ich war unterwegs«, sagte er lahm.
» Unterwegs – was heißt unterwegs? «, wollte sie wissen. »Hör mal, warst du in dem Tunnel oder nicht? Waren wir zusammen in dem Tunnel oder nicht?«
»Das waren wir«, antwortete er und hob abwehrend die Hände. »Ich war dort.« Ich war nicht derjenige, der behauptet hat, nicht dort zu sein, aber das sagte er nicht.
Jedenfalls verstummte sie und starrte ihn an. Eine ganze Weile sahen sie einander so an.
»Hör mal«, sagte Wahram. »Ich arbeite für den Saturn. Ich bin der Botschafter der Liga für die Inneren Welten, und ich mache hier meine Arbeit. Das ist nichts … das ist nichts, wovon ich einfach so erzählen kann. Es handelt sich um einen ganz eigenen Bereich.«
»Man hat uns gerade angegriffen, und von unserer Stadt ist nur das Skelett geblieben. Das wenige, was wir überhaupt noch zu geben haben, darauf sind wir dringend angewiesen. Und dazu gehört Licht.«
»Aber nicht in brauchbaren Mengen. Die Gesamtheit dessen, was ihr uns vom Merkur schicken konntet, stellt für den Saturn eine kaum nennenswerte Menge dar. Bei den Vulkanoiden liegen die Dinge anders. Sie können uns genug schicken, um wirklich etwas zu bewirken. Wir brauchen das Licht für den Titan. Und ich bin beauftragt, mich darum zu kümmern. Es ist, als ob man zukünftige Anteile ersteigert. Es tut mir leid, dass ich dir nicht selbst davon erzählt habe. Ich war wohl … ich hatte Angst. Ich wollte nicht, dass du auf mich sauer bist. Aber jetzt bist du es sowieso.«
»Sogar noch viel mehr«, versicherte sie ihm. Aber nun trug sie nur noch um der Dramatik willen so dick auf. Er ging darauf ein:
»Es war dumm von mir. Es tut mir leid. Ich bin ein mieser Kerl.«
Das brachte sie beinahe zum Lachen, Wahram sah es ihr an. »Ein verdammter Scheißkerl«, sagte sie stattdessen, um das Spiel weiterzuspielen. »Aber das, was du auf der Erde gemacht hast, ist ohnehin noch schlimmer. Du hast einen Handel mit den reichen Nationen Terras abgeschlossen, darauf läuft es im Endeffekt hinaus, und das weißt du auch. Es ist wirklich eine Schande. Da unten gibt es Menschen, die in Pappverschlägen leben. Du weißt, wie es ist. So war es schon immer, und es sieht ganz danach aus, als würde es auch ewig so weitergehen. Deshalb werden sie uns auch immer hassen, und einige greifen uns an und lassen unsere Habitate platzen wie Seifenblasen. Die einzige Lösung ist Gerechtigkeit für alle. Das ist das Einzige, was uns Sicherheit verschaffen
Weitere Kostenlose Bücher