2323 - Kinder der Erde
solche nicht zur Hand war, blieb der Wirkungsgrad wahrscheinlich allzu gering.
Eine Alternative wäre es, die Space-Jet in die Luft zu jagen - die dabei frei werdenden Energien würden zumindest teilweise fünfdimensionaler Natur sein und von daher prädestiniert dafür, ein größtenteils fünfdimensionales Wesen zu schädigen. Wenn der Nukleus denn fünfdimensional war. Der Kalbaron verfluchte die technische Rückständigkeit der Terraner! Man sah diesem Energieball schließlich nicht an, woraus genau er bestand, der Koda Ariel musste demzufolge viele Vermutungen anstellen und Vergleiche bemühen.
Es war eine knifflige Situation.
Für die Kolonne am bequemsten wäre es sicherlich gewesen, den Suggestivimpuls bereits jetzt und in voller Stärke abzugeben. Nur - zum einen opferte der Kalbaron dann sein eigenes Leben, was er ganz und gar nicht zu tun bereit war, sofern keine Notwendigkeit dazu bestand, und zum anderen bestand die Möglichkeit, dass die geballte Suggestiv-Macht rein aufgrund ihrer Stärke bemerkt wurde und aufgebrochen werden konnte, vielleicht sogar durch den Nukleus selbst.
Nein, er würde anders vorgehen. Er würde in der Besatzung der Space-Jet nach und nach posthypnotische Blöcke verankern, so dass sie das taten, was er von ihnen verlangte, und zwar genau dann, wenn ein bestimmtes, von ihm initiiertes Ereignis eintrat.
Er würde nicht scheitern wie seine Daerba.
*
Name: Carmen Adamus Alter: 55 Jahre laut ID-Chip Derzeitiger Aufenthalt: MERCAN-TILE Reiseziel: Terra Ihr Name ist Carmen Adamus, so ist es in ihrem Chip gespeichert. Es ist ein Künstlername, den richtigen hat sie löschen lassen. Sie ist auch keine 55 Jahre alt, doch auch das geht keinen etwas an.
Was einzig zählt, ist, dass sie wie 55 aussieht, die richtige Beleuchtung vorausgesetzt.
Carmen Adamus ist Tänzerin. Sie ist auf Olymp zugestiegen, nachdem sie kein Passagierschiff fand, das sie bezahlen konnte. Passagierschiffe fliegen selten in diesen Zeiten. Aber ein Steward vermittelte sie an den Ersten Offizier des Frachters MERCANTILE, der Mitfluggelegenheiten anbot und wo sie sich in eine enge, schmutzige Kabine quetschen muss, die nach Männern stinkt.
Noch zwei Tage, sagt sie sich, wird sie das aushalten. In zwei Tagen ist sie am Ziel ihrer Wünsche. Gargarin Jassow, ihr Agent, ist bereits dort und erwartet sie. Er ist gut und hat viele bekannte Künstler unter Vertrag, zum Beispiel das Gesangsduo „Rene und Marlene". Er hat alles für sie klargemacht. Sie wird wieder auftreten. Hofft sie wenigstens. Denn auf Olymp hatten sie ihr das auch versprochen.
Sie will nicht daran zurückdenken, aber sie muss. Solche Gedanken kommen angekrochen in der Langeweile hier auf diesem dreckigen Kahn, wo sie die Kabine nur zum Essen verlässt. Oh, Carmen liebt Männerblicke - wenn sie bewundernd sind, wenn sie auf der Bühne steht, wenn sie klatschen und Zugaben fordern. Die Kerle hier klatschen ihr höchstens auf den Hintern und glotzen ungeniert dahin, wo Blicke absolut nichts zu suchen haben.
Sie ist eine gute Tänzerin, findet sie, eine klassische. Auf Olymp haben sie es nie erkannt. Wenn sie an die Schuppen denkt, in denen sie auftreten musste, um über die Runden zu kommen, wird ihr speiübel. Sie ist gut. Sie kann etwas. Sie hat Talent und immer noch eine gute Figur. Niemand hat das wirklich gewürdigt, bis Gargarin kam und sie sah.
Bald wird sie bei ihm sein. Sie weiß, dass ihr die Zeit davonläuft. Sie wird nicht jünger werden, die Falten werden zunehmen, ebenso wie ihr Gewicht. Für teure Operationen hat sie kein Geld - noch nicht. Aber wenn es auf Terra klappt, wenn Gargarin sie herausbringt, so richtig groß, dann ist alles möglich.
Dann kann es vielleicht wieder so werden wie früher, als man ihr zugejubelt und sie gefeiert hat. Vor vollen Sälen ist sie aufgetreten, auf vielen Planeten.
Das ist ihr Traum, ihr Wunsch, ihre Sehnsucht. Terra, die Welt der glänzenden Metropolen. Ja, sie wird tanzen. Sie wird alles geben. Sie will es noch einmal wissen. Und dann werden sie wieder aufstehen, die Männer, die Herren, und auch ihre Frauen, und Blumen werfen.
Carmen Adamus träumt. Wenn sie sich auf der Bühne sieht, im grellen Scheinwerferlicht, und zu Tschaikowskys oder Arlandos Musik sich drehen, schlägt ihr Herz aufgeregt wie das eines jungen Mädchens vor seinem ersten Ball.
Nein, sie ist nicht zu alt. Sie ist jung genug, um es noch einmal zu beweisen. Ein neuer Anfang, ein neues Leben, vielleicht eine neue
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