2323 - Kinder der Erde
ist?"
„Durchaus", antwortete sie. „Aus Sicht der Terraner jedenfalls."
„Verdammtes einfallsreiches Pack, diese Terraner", sagte Maurill.
Zargodim korrigierte ihn sofort: „Verdammt einfallsreich, aber zum Scheitern verurteilt!"
„Könnten sie das noch einmal tun?", erkundigte sich Maurill kühl. „Sehr wahrscheinlich", antwortete Vercarre. „Wenn sie keinen anderen Ausweg mehr sehen, werden sie es tun. Sie werden einen Weg finden."
„So, wie sie diesen TERRANOVA-Schirm aus dem Hut gezaubert haben?"
„Ganz genau so."
„Bisher sind wir die Einzigen, die davon wissen", flüsterte Maurill. „Das heißt, dass wir es verhindern müssen. Gelingt es ihnen, können sie noch einmal auf diese Weise entkommen, sind wir daran schuld ..."
„Und doch", bremste ihn Zargodim, „sollten wir vorsichtig sein."
„Das wäre mein guter Rat", sagte Vercarre.
Der Duale Vizekapitän schwieg für einen Moment. Dann sagte Maurill: „Wir werden es im Auge behalten, Vercarre. Akut ist diese Gefahr im Moment nicht, aber du hast uns einen Gefallen getan. Du bist eine treue Freundin, und dafür sollst du deine Belohnung erhalten."
„Das ist richtig!", zischelte Zargodim in unverhohlener Vorfreude. „Du sollst den Endogenen Genuss bekommen", kündigte Zarmaur wie aus einem Mund an. „Die einzige Freude, die du körperlich noch empfinden kannst."
Die Mor'Daer blickte ihn erwartungsvoll an. Ihre Augen bekamen ihr früheres Leuchten zurück. Für wenige kostbare Minuten würde sie ihre Leiden vergessen und sich allem hingeben können, was ihr sonst versagt blieb.
Der Duale Vizekapitän konzentrierte sich.
Seine beiden Komponenten vereinten sich zum Singulären Intellekt und begannen, seiner treuen Freundin das einzige Geschenk zu machen, das er selbst geben konnte - außer dem Tod...
Im Linearraum Robert Anthony Wilson war das Nesthäkchen an Bord der TIMOTHY LEARY. Der junge Staumeister und „Vizekapitän" des Handelsfrachters war unter der Besatzung eigentlich eher als Frohnatur bekannt, meistens zu einem Scherz aufgelegt und selten zu erschüttern.
Es sei denn, er war auf Qwarrac'dorin, einer der verbreiteten Synthodrogen aus den Laboratorien von Aralon. Gleichzeitig galt er als etwas weltfremd, ein kleiner Spinner, der sich mit allen möglichen Verschwörungstheorien beschäftigte. An diesem Tag war er nichts von beidem, sondern einfach kaputt.
Vor gut einer Woche, am 23. Oktober, hatte er seinen 23. Geburtstag gefeiert, und zwar ausgiebiger als normal. Weil er an die magische Bedeutung der Zahl 23 glaubte, hatte er ordentlich über die Stränge geschlagen und nicht nur dem reichlich geflossenen Alkohol zugesprochen, sondern auch gewissen anderen Drogen, mit denen er, wie er selbst sagte, „sich mit dem Kosmos gleichschaltete".
Im Moment allerdings war er nur gleichgeschaltet mit seiner Depression, die ihn immer dann für Tage beschlich, wenn er „wieder zurück auf der Erde" war.
Dabei war seine Erde immer noch das Raumschiff, das vor drei Monaten über Olymp nach Tyronis III aufgebrochen war, um mit den Tyronern zu tauschen, zu kaufen und zu verkaufen. Seine wirkliche Erde würde er bereits am nächsten Tag - endlich! - wiedersehen.
Und das war sein zweites Problem.
Robert freute sich wirklich auf die Heimat.
Drei Monate im All, eingesperrt in einer Kugel aus Stahl, waren zweifellos schön, ein Abenteuer, immer und gerade in diesen Zeiten mit ungewissem Ausgang - aber sie konnten furchtbar einsam sein. Vor allem dann, wenn man seine Freundin auf der Erde zurückgelassen hatte. Wenn man zudem noch so krankhaft eifersüchtig war und einen mehrfach ausgewachsenen Kater nach dem rauschenden Fest hatte, ergab sich daraus das Bild von... Robert an diesem Tag.
Die Arbeit war getan, er hatte keine Schicht und hockte mit einer Flasche Wein in der Hand trübsinnig in „seinem" Laderaum V, dem größten, weitesten und einsamsten von allen, obwohl sich hier die kostbarste Fracht befand, mit der die LEARY nach Hause zurückkam. Sie war eines in einem Konvoi von mittlerweile acht Handelsschiffen; das Hauptschiff, von dem aus die Kommandos gegeben wurden. „Immer noch down?", ließ ihn eine Stimme aus seiner Trübsal auffahren.
Er drehte sich träge um und sah in die dunklen Augen von Janine Cortex, der „Zweiten Funkerin", wie sie sich nannte.
In Wirklichkeit war sie die Tochter von Fernando Cortex, dem Mann, dem die LEARY gehörte und einiges andere mehr auf der Erde. Er hatte dafür gesorgt, dass sie
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