2335 - Das Geheimnis der Enthonen
gewirkt. Und erst hinterher, in Hakkans Schuppen ..."
„Erinnere mich bitte nicht daran."
„Du solltest übrigens nicht dem Irrtum erliegen, dass dort nur die besonders Aufmüpfigen verkehren. Von Hakkans Schuppen zum Asha Ger läuft man nicht lange."
„Verstehe ... Unter uns, hast du eine Ahnung, wer oder was der Revisor ist?" .„Nicht die geringste, mein. Freund.
Vielleicht werden wir ihn nie zu Gesicht bekommen, vielleicht haben wir ihn aber auch schon oft gesehen."
Mir schoss ein Gedanke ein. „Könnte Borgin Sondyselene selbst die ASH AFAGA fliegen?"
„Das konnte er zweifellos. Aber wozu sollte er eine solche Doppelrolle spielen?"
„Es wäre nicht das einzige Geheimnis, das die Enthonen vor uns verbergen. Was weißt du eigentlich über den Geschlossenen Mond?"
„Nicht mehr als du und jeder andere." Er gähnte. „Letzte Frage für heute?"
„Einverstanden: Was könnte eine kleine, heimlich agierende Gruppe oder Fraktion innerhalb der Friedensfahrer überhaupt bewirken?"
„Du warst es, der davon angefangen hat."
„Ich will aber deine Meinung hören."
„Na schön. Vorerst kann man nicht viel tun. Mit großer Sorgfalt, Diskretion und Gelassenheit den Boden bereiten. Ein Netzwerk von Sympathisanten ins Leben rufen. Sich rüsten für den Tag, an dem die Zeit reif ist."
„Ich werde es", versprach ich dem Einäugigen, „versuchen."
*
In den folgenden Monaten bewegte ich mich mit der THEREME, so wie Chyndor mit der ELLSUNTUR und Alaska Saedelaere mit der FORSCHER, im Einzugsgebiet von Hangay. Aber im Unterschied zu dem Maskenmann, der sowieso gern als Solist arbeitete, und dem Para-Charismaten, der sich bewusst zurückhielt, kontaktierte ich so oft wie möglich andere, Friedensfahrer. Äußerst behutsam, wie vereinbart.
Zwei Faktoren kamen mir zugute: einerseits, dass die hier Tätigen von vornherein ein erhöhtes Interesse am Themenkomplex Negasphäre zeigten. Und andererseits, dass fast alle meine Wortmeldung bei der Vollversammlung mitverfolgt hatten und mich oft ganz von selbst darauf ansprachen. Auch wenn mir der Auftritt im Nachhinein peinlich war - ich erfreute mich deswegen einer gewissen Berühmtheit.
Am 6. Februar 1340 NGZ trafen sich dreißig Friedensfahrer im Nest Inggaran.
Chyndor war dabei, auch die schüchterne Trizips mit den vielen Gesichtern, die sie wie Kalenderblätter hin- und zurückblätterte; jedoch nicht Alaska Saedelaere.
Was wir in jener Nacht gründeten, nannten wir „Aktionsgemeinschaft Negasphäre".
Der Name war bewusst harmlos gewählt.
Ohnehin wollten wir ihn keineswegs herumposaunen. Aber falls ihn doch jemand aufschnappte - warum sollte es keine Aktionsgemeinschaft Negasphäre geben? Dass Chyndorr und Alaska bei der Beobachtung Hangays seit Jahren mit anderen Friedensfahrern kooperierten, war hinlänglich bekannt.
Intern setzten wir uns zwei erklärte Ziele.
Erstens, Mittel und Wege zu suchen, die entstehende Negasphäre zu verhindern.
Und zweitens, das Patronat dazu zu bringen, dass es seine Entscheidung überdachte und sein Veto gegen einen Eingriff wieder zurückzog.
Zum Koordinator der Aktionsgemeinschaft wurde, nachdem Chyndor eine Kandidatur für diese Funktion dezidiert abgelehnt hatte, ich gewählt.
Einstweilen wollten wir uns aufs Beobachten und Sondieren beschränken, neben allen anderen Tätigkeiten, die wir als Friedensfahrer ausübten. Doch wir schworen uns, aktiv zu werden, sobald die Zeit gekommen war, und uns dann notfalls auch gegen das Patronat aufzulehnen.
Relativ rasch wuchs die Zahl unserer Mitglieder von dreißig auf dreihundert.
Alle waren fähige Individualisten, die sich voll und ganz zu unserer Position bekannten. Nochmals etwa hundert Personen nahmen eine ähnliche Grundsatzposition wie der Mann mit der Maske ein. Sie erklärten ihre Sympathie für unser Anliegen, stimmten auch weitgehend mit unseren Zielen überein, fühlten sich jedoch an die Regeln der Friedensfahrer und das Credo gebunden.
Im Ernstfall, hoffte ich, würden sich diese Leute auf die Seite der AGN stellen. Auch Alaska Saedelaere; davon war ich überzeugt.
*
Erst als ich schon mittendrin steckte, erkannte ich, dass ich gerade eine besonders wichtige Phase durchlief.
Die Desorientierung, die mein Leben seit Theremes Ermordung bestimmt hatte, schwand in jenen Jahren dahin. Je mehr ich meine Bestimmung akzeptierte, mich für das Gemeinwohl einzusetzen, je weiter ich mich aus dem Fenster lehnte, je mehr ich auch im Interesse der
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