2339 - Ein halber Mensch
Mor'Daer-Schutzanzug wollte ich erst in der Müllkapsel anlegen, wenn ich sicher sein konnte, dass Untar wirklich eine komplette Ausrüstung zusammengetragen hatte.
Durfte ich ihm vertrauen? Im ersten Moment verdrängte ich die Frage, aber sie flackerte wieder auf und fraß sich letztlich mit unglaublicher Hartnäckigkeit in meine Überlegungen vor.
Imarit Enkaraqon hatte gewiss nicht mit meinen Befürchtungen zu tun. Er hätte zweifellos nicht eine Sekunde gezögert, mich zu paralysieren.
Aber möglicherweise spielte die Makro-Bestie ihr eigenes Spiel. Roi Danton im Austausch gegen persönliche Vergünstigungen, wollte Untar das erreichen? „Ich könnte dich begleiten", sagte er endlich, als unser Schweigen unerträglich geworden war. „Die Kapsel bietet Platz für uns beide. Bringst du mich dann zu den Halutern. Roidanton?"
Ich schaute ihn verwirrt an. Selbst wenn der Müllbehälter sich als hermetisch verschließbar erwies, wenn Sauerstoff für uns beide vorhanden war, ebenso wie ausreichend Verpflegung, würden wir es über Wochen hinweg in der qualvollen Enge miteinander aushalten? Ich hatte Untar Gabu als lammfrommes Geschöpf kennen gelernt, aber letztlich steckte doch ein Wolf unter dem Schafspelz. Er war und blieb ein Produkt der Skapalm-Bark. „Warum schweigst du, Roidanton? Ich werde keine Belastung für dich sein. Untar ist es gewohnt, sich zusammenzurollen und, wenn es sein muss, wochenlang zu ruhen. Mein Körper muss dann nur selten atmen."
Seine Augen glühten in der Düsternis. „Ich kann nicht versprechen, dass wir unser Ziel wirklich erreichen werden", sagte ich hart. „Falls wir über Funk keine Hilfe erreichen, treiben wir auf ewig durch den Raum, oder wir verglühen in einer Sonne."
„Du hast eines vergessen, Roidanton: Was geschieht, wenn ein Schiff der Kolonne die Kapsel auffischt, bevor deine Terraner zur Stelle sind?"
Er verblüffte mich. Erstrecht, als er selbst die Antwort gab. „Dann werde ich die Kapsel öffnen müssen, denn ich gehe nicht auf die Bark zurück. Ich will zu den Halutern oder sterben. Dir wird nichts geschehen, Roidanton, du trägst ja den Schutzanzug."
Mir würde nichts geschehen?
Beinahe hätte ich hell aufgelacht, ich biss mir gerade noch auf die Zunge. Auf mich wartete nur ein grauenvolles Schicksal als Dual. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wenn Untar die Kapsel öffnete, würde ich den Raumanzug nicht schließen.
Die Abschussvorrichtung arbeitete vollautomatisch in der Art eines Startkatapults, Untar musste die Kapsel nur in die Zuführung einklinken. Über den zu erwartenden Andruck brauchte ich mir nicht den Kopf zu zerbrechen. Kaum mehr als zehn Gravos, schätzte ich. Der Mor'Daer-Anzug absorbierte solche Werte ohnehin, und mein Begleiter würde den kurzen Moment leicht überstehen.
Ja, ich hatte entschieden, ihn mitzunehmen. Auch wenn ich nicht glaubte, dass wir von ihm Wesentliches über die Kolonne erfahren würden, ich war ihm das einfach schuldig. Untar arbeitete schon freudestrahlend und mit Riesenkräften daran, die Kapsel zu justieren.
Ungehindert hatten wir die Abschuss-Schleuse erreicht, eine Schmuddelsektion, in der überall Müll herumlag. Wenn ich mich nicht irrte, durchwühlte mein Freund all das auf der Suche nach Verwertbarem oder wenigstens interessanten Dingen wie dem TLD-Emblem.
Die Kugeln selbst wirkten mit ihrer nur zwei Zentimeter dicken Plastikwandung allerdings wenig Vertrauen erweckend.
Ohne die Versteifungen im Innenbereich wären sie womöglich schon beim Start zersplittert.
Der Kom-Stecker in meinem Ohr hatte sich schon lange nicht mehr gemeldet. Seit wir Untars Refugium erreicht hatten, vernahm ich nur ein gelegentliches Rauschen; es gab in diesem Bereich keinen Empfang.
Die obere Kugelhälfte hatte Untar aus einer dünnen Nut herausgehoben und zur Seite geschwenkt. Alles, was er versprochen hatte, lag bereit, und das wirklich mehr als ausreichend. Ich schätzte, dass wir es mindestens vier Monate lang in der dann hermetisch versiegelten Kapsel aushalten würden.
Den Umhang warf ich achtlos beiseite. Der Mor'Daer-Anzug war nicht annähernd auf terranische Maße umgearbeitet, ich würde mich darin keineswegs wohl fühlen, wahrscheinlich sogar etliche Probleme haben. Aber letztlich zeigten solche Unannehmlichkeiten dann nur, dass ich noch lebte.
Das Ding war widerspenstiger als gedacht, schon der Beinansatz bereitete mir extreme Schwierigkeiten. Andererseits musste ich damit nicht laufen, nicht einmal in die
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