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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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    Tod eines Helden
    Mehr als tausend Leute waren auf Champs Beerdigung, darunter viele Kinder, seine Fans aus den Vororten und den vornehmeren Vierteln. Einige stammten aber auch aus der schäbigen South Side von Chicago, dorther, wo Champ Schlittschuh laufen und sich zu behaupten gelernt hatte. Er war Rechtsaußen bei den Black Hawks, bis er sich vor drei Jahren beim Drachenfliegen den linken Knöchel brach. Und bevor Wayne Gretzky ihm den Rang streitig machte, galt er als der größte Champion seit Bobby Hull.
    Er ließ sich drei Mal am Knöchel operieren, weil er einfach nicht glauben wollte, dass er nicht mehr aufs Eis konnte. Die Ärzte waren bereits bei der dritten Operation skeptisch gewesen, doch Champ fand sich erst mit den Tatsachen ab, als er niemanden mehr auftrieb, der bereit war, einen vierten Versuch zu riskieren. Danach nahm er wahllos eine Reihe von Jobs an. Etliche Leute waren willens, ihn dafür zu bezahlen, dass er seinen Namen zu Werbezwecken hergab, aber er war ein Mensch, der sich gern in eine Aufgabe hineinkniete - ganz gleich, in welche.
    Schließlich landete er bei der Eudora-Getreideverschiffungs- gesellschaft, bei der sein Vater in den dreißiger und vierziger Jahren als Schauermann gearbeitet hatte. Der Bezirksdirektor dieser Gesellschaft, Clayton Phillips, fand am vergangenen Dienstag Champs Leiche in der Nähe der Ladekais im Wasser treibend. Phillips versuchte mich telefonisch zu erreichen, da ich in Champs Personalunterlagen als seine nächste Verwandte aufgeführt war. Ich hatte jedoch während der letzten drei Wochen beruflich in Peoria zu tun. Noch bevor die Polizei mich ausfindig machte, hatte eine der zahlreichen Schwestern von Champs Mutter die Leiche identifiziert und war bereits dabei, ein pompöses polnisches Begräbnis zu inszenieren.
    Champs Vater und meiner waren Brüder; zusammen wuchsen wir im Süden Chicagos auf. Wir waren beide Einzelkinder, standen uns aber näher als manche Geschwister. Meine Tante Marie, Polin und gute Katholikin, hatte unaufhörlich Kinder in die Welt gesetzt und war beim zwölften Versuch gestorben. Champ war das vierte und das einzige, das länger als drei Tage am Leben blieb. Er spielte Eishockey von früher Kindheit an. Ich weiß nicht, woher er diesen Fimmel hatte - und auch die Begabung. Jedenfalls verbrachte er damals den größten Teil seiner Zeit damit, Mittel und Wege zu ersinnen, wie er trotz des Gejammers seiner Mutter, die überall Gefahren witterte, spielen konnte, ohne dass sie davon erfuhr. Häufig diente ein Besuch bei mir als Alibi - ich wohnte sechs Straßen weiter. In jenen Tagen schwärmten alle hockeybesessen Jugendlichen für Champ Geoffrion. Mein Vetter bemühte sich, Geoffrions knallharten Schlag genau zu imitieren, sodass ihn die anderen Jungen, um ihm eine Freude zu machen, ebenfalls »Champ« nannten. Dieser Spitzname blieb ihm. Als die Polizei von Chicago mich schließlich in meinem Hotel in Peoria erreichte und wissen wollte, ob ich Bernard Warshawskis Cousine sei, brauchte ich erst eine Weile, bis mir klar wurde, wen sie meinten.
    Nun saß ich zusammen mit Champs schniefenden Tanten und Cousinen, von denen eine wie die andere aussah, in der vordersten Bankreihe von St. Wenzel. Sie waren alle in Schwarz und sichtlich pikiert, weil ich ein marineblaues Wollkostüm trug. Ich hielt den Blick fest auf die imitierten Tiffany-Fenster gerichtet, die in grellen Farben die Höhepunkte im Leben des heiligen Wenzel zeigten, und hoffte, dadurch einen hinreichend frommen Eindruck zu machen. Ich komme aus keiner religiösen Familie. Meine italienische Mutter war Halbjüdin, mein Vater Pole, beide Nachkommen einer langen Reihe atheistischer Vorfahren. Sie hatten beschlossen, mir keinen Glauben aufzuzwingen. Die leidenschaftliche Religiosität von Champs Mutter und die billigen Gipsheiligen in ihrem Hause hatten mir als Kind immer Furcht eingeflößt.
    Ich hätte eine schlichte Aussegnungsfeier in einer nicht konfessionsgebundenen Kapelle vorgezogen, in der Champs ehemalige Mannschaftskameraden Gelegenheit gehabt hätten, eine kleine Gedenkrede zu halten. Sie hatten die Tanten darum gebeten und eine Abfuhr erhalten. Ganz gewiss hätte ich nicht diese geschmacklose Kirche in unserer alten Wohngegend ausgewählt, deren Priester meinen Vetter überhaupt nicht gekannt hatte und der nun so scheinheilig und salbungsvoll von ihm sprach. Aber ich überließ die Begräbnisformalitäten seinen Tanten. Mein Vetter hatte mich zur

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