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2340 - Zum Tee bei Jonas Untergang

Titel: 2340 - Zum Tee bei Jonas Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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zuckte zusammen, als er das harte Geräusch an der Glassitscheibe hörte.
     
    *
     
    Ein Mann stand vor der Tür des Gewächshauses. Delmar konnte ihn wegen der Dunkelheit und des Regens nur undeutlich ausmachen. Er trug die auf Jonathon übliche Wetterkleidung und wirkte darin groß und kräftig, nicht ganz schlank und auch nicht mehr ganz jung.
    Sein Gesicht war markant geschnitten und von tiefen Falten durchfurcht, als hätte er schon viel gesehen und erlebt.
    Der Mann war Delmar völlig fremd.
    Der Hyperphysiker erhob sich, ging zur Tür und öffnete sie. „Kann ich dir helfen?"
    „Delmar Shettle?", fragte der Fremde.
    Delmar nickte. „Darf ich vielleicht hineinkommen?" Der Mann spreizte die Hände und legte den Kopf zurück, ein Hinweis auf den Regensturm, der in Ol-Sholom tobte.
    Zögernd trat Delmar beiseite.
    Der Fremde schlug mit den Armen auf seine Kleidung, um das Wasser abzuschütteln, und trat in das Gewächshaus. Interessiert sah er sich um, ließ den Blick über die Zwiebeliris und die Rhizomiris gleiten und dann auf den Bart-Iris-Arten verweilen, den über 70 Zentimeter hohen Iris-Barbata-Elatior-Hybriden, den mittelhohen IrisBarbata-Media-Hybriden und schließlich den niedrigen, nur 15 bis 30 Zentimeter hohen Iris-Barbata-Nana-Hybriden. Einwenig bedauerte Delmar, dass der Fremde die Blumen nicht in ihrer Blütenpracht bewundern konnte, aber dazu war es noch gut zwei Monate zu früh. Um seine Aufgabe zu erleichtern, hatte er im Gewächshaus die Jahreszeiten der nördlichen gemäßigten Breiten der Erde simuliert. Mitte April würden hier die ersten Beete mit violetten und blassgelben Blütenteppichen entstehen. „Iris?", fragte der Fremde. „Ich bevorzuge den Begriff >Schwertlilien<", erwiderte Delmar. „Aber ja, sie gehören zur Familie der Iridaceae. Die meisten Menschen sagen >Iris< zu ihnen."
    „Eine an Arten sehr umfangreiche Gattung. Benannt nach der griechischen Göttin des Regenbogens, geschätzt wegen ihrer schönen und auffälligen Blüten. Eine interessante Blume." Der Fremde sah ihn an. „Fleurde-Lis, die berühmte Wappenlilie der Bourbonen, ist eine stilisierte Schwertlilie. Aber das weißt du sicher. Und in der Traumdeutung stehen die Schwertlilien für Hoffnung und gute Nachrichten. So gesehen hat es fast schon symbolischen Charakter, dass du dich für Schwertlilien begeisterst. .Du versuchst, sie hier auf Jonathon anzusiedeln? Das ist natürlich sehr gewagt. Während der Blüte knicken die Stiele leicht um, besonders nach starkem Regen und bei starken Winden. Und Regenstürme kommen auf Jonathon nicht gerade selten vor, wie du weißt."
    Delmar runzelte die Stirn und betrachtete den Besucher genauer. Solch ein Wissen war zu spezifisch, als dass man es zur Allgemeinbildung zählen könnte. Nein, der Fremde schien sich genau über ihn und seine Leidenschaft informiert zu haben.
    Er fragte sich, was das zu bedeuten hatte.
    Wahrscheinlich nichts Gutes. „Wer bist du, und was willst du von mir?"
    „Mein Name ist Radek Beibel." Der Fremde holte einen kleinen Datenkristall aus der Tasche seiner Wettermontur und reichte ihn Delmar. „Und ich möchte dich um deine Hilfe bitten.
     
    4.
     
    Radek Beibel. „Er hat im Whistler-Stammwerk eine Sanitäreinheit in die Luft gesprengt?", fragte Delmar Shettle stirnrunzelnd. „Und dann ist er spurlos verschwunden?"
    Beibel verdrehte leicht die Augen - aber so, dass der Hyperphysiker es nicht mitbekam. Dieser Shettle trieb ihn schlicht und einfach in den Wahnsinn, Wenn er schon sah, wie er diese dämliche Blume einpflanzte. Flach, ganz flach. Mit einer Akribie, die jeden normalen Menschen in den Wahnsinn treiben konnte, kürzte er die absonderlich aussehende Wurzel handbreit ein und achtete darauf, dass das obere Drittel des Rhizoms noch zu sehen war, während er den Unterteil mit Erde bedeckte. Schließlich schnitt er die Blätter fächerartig um die Hälfte zurück.
    Allein schon diese Begriffe - Blüte, Rhizom und was sonst er sich alles hatte merken müssen. Aber er brauchte Shettle.
    Nur durch ihn kam er an Giuri Garitsch heran oder wie auch immer er sich heute nannte. Er hatte sich über den Hyperphysiker informiert und hoffte, dessen Blumentick ausnutzen zu können.
    Ein starker Geruch nach Veilchen stieg ihm in die Nase.
    Shettle war ein Korinthenkacker, ein Beckmesser, das hatte er schon nach den ersten Sätzen festgestellt, die sie gewechselt hatten. Es würde also nicht leicht werden, ihn zu überzeugen, zumal er alles andere als

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