2348 - Quarter Phillips Sehnsucht
immer, Terra unterschätzt.
Quarter Phillip fröstelte bei dem Gedanken, dass sich die Spirale dieses aberwitzigen Rüstens zunehmend schneller drehte und die eigenen Hyperphysiker über kurz oder lang an die Grenze ihrer Fähigkeiten stoßen mochten. Derzeit trafen nahezu im Wochenabstand verbesserte Abnehmer für das Salkrit ein. Die Effizienzsteigerung lag jeweils deutlich im zweistelligen Bereich. Insgesamt gesehen war die Belastbarkeit des Kristallschirms um weit mehr als nur das Zehnfache gesteigert worden.
Die Werftkapazitäten waren mit der Fertigstellung weiterer LORETTA-Tender ausgelastet. Eine Verstärkung der TERRANOVA-Flotte war notwendig, zumal nach wie vor der Nukleus der Monochrom-Mutanten einen sehr großen Anteil an der Verteidigung hatte.
Quarter Philip fiel es nicht leicht, in der strahlenden Kugel eine Zusammenballung menschlicher Bewusstseine zu sehen.
Obwohl die Geschichte der Menschheit genügend Beispiele einer Trennung von Geist und Körper bereithielt. Lange vor dem Erscheinen der Terminalen Kolonne in der Milchstraße und bevor er selbst überhaupt zum ersten Mal von dem Nukleus gehört hatte, hatte Quarter die Lebensgeschichte des Teletemporariers Ernst Ellert in einer umfangreichen Trivid-Sendung miterlebt. Ellerts Schicksal hatte ihn gleichermaßen fasziniert wie abgestoßen. „Halbzeit im Endspiel um die Solare Meisterschaft ..."
Bruchstückhaft drang von den Nachbaraggregaten die Stimme eines Kommentators im fernen Terrania herüber.
Flüchtig konzentrierte Quarter sich auf den Spielstand, bevor er wieder über die Fähigkeit des Nukleus nachdachte, wie ein Individualauflader den Kristallschirm um das Sonnensystem zu stabilisieren. „Was sagen die Messwerte?", drängte Lyman. „Unverändert rot! - Wolltest du nicht ...?"
„Ich habe improvisiert, soweit es möglich war."
„Für mich sieht das nicht so aus. Was ist mit der Frequenzmodulation?"
Sekundenlang war es still. „Verdammt, ja!", stieß der Chefingenieur dann hervor. „Das Materialgedächtnis blockiert die Weiterleitung, weil die höhere Abtastrate eine minimale Frequenzverschiebung mit sich bringt."
„Bekommst du das hin? Andernfalls müssen wir ..."
In dem Moment heulte der Alarm durch das Schiff. Die Traitanks hatten das Feuer wieder eröffnet.
Quarter Phillip fröstelte. Ohne es zu wollen, warf er einen Blick auf die Zeitanzeige. 20.48 Uhr - der Tag war noch lange nicht zu Ende.
*
Anfrage aus der Kommandozentrale. Keine Bildübertragung, nur ein Akustikfeld und die rau und gereizt klingende Stimme des Ersten Offiziers: „Wir warten dringend auf die Vollzugsmeldung!"
Quarter Phillip schluckte schwer. „Es gibt Probleme mit einem der Salkrit-Abnehmer! Fünf bis zehn Minuten, schätze ich ..."
„Zu lange!"
Quarter Phillip bedachte die Rotkontrolle mit einem Blick, mit dem er seinen ärgsten Feind in die Hölle geschickt hätte. „Lyman ...?", rief er den Gang entlang. „Ich hab's gehört! Sag dem Ersten, in spätestens fünf Minuten ist unsere Zweiundzwanzig wieder einsatzbereit!"
„In Ordnung", kam es aus der Zentrale. „Wir bereiten die Wiedereingliederung in die Phalanx vor. Diesmal wird es hart - sechsunddreißig Chaos-Geschwader, das sind 17.424 Traitanks."
Quarter Phillip hatte das Gefühl, jemand ziehe ihm die Beine unter dem Leib weg.
Für ihn gab es keinen Zweifel, dass die seit langem befürchtete Offensive der Kolonne begonnen hatte. Die Gegenseite zielte nicht mehr darauf ab, Ressourcen zu erhalten, sie kannte nur noch das Ziel, den terranischen Widerstand zu brechen, egal um welchen Preis.
An dem vorangegangenen Angriff waren „nur" achtzehn Geschwader beteiligt gewesen. Ein Wunder, dass der Kristallschirm trotz zweihundert Prozent Überlast standgehalten hatte, und dieses Wunder war in erster Linie dem Nukleus der Monochrom-Mutanten zu verdanken gewesen.
Würde es hier und heute wieder so werden?
Irgendwann, dachte Quarter Phillip bitter, werden die mentalen Kräfte des Nukleus erschöpft sein.
Er brauchte keine Hochrechnung der Feuerkraft aller Traitanks, seine Fantasie reichte für die Vorstellung aus, was mit Sol und ihren Planeten geschehen musste, sobald die entfesselten Schwerkraftfronten der Potenzialwerfer den Schirm durchschlagen würden.
Ein Blick zurück. Die letzten Wartungsingenieure lösten sich von dem Wandlerkomplex. Wie üblich hatten sie die Zeit der Abschaltung für Materialanalysen genutzt. Ermüdungserscheinungen im Bereich der großen Aggregate
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