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235 - Auf dem sechsten Kontinent

235 - Auf dem sechsten Kontinent

Titel: 235 - Auf dem sechsten Kontinent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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lebten.
    Alles wirkte so ruhig, so friedlich. Die Natur war mit sich selbst im Einklang, nirgendwo zeigten sich jene Bedrohungen, denen Matt in bislang jedem Teil der postapokalyptischen Erde begegnet war. Er konnte nur hoffen, dass die friedlichen Lebensumstände auch auf die hiesigen Bewohner abgefärbt hatten.
    ***
    Schlussendlich dauerte es vier Stunden, bis sie ihr Ziel erreicht hatten: ein Eiland, vielleicht fünfhundert Meter breit, dessen steiniger Strand nach wenigen Schritten in ein Feld goldgelber Ähren überging. Im Zentrum der Insel ragte ein Hügel auf, vielleicht fünfzig Meter hoch, auf der eine spitze Felsnadel saß.
    »Weizen«, sagte Matt ehrfürchtig. »Und weiter hinten sehe ich Mais stehen, mindestens eineinhalb Meter hoch. Das sind Pflanzen, wie ich sie aus meiner Zeit kenne, und keine Mutationen. Wer auch immer hier lebt – er hatte Zugang zu altem Kulturgut.«
    »Tofanen«, murmelte Aruula beeindruckt. »Obstbäume, die Früchte tragen, wie ich noch keine gesehen habe. Und was ist das dort links, neben dem kleinen Hügel?«
    »Baumwollstauden. Aus den Fasern der Früchte kann man Kleidung herstellen.«
    Sie trieben sachte in die Bucht hinein. Die Vorderseite des Floßes kratzte über Kieselsteine hinweg und blieb schließlich nur wenige Meter vom Ufer entfernt stecken. Matt sprang ins knietiefe Wasser. Er vertäute ihr Gefährt an einem isoliert stehenden Felsen.
    Irgendetwas störte ihn. Matt schüttelte irritiert den Kopf. Hatte auch dieses Paradies einen Haken, wie schon so viele zuvor? Was war es nur, das ihn stutzig werden ließ?
    »Merkwürdig«, sagte Aruula.
    »Was meinst du?«
    »Es leben Menschen hier; wir haben auf mindestens zwei Handvoll weiteren Inseln Behausungen entdeckt.«
    »Und?«
    »Wie kommen die Einwohner dieser Inseln zusammen? Ich habe bislang kein einziges Schiff gesehen.«
    Aruula hatte recht. Eine Inselkultur, die über keinerlei Boote verfügte, war ein Widerspruch in sich. Andererseits mussten fünfhundert Jahre eigenständiger Entwicklung in einer isolierten Umgebung zwangsläufig neue Gesellschaftsformen hervorbringen. Sie würden mehr erfahren, wenn sie erst Kontakt zu den Eingeborenen aufgenommen hatten.
    Matt öffnete seinen Rucksack und holte den Colt Python hervor. Er hatte ihn in ölgetränkten Tüchern aufbewahrt, um ihn gegen das Salzwasser zu schützen. Sorgfältig begutachtete er die Waffe. Vielleicht würde er sie bald benötigen – auch wenn ihm sehr an einer friedlichen Begegnung gelegen war.
    »Man hätte unser Floß längst sehen müssen«, sagte Aruula misstrauisch. »Findest du es nicht merkwürdig, dass sich niemand um uns kümmert?« Sie zog ihr Schwert aus der Rückenkralle und ließ es ein paar Mal durch die Luft pfeifen.
    »Hast du zu lauschen versucht?«
    »Ja. Es sind Menschen hier, aber zu weit entfernt, um ihre Gedanken zu erfassen; ich kann ihre Anwesenheit nur vage spüren. Irgendwie… ähneln sie dir.«
    »Mir?!«
    »Wie soll ich das erklären…? Wenn Gedanken einen Geruch hätten, dann würde ich sagen, sie riechen ähnlich wie deine. Jedenfalls anders als die von Barbaren oder Mutanten.«
    Erregung packte Matt. Menschen, wie er einer war? War dies vielleicht der Vorposten einer hochzivilisierten Gesellschaft? Hatte sich – ausgerechnet am Südpol, der unwirtlichsten Gegend der Erde des 21. Jahrhunderts – eine Kultur entwickelt, die mit jener vergleichbar war, die er vor neun Jahren verlassen hatte?
    Und wenn ja – warum war das so? Hatte es während der letzten fünfhundert Jahre im ewigen Eis der Antarktis andere Rahmenbedingungen gegeben als im Rest der Welt? Waren hier vielleicht weniger Daa’muren-Kristalle niedergegangen als auf dem nordamerikanischen und dem eurasischen Kontinent? Bereits in Afrika und Australien hatte er weit weniger Beeinflussung bei den Menschen registriert als auf seinen Reisen durch Euree und Meeraka. Südlich des Äquators schien die Synapsenblockade, jene teuflische Wirkung, die die Kristalle ausgelöst hatten, in geringerem Ausmaß vorhanden zu sein. War die Antarktis gänzlich davon verschont geblieben?
    Nun – das würde sich klären. Vorerst wollte er sich keine weiteren Gedanken darüber machen. Er genoss den Augenblick, die Vorfreude. Bei aller Liebe zu Aruula und all den anderen Freunden, die er im Hier und Jetzt gefunden hatte – es wäre schön, sich endlich einmal wieder mit jemandem unterhalten zu können, der seinem zivilisatorischen Lebensstandard entsprach.
    »Links des

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