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236 - Gestrandet

236 - Gestrandet

Titel: 236 - Gestrandet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn und Christian Schwarz
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Tätigkeit wäre so geheim, dass er selbst nicht wüsste, was er tat.
    All das wollte Mandy gar nicht wissen. Kenner sah ihr an, dass sie wissen wollte, wie er im Bett war. Nach dem Wein gingen sie in ein Lokal und tanzten. Mandy war anschmiegsam. Kenner vergaß Luana schnell. Sie war gegangen, weil sie nicht mehr hinter ihm her reisen wollte. Sie konnten sich immer nur treffen, wenn die VENGEANCE irgendwo anlegte. Luana wollte an einem Ort wohnen. Sie wollte ein Haus und Kinder haben. Sie hielt Kenner für einen normalen Marineoffizier. Sie hatte keine Ahnung von seiner Gabe und wusste nicht, dass er weit mehr war, dass er nicht so einfach aussteigen konnte.
    Mandy war mehr als anschmiegsam. Bald küsste sie Kenner. Angesichts der vielen Menschen auf der Tanzfläche fiel es nicht weiter auf. Schließlich rieb sie sich so unmissverständlich an ihm, dass er dachte: Scheiß auf Kranz und scheiß auf Schleier. Wieso war er überhaupt auf eine Spießerin wie Luana hereingefallen?
    Um Mitternacht war er so gut gelaunt, dass er Mandys Angebot annahm, auf einen Absacker mit zu ihr nach Hause zu kommen. Von der Fahrt bekam er nichts mit: Sobald das Taxi abfuhr, stürzte Mandy sich auf ihn. Sie verbrachten einige Minuten mit leidenschaftlichem Geknutsche und Gefummel. Beim Betreten von Mandys Haus war Kenner so erhitzt, dass er gleich hinter der Tür weitermachen wollte.
    Doch Mandy entzog sich ihm und löste sich in Luft auf.
    Bob Kenner fühlte sich von mehreren Seiten gepackt und hörte mehrere Personen atmen. Panik erfasste ihn. Bevor er etwas sagen konnte, drückte jemand einen merkwürdig riechenden Lappen auf sein Gesicht.
    Ihm schwanden die Sinne.
    Als er wieder zu sich kam, dachte er: Reingelegt. Und: Du Blödian. Er lag auf dem Rücken. In einem stockdunklen Raum. Nein. Seine Augen waren verbunden. Seine Hände waren an irgendetwas gefesselt. Eine Pritsche?
    Kenners Herz pochte heftig. Sein Kopf tat weh. Dennoch konnte er sich nicht erinnern, dass ihn jemand geschlagen hatte. War er gefallen? Hatte er sich am Kopf verletzt?
    Wieso waren seine Augen verbunden? Hatte Mandy ihn in eine Falle gelockt oder war auch sie ein Opfer dieser Leute? Mit wem hatte er es zu tun? Mit Kriminellen?
    Wohl kaum. Kriminelle hätten ihn beraubt und dann in irgendeiner Gasse abgelegt.
    Vielleicht hätten sie ihn auch getötet…
    Man hatte ihm die Augen verbunden, weil er nicht sehen sollte, in wessen Gewalt er sich befand.
    Dies bedeutete, dass er nicht von vornherein als Leiche einkalkuliert war. Es gab Hoffnung. Man hatte ihn entführt. Verlangte man Lösegeld? Wer hatte ihn entführt? Gewöhnliche Kriminelle oder…?
    Kenner brach der Schweiß aus. Wenn Terroristen ihn geschnappt hatten, standen seine Chancen schlecht, denn die US Navy war nicht die Heilsarmee. »Ein Soldat«, hatte er in West Point gelernt, »muss täglich mit seinem Tod rechnen.«
    Die USA würden sich nicht erpressen lassen.
    Kenner bedauerte zum ersten Mal, dass er keinen deutschen Pass mehr hatte. Mit einem deutschen Pass hätte seine Lage besser ausgesehen: Die Deutschen zahlten auch für die dämlichen Schrate, die alle Warnungen ihres Außenministeriums ignorierten und sich selbst in Gefahr brachten. Sie blechten vermutlich auch für die, die sich das Lösegeld später mit ihren »Entführern« teilten.
    Dann hörte er Mandy sagen: »Er hat vier Tage Urlaub. Ist sein Kopf bis dahin wieder heil?«
    Sie sprach Deutsch. Nun freute Kenner sich, dass er ihr nichts von seiner Kindheit in Hagen erzählt hatte. Seine Hautfarbe tat ein Übriges: Natürlich nahmen seine Entführer an, dass der doofe Ami keine Fremdsprachen beherrschte.
    »Aber kloar.« Eine nasale Männerstimme. Norddeutscher Tonfall.
    Kenner fragte sich verdutzt: Wer sind die?
    »Wir können ihn morgen früh laufen lassen.« Eine andere Stimme. Sie brabbelte mysteriöses Zeug über Parasiten und die wunderbaren Chancen, die die Nanotechnik Allahs Kriegern eröffnete. Bob Kenner registrierte einen weiteren Akzent, konnte ihn aber nicht zuordnen: »Isch«, »misch«, »disch« und »nisch« sagte man in Hessen und im Rheinland an jeder zweiten Ecke. Schließlich verlieh der Sprecher mit dem norddeutschen Tonfall seiner Hoffnung Ausdruck, die Wunderwaffe möge einen Weltenbrand entfachen, an dessen Ende alle »amerikanischen Teufel« in der Hölle schmorten. Dann endlich konnten die Krieger Allahs aus der Erde eine Gotteswelt machen.
    Der Mann klang so borniert, dass sich jeder Muslim vor ihm

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