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2366 - Unter dem Kristallgitter

Titel: 2366 - Unter dem Kristallgitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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irrlichternden Schein der Fackeln sah ich Gestalten, die dem Zentrum des Dorfes zurannten. Alle Bewohner - ihren Silhouetten nach handelte es sich um Lemurerabkömmlinge - schienen auf den Beinen.
    Ich wartete, bis sich die Straßen und Gassen leerten, dann huschte ich weiter.
    Der Lichtschein wies mir den Weg. Als ich ungefähr die Hälfte der Strecke bis ins Zentrum zurückgelegt hatte, zeigte ein allgemeiner Aufschrei eine Veränderung an.
    Ich rannte schneller. Der Lärm nahm zu.
    Das Schreien veränderte sich nach und nach zu einem schrillen Kreischen.
    Hunderte von Stimmen brüllten etwas, das ich nicht verstand. Das Schlagen von Holz beschleunigte, mündete in einen stakkatoähnlichen Wirbel wie bei einem Schlagzeug.
    Was tun diese Verrückten da?
    Ich erreichte den Dorfplatz mit dem Rundbau in der Mitte, Die Menge umringte etwas, das ich nicht sehen konnte. Zu viele Köpfe versperrten mir die Sicht. Die Lemurer trügen ohne Ausnahme Waffen in den Händen, Knüppel, Stangen aus Holz oder Eisen, Tischbeine und überhaupt alles, was sich als Schlagwerkzeug benutzen ließ.' Sie drängten sich auf dem Platz, jeder wollte nach vorn. Es kam zu Verletzungen, ich sah blutende Gesichter.
    In dem Gewimmel fiel es nicht auf, dass ich mich ebenfalls nach vorn drängte, die Aufmerksamkeit aber mehr auf den Werkzeugen in ihren Händen als auf dem Geschehen in der Mitte des Platzes. Ich stieß und drängte, setzte die Ellenbogen und die Stiefelspitzen ein. Mein Anzug dämpfte Püffe der Umstehenden, während ich die Hände frei hatte, um großzügig auszuteilen. Nur widerwillig wich die Menge zur Seite und ließ mich durch.
    Ich sah etwas Rotes leuchten, ein erstes, kurzes Aufblitzen zwischen den Leibern der wütenden Menge. Es sah aus wie frisches Blut. Also doch ein Raubtier, das sich ins Dorf geschlichen und vielleicht sogar Bewohner angefallen hatte.
    Endlich erreichte ich die vordersten Reihen. Sie standen um einen Koloss herum, der reglos am Boden lag, einen Arm über den Augen. Er war dreieinhalb Meter lang mit vier Armen wie die Mograks. Das Opfer war ein Haluter, nicht Icho Tolot, den hätte ich sofort erkannt. Er rührte sich nicht, hatte seinen Körper vermutlich verhärtet, um sich zu schützen.
    Die Lemurer prügelten wie von Sinnen auf den leblosen Block ein, ohne etwas zu erreichen. In ihrem Zorn begriffen sie es nicht, oder das Wissen über den Metabolismus der Riesen war auf Anghur Al-Tare verloren gegangen.
    Eines aber schien sich ihnen über Jahrzehntausende hinweg eingeprägt zu haben. Die schwarzen Riesen mit den vier Armen waren Bestien, die Angstgegner des Tamaniums und des gesamten lemurischen Volkes.
    Ich handelte, ohne lange zu überlegen. Ich fing an zu schreien. Als das nichts nützte, lachte ich lauthals. Es irritierte die Ersten.
    Sie hielten inne und wandten sich um. Ich entriss ihnen die Stöcke und schleuderte sie davon, über die Köpfe der Menge hinweg. „Ihr könnt ihm nichts anhaben!", schrie ich sie an. „Kapiert ihr das nicht?"
    In ihrer Wut schienen sie nicht nur blind, sondern auch taub. Sie wandten sich wieder ihrem Opfer zu, aber da drängten andere nach und schoben sie einfach davon.
    Ich beschloss, den Drang der Nachrückenden zu nutzen, und drängte die aus den vordersten Reihen ab. Ich benutzte wieder die Ellenbogen, entrang einem den Knüppel und dem Nächsten die Eisenstange.
    Die Lemurer stolperten übereinander, behinderten sich gegenseitig. Unmittelbar um den liegenden Haluter herum verstummten die Schreie der Wut und Gier. Die Gesichter schwenkten herum, die Männer und Frauen wandten sich mir zu.
    Als Zielobjekt bot ich längst keine so große Fläche wie der Haluter. Die meisten Schläge gingen daneben.
    In ihrer Raserei behinderten sich die Lemurer noch stärker gegenseitig. Ich entdeckte eine der gefährlicheren Waffen in den Händen einer Frau, die in der dritten Reihe stand. Sie hielt eine Mistgabel in der Hand, die Zinken nach oben gerichtet. Ich entriss ihr die Waffe und drang zum Schein auf die Angreifer ein. Ein paar erkannten die Gefahr und suchten das Weite. Andere drängten nach. Sie erkannten den Ernst der Lage nicht, schlugen auf mich ein.
    Ein Kribbeln an meinen Füßen ließ mich zurückweichen. Ich wandte mich dem Haluter zu. Von der Seite her huschte eine Art elektrostatische Aufladung über den Boden. Sie stammte nicht von ihm, sondern lief von rechts her dem Zentrum des Platzes zu. Dort, wo sie sich ausbreitete, zitterten die Grashalme und Blätter

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