237 - Die Welt in der Tiefe
Lilly Rayna berichteten, die »ihr Id auf Reisen gehen lassen konnte«. Da es sich lediglich um Stichworte handelte, die Clark aus anderen Aufzeichnungen abgeschrieben haben musste, wurde Matt nicht richtig schlau daraus. So viel verstand er immerhin, dass diese Lilly Rayna nach Point Ellsworth gekommen war, um einen Verräter aufzuspüren, den die »Regierung der Ur-Väter« dort vermutete. Die amerikanische Regierung also?
Was zum Teufel ist ein Id?, grübelte Matt. Hm, sie hat sich mit einem Bob Kenner zusammengetan, steht hier. Moment mal, Kenner… Kenner, das hab ich doch schon mal … ah ja, Darnell sagte, dass er in direkter Linie von den Kenners abstammt. Was ist damals hier wohl passiert? Lilly Rayna hat sich gegen den Clark gewehrt und ist verschwunden. Und Kenner?
Matts Gedanken begannen sich zu verwirren. Es war schon spät, und er hatte den ganzen Tag lang Informationen gesammelt, die jetzt in seinem Kopf herumschwirrten. Weiter kam er wohl nur, wenn er die Originalaufzeichnungen fand, die Clark für seine Notizen benutzt hat…
Aber danach suchte er an diesem Tag nicht mehr. Müde ging er in ihr gemeinsames Zimmer zurück. Das schlechte Gewissen plagte ihn, denn ihm war klar, dass er Aruula ziemlich vernachlässigte.
Er fand sie im Badezimmer, wo sie, vor dem großen Wandspiegel sitzend, gerade ihre Körperbemalung nachzog. Er trat hinter sie, legte seine Hände auf ihre Schultern und lächelte. »Entschuldige, dass es wieder so spät geworden ist. Aber wenn ich dem Clark nicht bald Ergebnisse präsentiere…«
»Finger weg, du verschmierst die Farben, bevor sie eingezogen sind!«, zischte Aruula.
Matt zuckte zurück und hob beide Arme. »Ist ja gut, entschuldige. Soll ich uns in der Küche noch etwas zu essen bestellen? Der Clark war heute drei Mal bei mir, um sich nach Fortschritten zu erkundigen, und sagte mir, dass wir seine Köche jederzeit belästigen können.«
»Ich hab schon gegessen. Heute allein. Und wenn’s dich interessiert, Maddrax, gestern Abend hat Adolfo mich zum Essen eingeladen. In den Saloon.«
»Oh, ihr redet euch schon mit den Vornamen an?«
Sie funkelte ihn an. »Bist du eifersüchtig, Maddrax? Das mag ich. Dann denkst du wenigstens an mich.«
Matt setzte seine Unschuldsmiene auf. »Ich denke immer an dich, das weißt du«, verteidigte er sich. »Auch wenn wir mal ein paar Tage nicht gemeinsam verbringen können.«
»Darin haben wir ja Übung, nicht wahr?«
»Komm, das ist nicht fair.« Ihre Bemerkung versetzte ihm einen Stich. Zu lange waren sie getrennt gewesen. Und ja, verdammt, er hätte sich gerade jetzt intensiver um sie kümmern sollen. Aber er hatte die Hoffnung, mit seinen Recherchen auf die Spur des Flächenräumers zu kommen, und deswegen waren sie schließlich hier, oder?
»Jetzt muss ich mich wieder auf die heiligen Linien konzentrieren. Entschuldige mich.« Damit war das Gespräch für Aruula beendet. Sie setzte ihre Beschäftigung fort.
Matt ging ins Schlafzimmer zurück und versuchte die Sache von der positiven Seite zu sehen. Was war schon dabei, wenn Aruula mit Darnell zum Essen ging? Nichts. Der Unter-Clark war gewiss nicht ihr Typ, so wie sie die Clarkisten allgemein nicht leiden konnte.
Matt spürte den Hunger in seinen Eingeweiden und entschied sich, noch etwas zu essen. Er machte einen Abstecher in die Küche, wo noch reger Betrieb herrschte, und nahm sich Biotief-Salat und ein Stück kalten Braten mit.
Aruula war noch immer mit ihrer Körperbemalung zugange. Matthew setzte sich aufs Bett und öffnete die Box, in die er das Essen gepackt hatte. Der Verschluss klemmte, sie glitt ihm aus den Fingern, prallte zu Boden und sprang auf. Der Braten rollte unter das Bett.
»Verdammt!« Matt hatte nicht vorgehabt, vom Boden zu essen. Er ließ sich auf die Knie nieder und lugte unter das Bett.
»Nanu? Was ist denn das?« Er bückte sich noch tiefer, streckte den Arm aus und angelte ein Gewehr unter dem Bett hervor. Ratlos schaute er auf die magazinlose Kalaschnikow. Es schien eine von jenen Waffen zu sein, mit denen ihnen die Flucht aus Georgshütte geglückt war. Aber das konnte täuschen.
Matt trat mit dem Gewehr hinter Aruula.
»Was hast du vor?«, fragte sie. »Wen willst du erschießen: mich oder Adolfo?«
»Quatsch. Hast du das geholt?«
Aruula schaute ihn im Spiegel an. »Ich? Wie kommst du darauf? Natürlich nicht. Du weißt doch, dass ich mit Gewehren nichts anfangen kann.«
»Hm. Es lag unter dem Bett. Aber vielleicht lag es da auch
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