237 - Die Welt in der Tiefe
vorher schon.«
Aruula schüttelte den Kopf. »Nein, da lag nichts. Du weißt, dass ich meine Nachtlager immer ganz genau untersuche, bevor ich mich schlafen lege.«
Matt war das Ganze völlig rätselhaft. Er beschloss, das Gewehr wieder unters Bett zu schieben und zu beobachten, ob jemand kam, um es zu holen. Dann hob er den Braten auf, wischte die Flecken notdürftig weg und schnitt sich einige Scheiben ab.
Nachdem Aruula fertig war, kam sie, vom Bratenduft angelockt, ebenfalls ins Zimmer. Sie schien wieder ganz entspannt zu sein, erwähnte das Gewehr aber mit keinem Wort. Auch nicht, als sie vor dem Schlafengehen wie üblich unters Bett sah und es dort unmöglich übersehen konnte.
Matt blieb lange wach. Aruula neben ihm atmete regelmäßig. Sonst passierte nichts,
Am nächsten Morgen erkundigte er sich bei Darnell, ob jemand eine Kalaschnikow aus der Waffenkammer geholt habe. Zu seinem Erstaunen erfuhr er, dass es Aruula gewesen sei. »Sie wollte das Gewehr unbedingt haben. Der Waffenwärter hat es ihr ausgehändigt und mich dann informiert. Warum fragen Sie, Commander? Stimmt etwas nicht?«
»Doch, alles in Ordnung«, wiegelte Matt ab. »Aruula kommt manchmal auf seltsame Ideen.« Zum Beispiel, mit dir essen zu gehen…
***
Adrian Breaux drückte sich das M 16 an die Brust und atmete tief durch. Sein Blick schweifte über das Biotief-Feld hinweg zum nahen Dschungel, der sich einen flachen Hang empor zog. Dahinter erhoben sich bereits die schroffen Deary-Felsen. Hoch in der Luft kreisten die Ravens, aber von denen ging keinerlei Gefahr für die Menschen aus.
Einen Unerfahrenen hätten die huschenden Schatten zwischen dem sieben Meter hohen Gestrüpp und den Bäumen erschreckt. Breaux wusste, dass das lediglich Effekte der seltsamen Lichtverhältnisse hier unten waren. Auch die Tierwelt tat sich heute nicht mit außergewöhnlichen Geräuschen hervor. Hargrove und Figueroa waren in Sichtweite, die Dearys konnten den Ring nicht durchbrechen. Nicht an dieser Stelle jedenfalls. Das Erntekommando, das in etwa fünfzig Metern Entfernung die Erntemaschine bediente, war optimal abgesichert.
Der fünfundvierzigjährige Adrian Breaux hatte sich an seinen Job gewöhnt. Es gab Zeiten, da wäre er liebend gerne zu einer Marinas-Einheit gegangen, um Terroristen zu jagen. Aber dann hatte ihm einer der verdammten Dearys eine schwere Wunde an der Hüfte zugefügt.
Aus der Traum!
Doch die Arbeit als Erntewächter war nicht weniger verantwortungsvoll und gefährlich, denn die Dearys verschmähten Menschenfleisch nicht. Manchmal überkam Breaux der Eindruck, als würden es die Viecher sogar gezielt darauf anlegen, Menschen zu jagen. Er selbst war bereits in fünf schwerere Auseinandersetzungen mit Dearys verwickelt gewesen, hatte sie aber alle siegreich bestanden. So unvorsichtig wie beim ersten Mal verhielt er sich seitdem nicht mehr.
Die mörderischen Tiere waren angeblich nach dem Ausruf des ersten Clarks benannt worden, als dieser sie zu Gesicht bekommen hatte. »Oh, dear!«, sollte er ob deren unglaublicher Sprungkraft gerufen haben. Und noch etwas war einmalig an den Dearys. Sie entwickelten beim Brutgeschäft um die achtzig Grad Celsius unter ihrem Körper. Denn der Nachwuchs konnte nur bei dieser extremen Hitze schlüpfen.
Die zweite, ungleich größere Gefahr bildeten die verdammten Weißwürmer. Sie konnten unversehens direkt unter einem aus der Erde schießen wie eine Rakete, die eine Mauer durchbrach. Dann blieb dem Opfer nur noch eine geringe Überlebenschance. Breaux hatte bereits drei Männer auf diese Weise sterben sehen. Und da die Würmer die Biotief-Felder deutlich öfter heimsuchten als andere Landstriche hier unten, brachte der Job als Erntewächter 153 zusätzliche Punkte auf der Tauschkarte.
Breaux gähnte. Die Lichtverhältnisse im Sanktuarium blieben immer gleich. Trotzdem hatte sich sein Körper einen Tag- und Nachtrhythmus angewöhnt. Jetzt war es später Vormittag und um diese Zeit wurde er immer ein wenig müde.
Mit einem Schlag war die Müdigkeit weggeblasen. Breaux runzelte die Stirn, beschattete die Augen, um besser sehen zu können. Bewegte sich da drüben am Dschungelrand nicht etwas?
Ja, kein Zweifel. Jemand ging dort entlang! Der Erntewächter hob sein Nachtsichtglas an die Augen. »Das gibt’s doch nicht«, murmelte er. »Eine Frau. Ist die denn lebensmüde?«
Die schwarzhaarige Frau in Jeans und gelber Bluse bewegte sich zögernd, als wisse sie nicht recht wohin. »He,
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