2382 - Der refaktive Sprung
Rhodan, ich spüre, wie deine Geduld und Aufmerksamkeit schwindet.
Ich könnte dir noch so viel berichten...
Aber zum einen bleibt dafür keine Zeit.
Der refaktive Sprung strebt seinem Höhepunkt entgegen, und du wirst ihn nicht verpassen wollen. Zum anderen ist deine Aufnahmefähigkeit begrenzt.
Und zum Dritten ... wie lange würde ich brauchen, um dir zu berichten, was ich in fünfzig Millionen Jahren erlebt habe?
Vieles davon habe ich schon vergessen, Rhodan, und manches ist einfach nicht für deine Ohren bestimmt.
Also fasse ich mich kurz und spreche nur noch über das, was du unbedingt wissen musst.
Als der Feldzug um die Negasphäre Hangay begann, war es den linientreuen Dunklen Ermittlern noch nicht gelungen, Licht in die geheimnisvollen Aktivitäten der Rebellen zu bringen. Die Abweichler schienen genau zu wissen, wem sie vertrauen konnten und wem nicht, und Bikschun und ich gehörten offensichtlich nicht dazu.
Ich befürchte, ihr Instinkt hat sie nicht getrogen. Bikschun hätte sie wohl sofort verraten, hätten sie sich an ihn gewandt und ihn aufgefordert, sich ihnen anzuschließen. Wie gesagt, die Quanten der Finsternis kennen nicht die moralischen Kriterien organischer Intelligenz.
Bikschun und ich wurden dem Feldzug zugeteilt und in einer uns unbekannten Galaxis eingesetzt. Ja, du vermutest richtig, Rhodan, in einer Galaxis namens Milchstraße. Wir sollten eine sehr spezifische Aufgabe erfüllen. In der Sonne eines der bedeutendsten Systeme der Milchstraße, des Solsystems, befand sich die Leiche einer Superintelligenz namens ARCHETIM, und wir sollten erkunden, was es mit ihr auf sich hatte und ob sie eventuell eine Gefährdung für das geplante Vorgehen TRAITORS darstellen könnte.
Eine Mission von unerwarteter Brisanz, wie wir schnell herausfinden mussten.
Denn die Energieform, die in der Sonne Sol auf uns wartete, war möglicherweise geeignet, die Symbiose zwischen Bikschun und mir zu sprengen.
ARCHETIM konnte uns gefährlich werden.
Ich erkannte die Gefahr sehr genau. Doch Bikschun achtete nicht auf meine Warnungen. Frag mich nicht, warum. Nach fünfzig Millionen Jahren hätte er es besser wissen müssen.
Doch vielleicht erhoffte mein Eigner sich einen besonderen Lohn, wenn er mit Ergebnissen zur Terminalen Kolonne zurückkehrte, statt sich dort neue Anweisungen zu holen. Vielleicht hatte er sich die Missionen TRAITORS mittlerweile nur schlicht und einfach in einem Ausmaß zu eigen gemacht, für das ich kein Verständnis aufbringen konnte.
Denn ich war ja zufrieden; ich hatte meinen Eigner und konnte dienen, während er noch immer auf seine Erlösung wartete.
Ich warnte Bikschun eindringlich, mehr als einmal, mahnte zur Vorsicht und versuchte mein Möglichstes, das Quant der Finsternis zur Abkehr zu überreden oder zumindest dazu, sicheren Abstand von ARCHETIM zu halten.
Doch Bikschun schlug alle Warnungen in den Wind und wagte den Vorbeiflug.
Zuerst geschah nichts, doch als es dann geschah, konnten weder er noch ich etwas dagegen unternehmen. In dem Moment, in dem wir auf unserer Flugbahn durch die Sonne ARCHETIM am nächsten kamen, wurde Bikschun gewaltsam aus der Symbiose mit mir gesprengt.
Ich war völlig machtlos. Er wurde mit einer Vehemenz ausgestoßen, die ihn durch Raum und Zeit davonwirbelte. Im selben Augenblick wurde mir klar, dass Ich meinen Eigner niemals wiederfinden würde.
Das, was ich fünfzig Millionen Jahre lang befürchtet hatte, war nun eingetreten.
Ich war wieder allein. Vakant.
*
Ich brauchte eine Weile, um den Schock zu überwinden. Zuerst verspürte ich Mitleid für Bikschun. Er hatte unsere Zweisamkeit aufs Spiel gesetzt, um den Interessen TRAITORS zu dienen. Doch im Augenblick der Trennung hatte die Terminale Kolonne jede Bedeutung für ihn verloren. Denn das uralte Angebot Twarion Urucs, den Quanten der Finsternis einst Erlösung zu bringen, galt allein für jene, die Xrayn dienten - in einem Quell-Klipper, als Dunkle Ermittler.
Diese Voraussetzung galt für Bikschun nun nicht mehr.
Nun war er wieder schutzlos dem für ihn so schrecklichen, lebensfeindlichen Universum ausgeliefert, und ihm blieb nichts anderes übrig, als nach dem kosmischen Leuchtfeuer M'ZATIL zu suchen und darauf zu hoffen, erneut als Eigner akzeptiert zu werden, sobald ein vakanter Klipper ebenfalls dorthin zurückkehrte. Ein schier aussichtsloses Unterfangen, bei der Vielzahl der Quanten, die sich schon dort befinden und auf genau dieselbe Chance warten.
Aber mein
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