2383 - Avatare ESCHERS
unterlaufen. Dann wäre seine Erinnerung so in mir verankert gewesen, als wäre sie ein Teil von mir, ein Teil des jetzigen Soopa.
Niemals hätte ich dann gezweifelt!
So aber reagierte die Gestalt, die ich angenommen hatte, selbstständig. Sie wurde immer gereizter, bärbeißiger, irrationaler. So erging es mir auch Torzitt gegenüber.
Der alte Soopa war ein väterlicher Freund für Torzitt und für Piston-Whill, ein seltsam nobler und seltener Charakterzug.
Aber auf diese Weise erfuhr ich, dass Torzitt beträchtliche Probleme hatte. Sie hatten mit seiner Herkunft zu tun, dem Gefühl, nicht anerkannt zu werden. Von niemandem. Und das suchte er zu ändern – ein wunderbarer Punkt zum Einhaken.
Aber ein Spion musste unauffällig bleiben.
Und was hatte ich getan? Ich hatte mich anders verhalten. Ich hatte alles darangesetzt, auf schnellstem Wege enttarnt zu werden.
Wenigstens gelang es mir, meine Mitarbeiter zu finden, die Daerba meiner Familie, die nichts von meinen Assimilationsproblemen wussten und die ich anleiten sollte. Sie waren länger auf Luna als ich und hatten von ihrem ersten Kalbaron eingesetzt werden können, ehe es ihn traf.
Meine Aufgabe war die Übernahme des Koda-Netzes. Ich sollte mit allen dreien in Verbindung treten und den Überbau leisten, die Informationen bündeln und an TRAITOR weiterleiten, sobald ich dazu eine technische Möglichkeit gefunden hatte. Verfluchter TERRANOVA-Schirm!
Das klappte auch alles sehr gut, wären nicht diese Veränderungen in mir gewesen.
Sie halten noch an, ich kann es spüren.
Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie mich den Hals kosten. Vielleicht war es eben das, was den ersten Kalbaron das Leben kostete.
Sie gefährden meine Tarnung, und wenn meine Tarnung gefährdet ist, dann auch die meiner Daerba. Unsere gesamte Mission steht auf dem Spiel.
Ich muss die Assimilation wieder in den Griff bekommen und Soopas Psyche stärken. Schluss mit der Gereiztheit, den Intrigen, der Sinnessucht. Ich muss der alte Soopa werden.
TRAITOR vertraut auf mich! Ich darf die Kolonne nicht enttäuschen!
*
Allein mit seinen Gedanken im Grünschimmer der Kabine, fragte Piston-Whill sich, ob er Soopas Vorschlag aufgreifen und sich an NATHAN wenden sollte. Die Affäre wuchs ihm über den Kopf.
Er war in einen Spionagefall verstrickt!
Piston-Whill fuhr sich über den Mund.
Sollte er Sarah aufsuchen? Er wagte es nicht. Etwas hielt ihn davon ab, ohne dass er gewusst hätte, was es war. Ein Instinkt, den er selbst nicht verstand.
Warum? Sie war ... alles, was er noch hatte, nachdem Soopa nicht mehr Soopa war.
Aber genau das hielt ihn davon ab, zu ihr zu gehen. Die Größenordnung, in der sich alles abspielte, war eine andere geworden, und bevor er jetzt etwas tat, wollte er erst eins und eins zusammenzählen, gründlich und definitiv.
Er durfte Sarah nicht in Gefahr bringen!
Der Logistiker zögerte nicht länger. Er stellte die Frage in den Raum, buchstäblich, wandte sich mit der Bitte an seinen Kabinenservo, ihn zu NATHAN durchzustellen, und es dauerte gar nicht lange, bis er Antwort bekam. „Was kann ich für dich tun, Gandyke Piston-Whill?", erkundigte sich die sonore Stimme des Mondgehirns.
Er ruckte hoch. Er spürte, wie sein Herz heftig schlug, als er seine Erlebnisse schilderte. NATHAN ließ ihn ausreden, trotz des Stotterns und der Wiederholungen, und nach einer guten Viertelstunde, in der er detailliert alles ausbreitete, was sich zugetragen hatte, sank Piston-Whill ermattet auf seinen Lieblingssessel zurück.
Eine Weile herrschte Stille, dann sagte die Stimme der Positronik: „Ich danke dir für deine Offenheit, Gandyke. Ein spezielles Kommando wird sich der Sache annehmen. Du hast uns sehr geholfen."
„Und die beiden Container?"
„Das ist der einzige Punkt, an dem ich dich enttäuschen muss. Ich selbst habe die beiden Container auf den falschen Weg geschickt, und das tat ich, um dich auf die Probe zu stellen - dich und deine ganze Abteilung."
Piston-Whill richtete sich jäh wieder auf.
Sein Blick suchte in dem funkelnden Grünschimmer einen Halt, ein Gegenüber, als er sagte: „Du hast mich zum Spielball gemacht?"
„Das wäre die falsche Sichtweise", antwortete NATHAN ein wenig gekränkt. „Als ich erfuhr, dass sich Spione auf Luna aufhalten, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie das Frachtzentrum oder die Logistische Abteilung observieren oder sich dort einnisten. Das sind Nadelöhre der Information. Welche Waren auch immer hier
Weitere Kostenlose Bücher