239 - An der Pforte des Hades
die Waffe wieder eingefallen, die ihnen Darnell beim Abschied überlassen hatte.
Aruula lehnte sich gegen den Schlitten, schloss die Augen und genoss die Strahlen der Sonne auf ihrer Haut. Die letzten Tage und Nächte in Chachos Höhle hatte sie sich sicher und geborgen gefühlt wie schon lange nicht mehr. Was der Einsiedler ihr über die Pachachaos erzählt hatte, erinnerte sie an ihre eigene Herkunft und ihr Volk von den Dreizehn Inseln. Ihre Erinnerungen waren weniger mit Wehmut, als mit Freude und Stolz verbunden. Sie weckten in ihr eine tiefe Sehnsucht nach ihrer einstigen Heimat. Ob sie die Inseln jemals wieder sehen würde?
Gemeinsam mit Maddrax, das wäre schön. Bei diesem Gedanken glitt ein Lächeln über das Gesicht der Kriegerin. Doch es verschwand augenblicklich, als sie daran dachte, was in den nächsten Tagen vor ihnen lag. Sie zog den Fellmantel fester um ihren Körper und lief in die Höhle zurück.
Als sie den Eingang erreicht hatte, hörte sie aufgeregtes Knacken und Schnalzen. Es kam aus der Badegrotte, in der die beiden Hydriten die Nacht verbracht hatten. Aruula stutze. Sie war sich sicher, dass die Laute in der Hydritensprache nicht alleine von Agat’ol kamen. Hatte Kor’nak plötzlich seine Stimme wieder gefunden? Heute Morgen war er noch stumm wie ein Fisch.
Leise näherte sie sich der Grotte und hörte nun ganz klar, das es zwei Stimmen waren… die offensichtlich miteinander stritten. Gab es Unstimmigkeiten zwischen den beiden Hydriten?
Aruula ging in die Hocke und lauschte. Doch es war wie immer, wenn sie versuchte, in die Gedanken dieser fremden Rasse vorzudringen: als ob ihre Sinne an einer schwarzen Mauer abprallten. Wenn ein Hydrit seinen Geist nicht freiwillig öffnete, blieb er ihr verschlossen. Sie versuchte es noch einige Male und gab schließlich auf.
Agat’ol und Kor’nak bemerkten weder Aruula vor dem Grotteneingang, noch war ihnen bewusst, dass ihre Stimmen immer lauter wurden. »Selbstverständlich wird keiner der Lungenatmer am Leben bleiben. Nur wirst du warten müssen, bis wir die Anlage erreicht haben.«
»Ich sage es dir jetzt ein letztes Mal: Ich habe keine Lust mehr, den guten Hydriten zu geben. Lass sie uns heute erledigen, den Blonden und die Barbarin. Dann schnappen wir uns den bärtigen Oberflächenkriecher und lassen uns von ihm zum Flächenräumer bringen.«
Agat’ol verdrehte die Augen. »Wie willst du sie denn erledigen? Mit bloßen Händen? Und was ist mit dem Sebezaan? Meinst du, er wird dir deine Flossenhand lecken, während du seinen Herrn entführst?« Im nächsten Augenblick bereute er seine Worte. Ein grässlicher Schmerz fuhr durch seinen Kopf.
»Ich mag meinen Blitzstab verloren haben, ich mag ein paar meiner Flossenfinger verloren haben, aber meine Fähigkeit, dich zu quälen, besitze ich noch. Also pass auf, wie du mit mir redest!«, klackte der Drachenmeister wütend.
Der Hydrit sackte auf seine Knie und mimte den Unterwürfigen. Als Kor’nak von ihm abließ, beschwor Agat’ol ihn wieder, solange durchzuhalten, bis sie die Anlage erreicht hatten.
»Also gut«, zischte der Drachenmeister. »Doch wenn sich die Gelegenheit bietet, an eine ihrer Waffen zu kommen, erledigen wir sie vorher.« Ein böses Lächeln glitt über sein Gesicht. »Am liebsten wäre mir die Pistole aus dem Holster des Blonden. Kein großer Kraftaufwand und alle drei Probleme wären aus der Welt.«
Agat’ol nickte zähneknirschend. Dabei dachte er an den Blitzstab, den er verborgen unter seinem Brustpanzer trug. Unbemerkt von Kor’nak, hatte Maddrax ihm die Waffe gestern zurückgegeben. Am Ende werde ich der letzte Überlebende sein.
***
Am ersten Tag ihrer Reise zog der Sebezaan den Schlitten über die Landzunge, die Binnensee und Ozean voneinander trennte. Hier gab es kaum Vegetation.
Der Boden war mit Schnee und Eis bedeckt, das der Blizzard hinterlassen hatte. An den Klippen und Hängen der Gestade tummelten sich Robben und Seevögel, bei deren Anblick den beiden Mar’os-Anhängern das Wasser im Munde zusammenlief.
Zwischendurch musste Chacho immer wieder die Räder seines Schlittens ausfahren, um schneefreie Fläche zu überwinden. Dann wieder zogen sie an dunklen Baumgruppen und an Feldern aus Schotter und Fels vorbei. Sie überquerten zerklüfteten Boden und umfuhren gefrorene Tümpel und Spalten. Schließlich erreichten sie am späten Abend die Grenze zur Eiswüste.
Dort verbrachten sie die Nacht im Schlitten, damit Sable sich ausruhen
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