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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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seines Weibes! Und was für eine Religion ist das! Ein Gott, der geistig verborgen bleibt! Der nie sich zeigt, niemals geboren wird, wie ich geboren bin und immer von neuem geboren werde! Wer mich sieht, der sieht Gott. Wer mit mir spricht, der spricht mit Gott! Also, wer mich hat, der hat Gott! Wen aber haben die Ussul? Ein Nichts, eine Null, einen Dunst, ein Schemen, das sie als Gott bezeichnen. Der Sahahr ist der einzige Mann dieses unwissenden Volkes, von dem zu glauben ist, daß man mit ihm sprechen kann. Was aber ist er gegen mich, der ich als wahrer, wirklicher Gott und Herr der Welt in menschlicher Gestalt erschienen bin. Wenn er den Mund zu öffnen wagt, schmettere ich ihn mit zwei, drei Worten derart nieder, daß er ihn für immer schließt und niemals wieder öffnet! Ich bin vom Himmel hernieder gestiegen, um so lange immer wieder von neuem geboren zu werden, bis ich die Menschheit von den Leiden des irdischen Kreislaufs befreit habe. Dies geschieht, indem alles, was auf Erden lebt, in das Nirwana sinkt. Ist dies geschehen, so ist mein irdisches Werk vollbracht, und ich steige zu anderen Sternen auf, um es dort fortzusetzen. In dieser meiner Erlösungstat bin ich jetzt bis Dschunubistan gelangt und beabsichtige nun, die Gebiete der Tschoban und der Ussul hinzuzufügen. Unser Scheik hat mich begriffen. Er vereint seine weltliche Macht mit meiner geistigen und geistlichen. Indem er das tut, wird er alles Land, welches südlich von uns liegt, erobern. Wir schließen einen Bund mit den Ussul. Wir sagen ihnen, daß wir ihnen die Tschoban zugetrieben bringen. Indem wir die Tschoban zwischen uns und den Ussul zerquetschen, zermalmen und vernichten, ziehen wir in das Land der Ussul ein, darauf Bedacht nehmend, daß auch sie durch die Tschoban aufgerieben werden. Dieser Einzug wird eine Besitzergreifung sein, denn wir werden das Land der Ussul nie wieder verlassen –“
    „Vorausgesetzt, daß es uns gelingt, jetzt Glauben dort zu finden!“ fiel der Minister ihm hier in die Rede.
    Da warf der Maha-Lama einen Blick so unendlichen Erstaunens und so unendlicher Entrüstung auf ihn, als ob er ihn damit vernichten wolle, beobachtete ein minutenlanges, empörtes Schweigen und antwortete dann mit ganz besonderer Betonung:
    „Als ob es überhaupt einen Menschen geben könnte, der mir keinen Glauben schenkt, sobald ich persönlich mit ihm spreche! Ich bin der Maha-Lama von Dschunubistan, der höchste aller Priester, die es gibt! Das merke dir! Wie der Glanz unserer äußeren Personen die Ussul augenblicklich für uns gewinnen wird, so werden sie sich auch innerlich sofort beugen, sobald ich nur erscheine und meine Stimme erschallen lasse. Bedenke die Ehre, die ungeheure Ehre, die ihnen widerfährt, indem wir zu ihnen kommen und sie mit unserer Gegenwart beglücken!“
    „Kämen wir mit großem, glänzendem Gefolge, würde es mehr Eindruck machen!“
    „Sehr richtig! Man stehe innerlich noch so hoch, so darf man doch das Äußere nicht versäumen. Selbst Gott, der Geist, braucht die Körperwelt, um angebetet zu werden. Aber wir mußten für dieses Mal verzichten. Die Tschoban durften nichts erfahren. Es war die strengste Heimlichkeit geboten. Aber auch das hat Vorteile, die von hohem Wert sind, wenn wir sie nur zu benutzen wissen. Was uns an Prunk und Pomp verloren geht, gewinnen wir an Vertraulichkeit und Wohlwollen zehnfach wieder. Diese niedrigstehende Menschheit mag an Liebe glauben, an Humanität, Barmherzigkeit und Frieden auf der Erde. Sie ist nicht reif. Sie würde sich entsetzen, wenn sie die Wahrheit hörte. Die Liebe ist die größte Lüge, die es gibt; nur der Haß allein ist wahr. Jedes lebende Wesen trachtet nach sich selbst, ist Egoist. Auch Gott! Je größer ein Wesen ist, desto gewaltiger ist seine Sehnsucht. Gott ist der Größte, der Höchste; darum ist sein Egoismus ohnegleichen. Es ist ein Wahnsinn, ihn als ‚Vater‘ zu beschreiben. Er ist nur der Verderber, weiter nichts. Er gibt nicht das Leben, sondern nur den Tod, nicht den Frieden, sondern nur den Kampf, den Streit, die Vernichtung. Als er das All schuf, vernichtete er sich selbst. Der Geist verwandelte sich in Stoff; der Schöpfer wurde Geschöpf. Um sich als Gott wiederherzustellen, muß er den Stoff in Geist zurückverwandeln, muß er die Schöpfung wieder vernichten, Schritt um Schritt, in umgekehrter Reihenfolge, wie sie entstanden ist. Das ist nicht Liebe und Leben, sondern Haß und Tod, Zerstörung, ewiger, endloser Weltenmord! Je

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