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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Stille hinein ein plötzliches, schmetterndes Rasseln, Donnern und Dröhnen, als ob alle die Kämpfe, die man in das friedliche Land der Ussul schleppen wollte, schon ausgebrochen seien. Ich sah unwillkürlich hinter mich. Es überkam mich eine Art von Angst. Nicht daß ich mich etwa um mich selbst sorgte; o nein! Aber es ergriff mich eine Art von Grauen um den vor mir sitzenden, immer wieder von neuem geborenen Gott, in dessen Gefolge dieses Getöse entstand, ohne daß er davon berührt zu werden schien. Es gehört zur Eigenart solcher überspannter Wesen, daß sie bei allem Unheil, welches sie anzurichten pflegen, so ruhig bleiben, als ob sie völlig unschuldig daran seien. So saß auch der Maha-Lama da. Sein Bart glänzte; sein Angesicht leuchtete im Schein der flackernden Flammen. Er schien tief in seine persönliche Gottheit versunken und ganz entzückt zu sein. Da war nicht daran zu denken, noch etwas weiteres zu erfahren. Ich gab meinen Lauscherposten auf und zog mich so leise und so vorsichtig zurück, wie ich gekommen war.
    Mittlerweile war es nicht nur unter den Bäumen, sondern auch draußen am freien Fluß Nacht geworden. Ich hatte also nicht nötig, mich, um nicht gesehen zu werden, im tiefen Schutz des Waldes zu halten, wie es beim Herbeischleichen notwendig gewesen war. Ich blieb nur so lange unter den Bäumen, bis ich den Schein des Feuers hinter mir hatte; dann aber trat ich heraus auf den baumlosen Uferstreifen und konnte nun den Rückweg verfolgen, ohne auf Schritt und Tritt gegen die Bäume zu stoßen.
    Als ich bei Halef ankam, fand ich ihn genauso, wie ich ihn verlassen hatte. Ich setzte mich an seine Seite und erstattete ihm Bericht. Früher hätte er in seiner bekannten Lebhaftigkeit meine Erzählung gewiß zehn- und zwanzigmal unterbrochen. Aber er hörte mich ruhig an. Als ich geendet hatte, ließ er ein kurzes, vergnügtes Lachen hören und sagte:
    „Also Gott ist da! Allah, der allmächtige und allweise Herr und Schöpfer des Himmels und der Erde! Und den nehmen wir gefangen! Dem fesseln wir die Hände und die Füße! Den binden wir auf sein Pferd, damit es ihm nicht einfallen kann, uns auszureißen! Welcher Mensch hat wohl schon so etwas fertiggebracht!“
    „Du wohl nicht!“ antwortete ich.
    „Nein, noch nicht! Allah war noch nicht so dumm, mir in die Hände zu laufen. Jetzt aber kommt er doch! Er sitzt schon da! Bei seinen Kamelen und Pferden! Und ich gehe hin, um ihm zu zeigen, daß Hadschi Halef Omar, der Scheik der Haddedihn, sogar den Schöpfer und Regierer aller Welt beim Kragen nimmt!“
    „Das wirst du bleibenlassen!“
    „Bleibenlassen? Ich? Fällt mir gar nicht ein! Ich bin ein Freund der Ussul! Ich habe sie zu behüten und zu bewahren! Und das werde ich tun, denn es ist meine Pflicht! Ich würde sie gegen den Teufel verteidigen, wenn er käme, um sie zu bekämpfen! Und ich werde mich ihrer auch gegen den falschen Allah annehmen, da er am Fluß herabgeritten kommt, um sie zu überlisten! Ich halte ihn fest und zwinge ihn, auf die Fortsetzung seiner Reise zu verzichten!“
    Er sagte das in sehr energischem Ton; ich aber wiederholte meine Worte:
    „Das wirst du bleibenlassen!“ und fügte dann hinzu: „Du kommst ja gar nicht dorthin, wo er jetzt lagert. Du bekommst ihn gar nicht zu sehen, wirst gar nicht mit ihm sprechen.“
    „Nicht sehen? Nicht sprechen?“ fragte er erstaunt. „Aber wir müssen doch unbedingt hin, um ihn gefangenzunehmen!“
    „Nein, das müssen wir nicht, und das werden wir nicht. Unsere Aufgabe ist, so schnell wie möglich nach dem Engpaß Chatar zu reiten, um dort die Einleitung für spätere Ereignisse zu treffen. Meinst du, daß wir uns da mit Gefangenen herumschleppen können?“
    „Hm!“ brummte er. „Freilich! Sie zählen sechs Personen; wir aber sind nur zwei! Aber laufenlassen können wir sie doch auch nicht!“
    „Warum nicht?“
    „Weil, weil – hm, ja! Wenn man wüßte, daß sie dem Dschirbani in die Hände fallen und daß der sie genauso behandelt, wie wir sie behandeln würden.“
    „Ich bin überzeugt, daß er das tut.“
    „Ich nicht.“
    „So können wir es auch nicht ändern. Er ist sein eigener Herr und tut, was ihm beliebt.“
    „So will ich hoffen, daß er diesen Maha-Lama von Dschunubistan auch wirklich erwischt und mit nach dem Engpaß bringt, wo wir ihn zwischen die Fäuste nehmen werden, um ihm zu zeigen, daß wir ihn sofort in sein Nirwana sperren, wenn er uns nicht gehorcht. Aber sehen werde ich ihn doch, denn

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