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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Stelle. Darum ging der Schuß des Hadschi fehl, und auch ich traf erst beim zweiten Mal. Die durch den Kopf geschossene Schlange schlug mit dem Vorderkörper einen konvulsivisch zuckenden Kreis, hing dann eine halbe Minute lang in gerader Linie vom Baume und fiel hierauf, indem die Ringel des Schwanzes sich lösten, von ihm zur Erde nieder. Wir ritten hin und stiegen von den Pferden.
    „Heil uns!“ rief Halef. „Das erste Abenteuer im Land Ardistan ist überstanden, ohne daß es uns das Leben gekostet hat! Das Ungetüm ist tot! Sein Leben ging dahin, sobald wir kamen! Es wollte uns fressen, nun aber wird es von uns gefressen! O Glück, o Heil, daß es keine Beine hat, sonst wäre es aus Angst vor unserer Tapferkeit im Galopp davongelaufen! Schau es dir an, Sihdi, dieses Ungeheuer, diesen Drachen, dieses Scheusal, dieses Ungetüm, diese Ausgeburt der Hölle, diesen Racker, diesen Hundesohn, diesen Abschaum, Schuft und Menschenfresser! Siehst du das Maul, und siehst du die Zähne? Weißt du, daß so eine Schlange einen Ochsen verschlingt –“
    „Das wohl nicht, mein lieber Halef“, unterbrach ich lachend seine Rede.
    „Wenn nicht einen Ochsen, so doch wenigstens eine Kuh!“ behauptete er.
    „Nein.“
    „Ein Kalb!“
    „Auch nicht!“
    „Einen Hammel!“
    „Selbst diesen nicht! Und an einen Menschen wagt sie sich höchstens aus Versehen.“
    „Wirklich?“
    „Ja.“
    Da machte er ein sehr enttäuschtes Gesicht und klagte:
    „Aber so ist es ja gar keine Heldentat, die wir ausgeführt haben!“
    „Leider nicht.“
    „Wie schade, jammerschade! Konnte das Vieh nicht zwanzigmal länger sein und zehnmal dicker, als es ist?! Dann würde auch unser Ruhm zwanzigmal länger und zehnmal dicker sein! Wozu haben wir sie nun erschossen? Kann man sie essen?“
    „Ja. Die Neger essen Schlangen gern.“
    „Allah behüte mich! Ich bin kein Neger!“
    „So nehmen wir die Haut.“
    „Wozu?“
    „Man macht Schuhe und Taschen daraus, auch Satteldecken.“
    „Satteldecken? Das ist mir recht! Bei uns daheim gibt es keine Riesenschlagen. Wenn ich da mit einer solchen Satteldecke komme, preisen mich alle Völker, und mein Lob erschallt, über alle Länder der Erde. Das Fell will ich haben, das Fell!“
    Wir zogen der Schlange mit Hilfe unserer Messer die rötlichbraun gefleckte Haut vom Leib und setzten dann den unterbrochenen Ritt fort. Die Haut hatte Halef an sich genommen; er betrachtete sie als seine Beute, obgleich die Schlange durch meine Kugel erlegt worden war. Ich hatte nichts dagegen. Das Zusammentreffen mit der Peddapoda hatte mir mehr gebracht als nur eine Schlangenhaut, nämlich die Freude über meinen Syrr, der beim Anblick der Reptilie keine Spur von Angst gezeigt hatte, obgleich er einem solchen Tier noch nie begegnet war. Diese Furchtlosigkeit war für mich von hohem Wert.

ZWEITES KAPITEL
    Der ‚Panther‘
    Es ist nicht der Zweck dieser Zeilen, eine zusammenhängende und lückenlose Beschreibung unseres Rittes zu geben. Ich habe lediglich das zu erzählen, was für den Grundgedanken, den ich verfolge, von Bedeutung ist, und kann daher nur sagen, daß wir volle drei Tage lang die Küstenniederung durchquerten, ohne daß etwas Wichtiges oder auch nur Erwähnenswertes geschah. Ich sorgte während dieser ganzen Zeit zwar dafür, daß wir die Richtung nach dem Binnenland einhielten, stellte mich dabei aber so, als ob Halef der Führer sei und ich ihm ohne eigenen Willen folge. Ich freute mich schon im voraus auf das Gesicht, welches er machen würde, sobald es sich herausstellte, daß er der gar nicht sei, für den er sich hielt.
    Für Essen brauchten wir in diesen Tagen nicht zu sorgen; wir waren von Schakara mit Vorrat versehen worden. Geschlafen wurde an geeigneten Stellen des Waldes, wo es trockenen Boden und möglichst wenig Mücken gab, die überhaupt eine große Plage dieser tiefliegenden Gegend bildeten. Am Morgen des vierten Tages veränderte sich das Land. Es wurde trockener, und der Urwald bekam Bäume, welche die Nässe weniger lieben als der bisherige Mangrovenwald. Es bildeten sich wiesenartige, freiliegende, grüne Flächen, die unseren Pferden gutes und wohlschmeckendes Futter boten. Wir kamen an lebendige Wasserläufe, die man getrost als Bäche bezeichnen konnte. An geeigneten Stellen bildeten sich von ihnen Teiche und Seen, an und in denen es ein außerordentlich reges Tierleben gab. Auch Menschen schienen hier zuweilen zu verkehren; wir fanden Spuren davon. Diese Spuren waren alt, schon

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