Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
will ich sie dir nennen, ohne deinen Verstand unnötig zu belästigen. Es ist nämlich entweder die Dummheit oder die Altersschwäche. Begreifst du das?“
    „Noch nicht.“
    „So ist es nicht die Altersschwäche, sondern die Dummheit allein. Für alle Fehler, die der Mensch macht, gibt es nämlich nur einen von diesen beiden Gründen. Sie genügen für alles, was geschieht. Nach noch anderen brauchen wir also nicht zu suchen. Du bist genauso alt wie ich. Darum weiß ich ganz genau, daß Altersschwäche bei dir ausgeschlossen ist. Also kann es sich, wenn ich nach dem Grund deiner Fehlerhaftigkeit forsche, nur um die Dummheit handeln. Und weil dir diese Fehler angeboren sind, muß dir auch die Dummheit angeboren sein. Hast du mich verstanden?“
    „Ja.“
    „Das wundert mich! Wer von Geburt dumm ist, der pflegt sonst nicht so schnell zu begreifen, wie du mich jetzt, in diesem Augenblick, begreifst. Aber ich freue mich darüber. Denn da darf ich hoffen, daß du auch das begreifen wirst, was ich dir noch weiter zu sagen haben.“
    Er stellte den Kolben seiner Flinte auf die Erde, stützte sich mit den Händen auf den Lauf und fuhr dann fort:
    „Du weißt, Effendi, daß wir nach Ardistan und Dschinnistan gesandt worden sind, um gewaltige Abenteuer zu erleben und jene Art von großen Taten zu verrichten, die keinem andern Geschöpf als nur uns beiden möglich sind. Wenn du deine Pläne und Karten bei dir hättest, so würde es dir wohl nicht ganz unmöglich sein, das Vertrauen zu rechtfertigen, welches Marah Durimeh in dich setzt. Nun du sie aber vergessen hast, gibst du ganz gewiß ohne weiteres zu, daß du bei deinen angeborenen Mängeln unfähig bist, zu tun, was sie von dir verlangt. Hieraus folgt mit unbestreitbarer Sicherheit, daß nun ich es bin, auf den ihr beide euch verlassen müßt. Die großen Taten habe ich auszuführen, nicht du! Und die berühmten Abenteuer habe ich zu erleben, nicht du! Früher warst du die Hauptsache, und ich, ich war die Nebensache. Jetzt aber ist es grad umgekehrt: Jetzt bin ich die Hauptperson, und die Nebenperson bist du: Gibst du das zu, Effendi?“
    „Sehr gern“, antwortete ich.
    „Sehr gern?“ fragte er, indem er einen ungewissen Blick auf mich warf. „Der Ton, in dem du das sagst, gefällt mir nicht! Ich hoffe, du meinst es ehrlich!“
    „Im höchsten Grad ehrlich!“ versicherte ich. „Es ist mir geradezu eine Wonne, zu erfahren, daß du von jetzt an die Hauptperson bist.“
    „Eine Wonne? Wieso?“
    „Weil ich jetzt nichts mehr zu bedenken, zu überlegen und zu verantworten habe. Ich tue nur, was du befiehlst.“
    „Hm!“ brummte er. „Nicht mehr denken willst du? Gar nicht mehr?“
    „Gar nicht mehr!“ versicherte ich. „Bei meiner angeborenen Dummheit ist es sehr lieb, daß du nun an meiner Stelle denkst.“
    „Und verantworten soll ich alles?“
    „Natürlich. Ich bin nur Nebensache!“
    „Hm! Wenn ich nur wüßte, wie du das meinst, ob ehrlich oder hinterlistig! Du bist nämlich in Beziehung auf die angeborene Dummheit ein höchst gefährlicher Mensch. Es ist möglich, daß du mich damit nur in Versuchung führst. Aber da es nicht abzuleugnen ist, daß du deine Karten und Pläne vergessen hast, so bleibt es bei dem, was ich gesagt habe: die Hauptperson bin ich! Ich werde also während dieser ganzen Reise befehlen, und du hast zu gehorchen. Nicht?“
    „Ja.“
    „So erhebe dich jetzt vom Boden und steig aufs Pferd. Wir brechen auf!“
    Ich stand auf. Wir hatten uns beide durch das Sitzen auf dem feuchten Boden beschmutzt. Das erzürnte Halef, der ungemein auf Sauberkeit hielt.
    „Allah 'l Allah! Nun klebt der ganze Sumpf an unsern Kleidern!“ rief er zornig aus. „Das ist Ardistan! Genauso, wie man es mir beschrieben hat! Bei uns daheim ist auch die Wüste so rein, daß sogar der Gläubige, bevor er betet, sich mit Sand anstatt mit Wasser wäscht, wenn ihm das letztere fehlt. Wer aber den Boden von Ardistan betritt, der versinkt in Schmutz schon gleich beim ersten Schritt und kann sich nicht eher von ihm befreien, als bis er die Grenze von Dschinnistan erreicht! Beeilen wir uns, diesem Dreck und Schlamm zu entweichen!“
    Er stieg in den Sattel. Ich tat das auch. Nun wartete er, daß ich voranreiten werde. Ich aber machte eine abwehrende Handbewegung und forderte ihn auf:
    „Zeig du den Weg; ich bin nur Nebensache!“
    „Gut, das werde ich!“ antwortete er in scheinbar zuversichtlichem Ton. Aber schon weniger zuversichtlich fügte er hinzu:

Weitere Kostenlose Bücher