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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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was in diesem Land wächst, wohnt und wandert, gehört mir. Also auch du! Hast du das verstanden?“
    „Ja“, nickte ich.
    „Wenn mir der Mann gehört, so versteht es sich ganz von selbst, daß mir auch alles gehört, was er besitzt. Gibst du das zu?“
    „Ja.“
    „Das freut mich, Fremder. Du scheinst überhaupt nicht dumm zu sein! So schnell wie du, hat bisher noch keiner eingesehen, daß ich der rechtmäßige Inhaber seines Eigentums bin. Ich werde dich einmal genau betrachten und deine Sachen dann auch.“
    Er kam bis heran zu mir geritten und stieg von seinem Urpferd. Nun sah man erst, was dieser Mann für Füße, für Schenkel, für Arme hatte! Seine Hände waren fast noch einmal so groß wie die meinigen. Diese Breite der Schultern! Ich stand fast wie ein Zwerg vor ihm. Er faßte mich hüben und drüben an den Oberarmen und drehte mich zweimal um mich selbst. Ich ließ mir dies ruhig gefallen, doch nicht etwa aus Angst, o nein! Hier stand der Körper dem Geist, die rohe, ungefügige Kraft der geschulten Überlegung, der Muskel dem Gehirn gegenüber, und wer da schließlich die Oberhand behalten mußte, das kam gar nicht erst in Frage. Diese meine scheinbare Gefügigkeit schien ihn für mich einzunehmen, denn er sagte:
    „Du gefällst mir! Du bist von jetzt an mein Knecht, hast also bei mir zu bleiben. Ich weiß zwar nicht, wozu du mir dienen und welchen Nutzen du mir bringen sollst, aber es wird sich wohl schon etwas finden, wodurch du mir beweisen kannst, daß du wenigstens nicht ganz und gar wertlos bist. Zeig her, was du da hast!“
    Um beide Hände freizubekommen, rammte er seinen Spieß in den Erdboden und griff nach meinen Gewehren, um sie zu betrachten. Den fünfundzwanzigschüssigen Henrystutzen behielt er nur einen Augenblick in der Hand, dann warf er ihn weg; er war ihm zu leicht.
    „Ich kenne diese Dinger nicht, mag sie auch nicht“, sagte er in sehr verächtlichem Ton. „Spielzeug für Kinder!“
    Die ungewöhnliche Schwere des Bärentöters aber imponierte ihm. Er wiegte ihn hin und her, nahm ihn dann bei den Läufen, schwang ihn durch die Luft, als ob er jemand mit dem Kolben erschlagen wolle, und ließ sich zu der lobenden Bemerkung herab:
    „Diese Flinte ist besser! Die zerbricht nicht, wenn man sie einem Feind auf den Schädel schlägt!“
    Für ihn schienen Gewehre wohl nur als Keulen, nicht aber zum Schießen vorhanden zu sein. Dennoch gefiel es ihm, das Schloß der Büchse einer näheren Betrachtung zu unterziehen, doch sah ich ihm an, daß er sich gar nicht viel Kluges dabei dache. Während der Urmensch sich mit dieser meiner Waffe beschäftigte, beliebte nun auch dem Urgaul eine Annäherung an mich. Er schob mit der Schnauze seinen Herrn ganz einfach zur Seite, kam zu mir heran, kurbelte mit dem Schwanz, beäugelte und beschnüffelte mich und schien mich für einen ganz annehmbaren Kerl zu halten, denn er tat mir die Ehre an, seine nasse Schnauze an meinem Gesicht abzutrocknen. Da gab ich ihm eine Ohrfeige, und zwar was für eine! Das beleidigte ihn aber nicht. Im Gegenteil, es schien ihm zu gefallen, denn er hob den ungeschlachten Kopf hoch empor, schloß vor lauter Glückseligkeit die beiden Äuglein zu, riß das Maul sperrangelweit auf und – wieherte etwa? O nein! Das, was ich da zu hören bekam, das war kein Wiehern, das war kein Trompeten eines Elefanten, kein Brüllen eines Löwen, kein Nebelhorn eines Seedampfers und auch keine Hupe eines Automobils, aber es hatte etwas von alledem, und das klang so außerordentlich überraschend, daß ich am liebsten umgefallen wäre, nur weiß ich nicht, ob vor Schreck oder vor Lachen. Da drehte sich sein Herr zu ihm um und fuhr ihn in strafender Weise an:
    „Bist du toll? So zu brüllen? Hier im freien Feld, wo man gar nicht weiß, ob nicht noch andere Fremde da sind, die nicht wissen dürfen, wo wir uns befinden! Schäme dich!“
    Da fiel der Kopf des Gaules schnell wieder herab, noch tiefer, als er vorher gehangen hatte; der Schwanz unterbrach seinen Radumlauf; die Äuglein näherten sich einander, um beschämt an der Nase lang herbeizublicken, und aus dem Herzen stieg ein so langer, schwerer, unendlich tiefer Seufzer auf, als ob das liebe Vieh im Begriff stehe, aus lauter Scham und Reue in die Erde zu versinken. Ich fühlte mich im Innern meiner Seele aufrichtig gerührt. Es gab gar keinen Zweifel darüber, daß dieses Urpferd zugleich auch ein Gemütspferd war!
    „Er heißt Smihk (der Dicke)“, erklärte mir der Scheik, indem

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