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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schwang mich hinauf. Er ging vor Überraschung mit den beiden Vorderbeinen in die Höhe, stand dann aber ganz still und legte die Ohren derart nach hinten, als ob er mich mit ihnen besichtigen wolle. Auf diese kurze, schnelle und wenig umständliche Art war ihm noch niemand auf den Rücken gekommen.
    „Paß auf! Jetzt fliegst du wieder herab!“ warnte mich der Scheik.
    Es fiel dem ‚Dicken‘ gar nicht ein, sich gegen mich zu sträuben. Als er fühlte, daß ich die beiden Strickenden in die Hände nahm, warf er den Kopf in die Höhe und ließ ein so außerordentliches Triumphgeheul hören, als ob er im Begriff stehe, vor Wonne zu platzen. Ich gab ihm beiderseits Schenkeldruck; er ging. Ich zog rechts, und ich zog links; er gehorchte augenblicklich. Er trabte und galoppierte, je nachdem ich den Schenkeldruck verstärkte. Und er blieb sofort stehen, als ich beide Zügel zugleich spannte. Dann stieg ich wieder ab. Da drehte er den Kopf zu mir und ließ ein behaglich brummendes Schnauben hören, welches sehr deutlich sagte: „Das war mir eine Freude! Ich danke dir! Steig nur bald wieder auf!“ Der Scheik gestand aufrichtig ein:
    „Ich weiß nicht, was ich sagen soll! So etwas hat er noch nie getan, noch nie! Wie mag das wohl kommen?“
    „Davon später. Jetzt haben wir keine Zeit, uns mit den Gedanken und Gefühlen der Tiere zu beschäftigen.“
    „Gedanken und Gefühle?“ fragte er. „Meinst du, die haben sie auch?“
    „Natürlich!“
    „Aber die gehen uns doch nichts an! So ein Vieh hat zu gehorchen, weiter nichts!“
    „Du irrst. Doch wiederhole ich: hiervon später! Jetzt habe ich dich nach dem Gefängnis zu bringen.“
    „Ja, nach dem Gefängnis, welches keine Gefängnisse hat!“ lachte er. „Da hast du mich aber von den Stangen loszubinden!“
    „Das nicht“, erwiderte ich.
    „Warum nicht? Da kann ich doch den Körper nicht bewegen!“
    „Das sollst du auch nicht. Zum Gehen brauchst du nur die Beine. Es genügt also, wenn ich nur sie freigebe. Halt still!“
    Ich entfernte den Riemen von den Füßen an bis herauf zu den Hüften, schob ihm die Stangen höher an den Leib hinauf, daß sie unten nicht zu lang waren, und stand ihm dann bei, sich von der Erde aufzurichten. Er nahm diese seine Hilflosigkeit mit außerordentlich guter Miene hin. Die Situation machte ihm sichtlichen Spaß. Das war eine Naivität, die nur im Lande der Ussul möglich sein konnte. Er hatte in seiner Einfalt eben nicht den allergeringsten Zweifel daran, daß er mein Herr und Gebieter sei und daß ich es nicht wagen werde, ihm in irgendeiner Weise zu widerstehen. Seine Harmlosigkeit ging sogar so weit, seine Fesseln als etwas ganz Selbstverständliches und zum heiteren Spiel Gehöriges hinzunehmen. Ich band ihn an das eine Ende des Spießes, nahm das andere fest in die Hand, um ihn dirigieren zu können, und schwang mich wieder auf den breiten Rücken seinen Urgauls. Dann traten wir den Weg nach dem ‚Gefängnis‘ an. Meine Pferde konnte ich unbesorgt hier zurücklassen, denn erstens hatte ich gar nicht die Absicht, mich sehr weit von ihnen zu entfernen, zweitens wußte ich, wie bereits gesagt, daß sie liegen bleiben würden, und drittens war mit Gewißheit anzunehmen, daß es ringsum keinen gab, der hier zu erwarten war.
    Ich habe schon angedeutet, daß ich unter dem mehrfach erwähnten Gefängnis einen Baum verstand, an den ich den Scheik binden wollte. Ich sah einen hierzu passenden in der Nähe. Aus einem Gebüsch von Tamarix gallica erhob sich eine hohe Pappel von der Art Populus euphratica. Die war fest, und das Gebüsch bildete einen dichten Schirm, hinter dem ich meinen Gefangenen verschwinden lassen konnte, ohne daß er zu sehen war.
    Als wir die Stelle erreichten, hielt ich an, stieg vom Pferd und führte den Scheik durch das Gesträuch hindurch bis zur Pappel.
    „Lehne dich an den Stamm, aber recht fest!“ forderte ich ihn auf.
    „Warum?“ fragte er.
    „Ich muß dich anbinden.“
    „Gehört das auch noch mit dazu?“
    „Ja.“
    „So tue es!“
    Er lehnte sich, um es mir möglichst bequem zu machen, so fest, wie er konnte, an die Pappel und sah ganz ruhig zu, daß ich erst seine eigenen Riemen und dann auch meinen Lasso dazu benutze, ihn so an den Stamm zu befestigen, daß es ihm nur mit fremder Hilfe möglich war, wieder loszukommen. Dabei sagte er treuherzig:
    „Ich sehe aber ganz und gar nicht ein, warum du mich hier an diese alte Pappel bindest. Wenn du die Zeit hier verschwendest, wie lange soll es

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