24 - Ardistan und Dschinnistan I
es nur heimlich gewonnen, als du vorhin leise zu mir sagtest, daß du mir eine ganze Satteltasche voll Goldstücke geben würdest, wenn ich bereit sei, euch zu euren Pferden zu bringen und mit euch zu fliehen; dafür aber sage ich es nun laut, um deine Güte zu rühmen. Deine Goldstücke gehören nicht mir, sondern meinen Freunden, den Ussul. Wenn ich jetzt hinüberkomme, werde ich ihnen und ihrem Scheik sagen, wie gern du zahlen wirst. Schlaf wohl! Ich gehe! Allah sende dir ein ganzes Dutzend glücklicher Träume aus dem Vorrat seines siebenten Paradieses!“
Er entfernte sich und stieg mit seinen beiden Ussul in den Einbaum. Man hörte die Ruder in das Wasser schlagen, und man hörte die Stimme Halefs, der sich absichtlich laut mit seinen Begleitern unterhielt, noch lange, bis sie wegen des zu großen Abstands verscholl. Das ging alles so ungesucht und selbstverständlich, daß die drei Tschoban gar nicht auf den Gedanken gerieten, sie seien nicht allein hier oder Halef werde heimlich zurückkehren, um sie zu belauschen. Selbst falls er diese Absicht gehabt hätte, wäre es ihm wegen der Größe des Bootes wohl schwerlich gelungen, die Insel unbemerkt wieder zu erreichen.
Nun warteten wir. Der Scheik war in hohem Grad gespannt, ob die Richtigkeit meiner Voraussetzung sich bestätigen werde; bei mir aber gab es nicht den geringsten Zweifel daran, daß die Gefangenen die Gelegenheit schleunigst benutzen würden, miteinander zu sprechen. Und richtig! Kaum hörte man Halefs Stimme nicht mehr, so rief die ‚Feder des Prinzen‘ den beiden andern zu:
„Gebt Achtung! Hört ihr mich?“
„Ja, ja!“ lautete die Antwort von hüben und von drüben.
„Wir sind allein!“
„Weißt du das genau?“ fragte der Prinz.
„Ja. Ich konnte dem Boot von hier aus nachschauen, bis es nicht mehr zu sehen war. Sie sind fort, und kein Mensch ist hier, der uns hört. Wie dumm diese Leute sind!“
„Bist du fest angebunden?“
„Es scheint so; aber ich will doch einmal versuchen.“
„Ich auch!“ stimmte das ‚Schwert des Prinzen‘ bei. „Mir scheint, ich kann vielleicht los.“
Es wurde für kurze Zeit still; dann hörten wir gleich hintereinander zwei Freudenrufe. Beiden war es gelungen, sich von dem Riemen zu befreien, doch lag es ihnen völlig fern, hier eine Hinterlist zu vermuten. Sie jubelten laut auf und eilten herbei, um auch den ‚Panther‘ loszumachen und mit ihm zu besprechen, wie sie sich nun wohl befreien könnten. Hier zeigte es sich, welchen Einfluß Geburt und Erziehung auf Menschen haben, die sonst ziemlich gleichgestellt sind. Er war edler geboren als sie, und er zeigte sich trotz ihres höheren Alters und ihrer größeren Erfahrung als der Bedachtsamste und Vorsichtigste von ihnen.
„Halt! Mich nicht losbinden!“ befahl er. „Wir wissen nicht, ob wir uns vielleicht nicht wieder anbinden müssen. Wäre dies der Fall, so könnten wir die Schleifen und Knoten nicht genau so wiederherstellen, wie sie waren, und das würde uns verraten, daß wir frei gewesen sind.“
„Uns wieder anbinden müssen? Das fällt uns doch wohl nicht ein!“
„So? Könnt ihr schwimmen?“
„Nein. Wir sind keine Fische oder Frösche! Hätte Allah uns Flossen oder Schwimmhäute gegeben, so läge es in seinem Ratschluß, daß wir schwimmen sollen. Du hast es trotzdem gelernt, aber dein Fuß ist verletzt –“
„Ja, dieser Fuß, dieser Fuß!“ klagte der ‚Panther‘. „Daß dieser fremde Hund mich vom Pferd gerissen und lahm gemacht hat, das würde ich ihm nicht vergessen, selbst wenn Allah mit Mohammed vom Himmel käme, um für ihn zu bitten! Ich hoffe, daß die Zeit erscheint, in der ich mit ihm abrechnen kann. Dann wird es keine Gnade geben – keine!“
Er knirschte das grimmig zwischen den Zähnen heraus und fuhr dann fort:
„Also, an das Ufer zu schwimmen, ist unmöglich; folglich müssen wir hier bleiben. Ich bleibe also angebunden, so wie ich bin, damit man früh nicht spürt, daß ihr schlecht angebunden gewesen seid. Auf mich paßt man besser auf, als auf euch.“
„So sollen wir also auf jeden Versuch, die Flucht zu ergreifen, verzichten?“ fragte das ‚Schwert‘.
Der ‚Panther‘ sann einige Augenblicke lang nach und antwortete dann:
„Ich muß mich fügen! Wegen meines Fußes! Aber nicht ihr. Ihr könntet fliehen, sobald sich euch eine Gelegenheit dazu bietet. Aber klüger ist es, hierauf zu verzichten um meinetwillen. Denn eure Flucht würde mir wohl sehr übel angerechnet werden. Sie
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