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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Anstoß von ihm ausgegangen. Wie unendlich groß ist der Dank, den wir ihm schuldig sind! Und wie haben wir ihn gelohnt? Wie und womit?“
    „Du fragst sehr richtig, sehr richtig!“ antwortete Schakara. „Wie habt ihr uns gelohnt und womit? Nachdem wir euch alles gaben, was wir besaßen, nur unsere Erde nicht, denn die gehört nicht uns, sondern Gott, kommt ihr mit allerlei Listen und Waffen, uns auch noch diese wegzunehmen! Hätte euch der Orient weiter nichts, weiter gar nichts, als nur das eine, einzige Wort gegeben, ‚Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Gott in ihm‘, so könntet ihr ihm diese eine Gabe nicht mit allen Sonnen, Monden und Sternen belohnen, so viele ihrer auch am Himmel stehen; ihr aber habt nicht nur hierfür, sondern überhaupt für alles, was ihr bekamt, keine einzige Tat des Dankes, sondern nur Blut und Krieg und Neid und Haß gegeben.“
    „Wenn du das im Abendland sagtest, würde man darüber lachen, o Schakara“, warf ich ihr zu. „Man behauptet dort das gerade Gegenteil von dem, was du behauptest. Man glaubt, dem Morgenland Wohltat über Wohltat zu erweisen, indem man zu ihm geht, um –“
    „Um ihm die Liebe aufzudrängen, die es nicht mag, weil sie die falsche ist“, fiel Marah Durimeh ein. „Ich spreche nicht von der Mission, ich spreche von der Nächstenliebe der europäischen Politik. Man zeige mir ein Herz, welches durch sie gewonnen worden wäre! Es gibt keines, kein einziges! Und doch ist es die größte, die wichtigste, ja die heiligste Aufgabe des Abendlandes, das Herz des Orients zu gewinnen, wenn es zukünftige Kämpfe vermeiden will, aus denen es wohl kaum als Sieger hervorzugehen vermag. Und nicht nur nach der Liebe des Orients hat es zu trachten, sondern auch nach seiner Achtung, seinem Vertrauen!“
    „Aber wie?“ erkundigte ich mich.
    „Das fragst du, der du doch schon längst auf dem rechten Wege bist, dir alles zu gewinnen? In allen Büchern, die du schreibst, lehrst du die Liebe zu dem Morgenland! Aus allen deinen Schriften lächelt die Seele des Orients – sehnsüchtig, wehmutsvoll! Es ist ein Lächeln durch Tränen! Wärst du das Abendland, du hättest den Orient wohl schnell gewonnen, denn du liebst ihn, und du kommst nicht, um ihn auszunützen. Aber du bist nur ein einzelner Mensch, und es müßten außer dir und denen, die dich lesen, noch viele, viele Tausende kommen, um in demselben Sinne zu wirken und zu leben. Man schicke, so wie du, die deutsche Kunst ins Morgenland! Da lernt man es am besten kennen und lieben! Man sende auch die Wissenschaft, doch nicht nur, um in Babylon nach alten Steinen zu graben, sondern um überhaupt nach dem ruhenden Geist des Orients zu suchen. Die Wege, welche vom Abendland zum Morgenland führen, sollen nicht mehr Wege des Krieges, sondern Pfade des Friedens sein! Laßt Waffen- und Soldatentransporte verschwinden! Der Handel blühe! Die Wohlfahrt eile freudig hin und her, um Zwiste auszugleichen, Schäden zu heilen und Segen zu verbreiten! Dann wird der Mensch des Menschen würdig sein. Und wenn die große, schwere Stunde kommt, in der im fernen Westen wie im fernen Osten die Schicksalsfrage: ob Krieg oder Friede, klingt, dann werden beide, der Orient und das Abendland, als unüberwindliche, weltgebietende Freunde beieinander stehen und die Völker der Erde zwingen, ihre Schwerter verrosten zu lassen!“
    „Wann wird das sein?“ fragte ich. „Wie bald, wie spät?“
    „Geh nach Dschinnistan; dort wird die Stunde schlagen“, antwortete sie. „Jetzt bin ich mit der Vorrede zu Ende, und nun will ich dir meinen Auftrag geben, kurz und bündig, indem ich dir sage, daß wir Menschen den Frieden, der uns nur von oben gegeben werden kann, nicht unverdient geschenkt erhalten. Wir haben uns seiner würdig zu zeigen und ihm, wenn er sich dann zu uns herniederneigt, in treuer Sorge und fleißiger Arbeit entgegenzugehen, um ihn zu fassen und festzuhalten für immer. Und jetzt, in dem uns vorliegenden Fall, sollst du es sein, der ihm entgegengeht.“
    „Dem Frieden? Entgegengehen? Ich? Du sprichst in Bildern?“ fragte ich.
    „O nein“, antwortete sie. „Es soll sich hier nicht um Bilder, sondern um Wirklichkeiten handeln. Es wurde beschlossen, daß der jetzt beginnende Krieg der letzte sei, der zwischen Ardistan und Dschinnistan zum Ausbruch kommen darf. Ich habe alles getan, ihn zu verhüten, es ist mir nicht gelungen. Dieser Mir von Ardistan setzt seinen Willen durch. So wappne

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