2408 - Krieg der Prozessoren
ich sofort als natürlichen Teil ihres arkonidischen Erbguts erkannte und nicht als modisches Kunsthandwerk, auf das die meisten Frauen angewiesen waren. Ihr linkes Auge war fast schwarz, das rechte rot wie bei meinem Volk. Dass sie sich auf der RICHARD BURTON befand, bewies mir, dass sie dem ihr Leben bestimmenden Zwiespalt entronnen war und sich richtig entschieden hatte.
Ihre ganze Erscheinung war faszinierend, und davon abgesehen zeigte ihre hautenge schwarze Kleidung eine überaus ansehnliche Figur.
Als sie meinen Namen nannte, sprach sie ihn mit glasklarer, Autorität gewohnter Stimme.
„Atlan."
Sonst sagte sie nichts. Obwohl die Mission unter meiner Führung als Kommandant des Hangay-Geschwaders nicht nur das Schicksal der kompletten Milchstraße retten sollte – zugegeben nicht gerade ein bescheidenes Ziel –, zeigte sie keine besondere Nervosität. Das gefiel mir.
Nicht nur das gefällt dir, stichelte der Extrasinn.
Ich ging der Wissenschaftlerin entgegen und reichte ihr auf terranische Art die Hand. Wie ich nicht anders erwartet hatte, ergriff sie sie, ohne zu zögern und mit großer Selbstverständlichkeit.
„Dr. Indica. Ein interessanter Name für eine Kolonialterranerin. Die meisten unterscheiden in Vor- und Nachnamen."
Sie suchte meinen Blick und lächelte. Bis in die Augen hinein. Diese Frau wusste, wer sie war, und sie war stolz darauf. „Böse Zungen behaupten, mein Vorname wäre Doktor."
„Sehr böse Zungen", erwiderte ich.
„Wenn gerade du einen akademischen Titel als Vornamen tragen würdest, wäre Professor sicher besser geeignet."
In ihren Augen glitzerte ein Funke ... Interesse? Amüsement?
„Leider bin ich nicht hier, um gepflegte Konversation zu betreiben", stellte sie klar.
„Sondern?"
„Dr. Laurence Savoire will dich sprechen. ESCHERS Erster Kybernetiker ist beunruhigt. Ich ebenso. Gelinde gesagt."
„Warum schickt er dich vor und kontaktiert mich nicht selbst? Wir haben so etwas wie Bordfunk, weißt du?"
Dr. Indica spielte mit einer der zahlreichen metallisch silbern glitzernden Applikationen, die ihren hautengen Anzug zierten. Mein geschultes Auge glaubte in den meist etwa fingerlangen, geschwungenen Gebilden weniger modische Spielereien als vielmehr diverse mikrotechnische Hilfsmittel zu erkennen. „Ich würde es nicht gerade so nennen, dass er mich zu dir geschickt hat. Lass es mich anders ausdrücken. Ich habe mich eingemischt. Er erwartet uns in seiner Privatkabine."
Ich glaubte zu verstehen. „Bist du sicher, dass er uns erwartet?"
„Er hält sich dort auf, wenn dir das besser gefällt. Du weißt, wer ich bin.
Und du kennst Nexialisten, weißt also, was wir leisten. Wir vermitteln zwischen anderen Wissenszweigen und ..." Sie lächelte und schob dabei die Schultern vor, dass eine Strähne ihres schwarzweißen Haares nach hinten fiel. „... behalten andere stets im Auge. ESCHER ist ein Unruheherd an Bord. Die Besatzung ist misstrauisch gegenüber der Parapositronik.
Wenn ich jemanden wie den Ersten Kybernetiker also nicht beobachte, habe ich meinen Job verfehlt und könnte gleich aussteigen. Was nebenbei bemerkt meine Chancen darauf, den nächsten Jahreswechsel zu erleben, dramatisch steigern würde."
„Du hast Angst, unsere Mission könnte scheitern und damit für uns alle den Tod bedeuten?"
„Wenn ich Angst hätte, Atlan, wäre ich zu Hause geblieben. Neulich habe ich die Theorie aufgeschnappt, in einem Raumanzug im Leerraum zwischen zwei Galaxien zu treiben, wäre zukunftssicherer, als zu versuchen, nach Hangay einzufliegen, um die Negasphäre zu vernichten."
Ich lächelte knapp. „Das halte ich für maßlos untertrieben. Ich denke, unsere Mission ließe sich viel eher damit vergleichen, ohne Schutzanzug im Hyperraum auszusteigen."
*
Der Spezialraumer RICHARD BURTON war seit zehn Tagen, seit sie aus dem Halbraumtunnel aufgetaucht war, auf dem Weg nach Cala Impex, dem Stützpunkt der Friedensfahrer vor Hangay. Weitere dreizehn Tage zuvor waren sie von Jiapho aus aufgebrochen.
Vom Sonnentransmitter des Jiapho-Sonnen-Duos aus hatten wir eine Gesamtstrecke von knapp 800.000 Lichtjahren zurückzulegen, von der wir dank des Halbraumtunnels 500.000 hatten „abkürzen" können.
Es blieben 300.000 Lichtjahre, die wir von da an völlig aus eigener Kraft überwinden mussten.
Wegen der im Leerraum zwischen den Galaxien etwas geringeren Hyperimpedanz erreichten wir teilweise einen Überlichtfaktor von 1,65 Millionen und flogen
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