2419 - Der neue Herr der SOL
zugänglichen Terminals bombardierten sie SENECA rund um die Uhr mit Fragen nach historischen Details. Tausende und Abertausende Mom’Serimer wuselten in den Archivbereichen und überall sonst, wo Lesekristalle oder bedruckte Folianten zu finden waren.
Damit nicht genug, sah sich jedes Mitglied der Stammbesatzung, das nicht rechtzeitig die Flucht ergriff, einem strapaziösen Quiz ausgesetzt. Am allerbegehrtesten war der Walfisch – schließlich hatte er bei jeder Gelegenheit auf seine unvergleichliche Belesenheit hingewiesen.
Insbesondere die Praktikanten setzten alles daran, ihn einer Wissenslücke zu überführen. „Herr Direktor, nach welchem Vorbild erstellt Fee Kellind seit 1291 Neuer Galaktischer Zeitrechnung die Chroniken der SOL?"
Das war leicht. „Nach jenem des sogenannten SOL-Logbuchs."
„Richtig. Und worum handelt es sich dabei?"
„Um eine Art lose Foliensammlung, die nach dem partiellen Ausfall von SENECA unsere Geschichte zwischen 3586 und 3791 Alter Zeitrechnung dokumentiert.
Hört mal, was soll ..."
„Von wem stammt der erste Eintrag?"
Stephs Problem war, dass er mit seinem Wissen einfach nicht hinter den Berg halten konnte, auch wenn er das Kreuzverhör eigentlich schon längst abbrechen wollte. „Vom damaligen Sprecher der Solgeborenen, Joscan Hellmut, datiert mit 24.12.3586.
Das war der Tag, an dem Perry Rhodan das Schiff an die Solaner übergab. So, und jetzt ..."
„Wie wird das Logbuch verwahrt?"
„In einer Schatulle aus reinem Elfenbein mit silbernen Beschlägen."
„Jawohl! Du bist der Größte, Direktor.
Öh ... dürfen wir diese Schatulle einmal kurz sehen? Und anfassen? Und vielleicht für ein Sekündchen öffnen?"
Daher wehte der Wind!
„Keine Chance. Frühestens, wenn ihr das Raumfahrt-Patent Erster Klasse in der Tasche habt!"
„Oooch ..."
Andere Fragen waren kniffliger: Wer waren die „Basiskämpfer", und existierte ihre Basis noch? Wie oft wich die eigene Zeitrechnung der SOL schon von jener im übrigen terranischen Einflussbereich ab, und um jeweils wieviel? Was passierte mit der gazellenartigen Leiche mit Bewusstseinsfragmenten, die von den Dookies im Trümmerhaufen des Mittelteils gefunden wurde?
Und, nervtötend oft gestellt: „Warum kann man das in der SOL vorhandene Dimesextatriebwerk nicht reparieren oder ein neues auf Basis dieser Technologie entwickeln?"
„Von Zeit zu Zeit", schnaubte Steph, „treffen sich immer dieselben Kindsköpfe der Kernbesatzung in schlecht gelüfteten Diskussionsforen, um in Reminiszenzen an die Vergangenheit zu schwelgen und hernach die Schiffsführung mit kruden Theorien zu quälen. Denen könnt ihr euch gern anschließen. Von mir hört ihr nur: Aus dem Dimesextazeugs wird so schnell nix mehr, und damit basta!"
*
Ende November 1344 NGZ ließ sich dem abgehörten Funkverkehr entnehmen, dass alle größeren Ressourcen-Galaxien rings um Hangay mittlerweile unterworfen worden waren, zwecks, wie es lakonisch hieß, „Verwertung für den Bau des Chaotenders VULTAPHER".
Dezidiert genannt wurden die innerhalb TRAITORS gebräuchlichen Bezeichnungen für Ardustaar, Andromeda – und die Milchstraße.
Keine der belauschten Kolonnen-Einheiten erwähnte nennenswerte Gegenwehr. Offenbar war bis jetzt in den betroffenen Galaxien alles glatt und ganz nach Wunsch der Usurpatoren verlaufen.
Sogar Steph La Nievand, sonst nicht gerade der Sensibelste, spürte deutlich, dass diese Nachrichten der Belegschaft einen schweren Schlag versetzten; der gesamten Belegschaft, eingeschlossen die Mom’Serimer. Sie verhielten sich merklich gedämpft, ihres Überschwangs plötzlich beraubt, geradezu depressiv.
So sehr der Walfisch sich schon tausendmal gewünscht hatte, die kleinen Nervensägen würden sich ein wenig einbremsen – ihr Kummer rührte ihn. Und dass sie dermaßen verzagt die Köpfe und Tentakel hängen ließen, war ihm nun auch wieder nicht recht.
Einer von Stephs Praktikanten, Sinco Venethos, ein netter, besonnener und vorbildlich unaufgeregter Kerl, begründete die allgemeine Niedergeschlagenheit so: „Jetzt sind wir Bürger der LFT geworden, haben angefangen, uns dem Reich der Terraner zugehörig, in einem größeren Ganzen heimisch zu fühlen – und dann erfahren wir, dass möglicherweise zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Liga gar nicht mehr existiert! Da soll man nicht melancholisch werden?"
Steph tröstete den Mom’Serimer, so gut er konnte: „In irgendeiner Form wird die Menschheit den Widerstand
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