2419 - Der neue Herr der SOL
wäre in höchstem Maße veranwortungslos gewesen.
Nach Abwägung der infrastrukturellen Eingeschränktheit, der kurzen Vorlaufzeit, die für die Abstimmung der Hypno-Programme verblieb, und nicht zuletzt der psychischen Belastbarkeit des Projektleiters kam man zum Ergebnis, dass die Bordakademie im ersten Jahrgang maximal zweihundert Mom’Serimer aufnehmen konnte. Aber vielleicht, hoffte Steph, würden sich ja von vornherein deutlich weniger bewerben.
Er sollte sein blaues Wunder erleben.
*
Am 1. März 1344 NGZ stellten alle bis auf einen Mom’Serimer Individualanträge auf Einbürgerung in die Liga Freier Terraner.
Die einzige Ausnahme bildete Lord Remo Aratoster. Er selbst wolle, erklärte er, formal durch seine Person noch für eine Zeitlang den Ausnahmestatus der Mom’- Serimer an Bord der SOL aufrechterhalten.
Ronald Tekener und die Schiffsführung, juristisch vertreten durch Kommandantin Fee Kellind, zeigten sich ebenso verständnisvoll wie erfreut. Der federführende Beamte Rasmonn Schimela bewilligte in ihrem Namen jeden einzelnen der Anträge. Ab sofort waren alle Mom’Serimer – bis auf ihr Oberhaupt – Bürger der LFT.
25.000 suchten um Aufnahme in den Flottendienst an.
„Unmöglich", schnaubte Steph La Nievand. „Und absolut indiskutabel."
Aber nach längerem Hin und Her ließ er sich, bedrängt von der Schiffsführung und den überaus lästigen Wortführern der Mom’Serimer, dazu breitschlagen, den ersten Jahrgang auf immerhin 250 Plätze auszuweiten, also ein Prozent der Bewerber.
Rund zehnmal so viele erfüllten laut SENECA die Basis-Anforderungen wie Lebensalter zwischen acht und zwölf, überdurchschnittliche technische Vorkenntnisse und nachgewiesene Erfahrung mit Hilfseinsätzen außerhalb der Scherbenstadt. Diese Bedingungen würde man für spätere Jahrgänge durchaus modifizieren können, doch fürs Erste brauchte man einmal eindeutig definierte Parameter.
„Und darüber hinaus: Verlässlichkeit", schärfte Steph dem Mom’Serimer Siri Solabas ein, der sich bereit erklärt hatte, ihn bei der Endauswahl zu unterstützen.
„Verlässlichkeit ist unser Schlüsselwort. Von all den grundsätzlich Qualifizierten will ich nicht diejenigen, die sich häufig durch spontane Geistesblitze hervortun. Nee, nee. Vielmehr jene, die unter euch als blass und langweilig gelten, verstehst du? – Ich nehme an, gegen eure, äh, Geschlechtswandlungen ist kein Kraut gewachsen?"
„Nein! Die passieren ab dem siebenten Lebensjahr", sprudelte Siri, „und können nicht beeinflusst werden. Aber sie verstärken bloß ein wenig die Stimmungsschwankungen. Und auch die Elternschaft, falls du das meinst, beeinträchtigt uns kaum, weil unsere Jungen rasch auf eigenen Beinen stehen. Danach ist die Bindung eher freundschaftlicher Natur."
„Na prima."
„Bloß während der Schwangerschaft ...
Also, zumindest Zeran führt sich ganz schön zickig auf. Wiewohl die Freude, dass wir endlich Nachwuchs bekommen, natürlich alles aufwiegt."
„Gratuliere." Steph wollte sich lieber nicht vorstellen, was ein Mom’Serimer unter zickig verstand ...
Nach einigen keineswegs unturbulenten Tagen waren endlich 250 Auszubildende bestimmt. Am 10. März 1344 NGZ wurden sie im Rahmen einer kleinen Feier als Praktikanten übernommen, was dem niedrigsten Mannschaftsdienstgrad der LFT-Flotte entsprach. Sie erhielten die entsprechenden Monturen mit einem silbernen, gleichseitigen Dreieck im Oberarmemblem, und sie trugen sie sichtlich mit Stolz.
Steph überschaute die zweihundertköpfige Zwergenmeute, die sich in der improvisierten Aula zur ersten Instruktion versammelt hatte. Fünfhundert je etwa sechzig Zentimeter lange Kopftentakel wogten erwartungsvoll.
„Männer!", begann Steph. „Frauen!
Und natürlich auch, ähem, Sonstige. Dies ist ein wahrhaft historischer Mo... Verflixt, könntet ihr bitte wenigstens für fünf Minuten stillsitzen?"
*
Die Ausbildung begann.
Stephs schlimmste Befürchtungen, die Aufmerksamkeitsspanne der Mom’Serimer betreffend, wurden weit übertroffen.
Hätten sie sich nicht als derart gutwillige, lerneifrige und förmlich an seinen Lippen hängende Zuhörer erwiesen, er hätte bereits nach den ersten Wochen das Handtuch geworfen.
Gründe, sein Ehrenamt zu verfluchen, gab es zuhauf. So sehr beanspruchte ihn die Koordination und permanent nötige Optimierung der Lehrgänge, Hypno-Schulungen und praktischen Übungen, dass Steph die für die Expedition relevanten
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