2426 - Aufbruch der Friedensfahrer
nicht", sagte ich.
„Diese Informationen sind allgemein zugänglich", fuhr Cosmuel fort.
„Und sie liegen seit über zwei Jahrtausenden vor."
Sie griff mit beiden Händen an ihren Hinterkopf und löste das Band um den abstehenden Zopf über dem linken Ohr, zu dem sie ihr weißblondes Haar zusammengebunden hatte. Sie schüttelte sich, und die gerade befreite Pracht fiel bis zu ihren Schultern.
„Die Friedensfahrer täten nichts lieber, als mit der Gründermutter Kontakt aufzunehmen. Glaubst du wirklich, dass über all die Jahrhunderte dieser Bericht nicht zur Kenntnis genommen wurde? Dass die Friedensfahrer in zweieinhalb Jahrtausenden nicht versucht haben, dem Geheimnis der Gründermutter auf die Spur zu kommen?"
„Ich werde diesen Gerüchten nachgehen", sagte ich ruhig und sachlich.
Die Berichte waren bestenfalls unschlüssig, wenn nicht sogar unseriös.
Aber das auf eine faszinierende Art und Weise, die mich anrührte. Sie waren in sich konsistent, widersprachen sich nicht, beschrieben eine in sich geschlossene Welt der rätselhaften Beobachtungen. Wenn ich sie las, kam ich mir vor, als würde ich in eine surreale Traumwelt gezogen, die allerdings ureigenen rationalen, logischen Gesetzen gehorchte. Wahrscheinlich war es dieser Widerspruch, der mich überhaupt erst auf sie aufmerksam gemacht hatte.
Vielleicht war es diese Eigenschaft – die Befähigung, die Wahrheit eines Traums zu extrahieren –, die meinen Vater zu dem gemacht hatte, der er heute war. Auch wenn ich nicht gerade wie mein Vater sein wollte, musste ich dieser Fähigkeit Respekt zollen.
„Solange uns niemand daran hindert." Cosmuels Stimme war kratzig.
„Ospera ist tabu."
Ich seufzte leise. „Natürlich. Wir werden dazu keinerlei Hightech, keine sichtbare Technologie verwenden.
Ich habe nicht vor, mit diesem Tabubruch schlafende Hunde zu wecken."
Nicht, dass sich am Ende Polm Ombar, der Revisor der Friedensfahrer, mit dem Fall zu befassen hatte. Oder gar Chyndor, der Patron, der an der Spitze unserer Organisation stand und den ich in höchstem Maß respektierte.
Ich hatte Ombar mittlerweile zwar mehr als einmal die Stirn geboten, doch der Revisor begriff sich nach wie vor als Hüter der Regeln, die die Friedensfahrer sich selbst gegeben hatten.
Und dazu gehörte auch das Tabu von Ospera. Ein neuerlicher Zusammenstoß mit ihm konnte nicht in meinem Interesse sein.
Doch ich war der Sohn meiner Eltern. Der Sohn Perry Rhodans und Ascari da Vivos, die beide nicht gerade für ihre Folgsamkeit bekannt waren. All diese Bedenken vermochten mich nun nicht mehr abzuhalten.
Welchen Sinn machte es, ein Tabu zu beachten, dessen Einhaltung keiner einzigen bekannten Person einen Vorteil brachte? Dessen Bruch niemandes Gefühle verletzte, und das eigentlich nur um seiner selbst willen, aus Respekt vor einer Tradition, beachtet wurde?
Aber es war nicht die bloße Rebellion gegen etwas, die mich trieb. Diese Phase meines Lebens hatte ich schon längst hinter mir gelassen.
Nein, mein Instinkt schlug an. Ich hatte gelernt, ihm zu vertrauen, auch wenn ich nicht sofort den Finger auf die Wunde legen konnte.
Irgendetwas war hier faul. Ich spürte es ganz deutlich.
Und ich würde der Sache auf den Grund gehen.
„Kantiran", sagte Cosmuel leise.
Die überaus positive Ausstrahlung, die sie sonst immer auszeichnete, war mit einem Mal verschwunden, als hätte es sie nie gegeben. „Ich soll als Friedensfahrerin vereidigt werden. Es ist mir sehr wichtig, dass es auch dazu kommt. Ich möchte mehr als alles andere in meinem Leben Friedensfahrerin werden. Bitte verhindere das nicht im letzten Augenblick."
Ich hätte am liebsten nach ihr gegriffen, ihre Hand in die meinen genommen, ihr weißblondes Haar gestreichelt. Allerdings hätte sie mir dann wahrscheinlich die Leviten gelesen.
Ich liebte Cosmuel Kain, musste aber eingestehen, dass sie eine seltsame Frau war. Eine Halbcyno. Ihrer Erinnerung zufolge war sie am 14.
Oktober 1304 NGZ auf Terra geboren worden. Erst um den Jahreswechsel 1344 zu 1345 NGZ war ihr klar geworden, dass sie eine Cyno war. Zuvor hatte sie auf Terra ein normales Leben als TLD-Agentin geführt.
Aber sie verfügte über eine Urerinnerung an Geschehnisse, die mit der von ARCHETIM eingeleiteten Retroversion einer Negasphäre zusammenhingen. Diese Erinnerung trieb sie dazu, selbst aktiv gegen die in Hangay entstehende Negasphäre zu kämpfen – als Friedensfahrerin.
„Ich werde dir diesen Tag nicht verderben", versprach ich
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