2426 - Aufbruch der Friedensfahrer
ihr.
Meine Gedanken kreisten um ein einziges Thema. Wie komme ich unbemerkt nach Ospera?
*
Ich hoffte wirklich, dass Cosmuel den 21. Oktober 1345 NGZ niemals vergessen würde. Den Tag, an dem sie Friedensfahrerin wurde.
Ich gönnte es ihr. Ob es an ihrer verschütteten Urerinnerung lag oder nur an der Tatsache, dass sie eine Halbcyno war, ich spürte genau, wie wichtig die Ernennung für sie war. Sie wusste selbst nicht genau, was sie sich davon erhoffte, aber sie war überzeugt, das Richtige zu tun.
Ich hielt mich im Hintergrund, soweit es mir möglich war, und beobachtete, wie die OREON-Kapseln der Teilnehmer an der Zeremonie in einem Tal landeten, in dem auf einer Anhöhe ein einziges gläsernes Bauwerk stand: die Glasbasilika der Friedensfahrer.
Sie rief Ehrfurcht in mir hervor, obwohl sie von den bloßen Ausmaßen her mit ihrer Höhe von 30 Metern nicht besonders beeindruckend war.
Die Basilika war genauso breit und 60 Meter lang.
Die dreischiffige Halle erstreckte sich wie ein funkelnder Kristall auf der Anhöhe, überstrahlte mit ihrem Glanz die Pracht der Landschaft, zog alle Blicke an sich. Sie wurde von zwei Säulenreihen unterteilt, von denen das beinahe schmerzhafte Gleißen ausging.
Die Säulen hatten einen Durchmesser von jeweils drei Metern. Ihre gläsernen Wandungen verrieten, dass sie mit einer halb transparenten Flüssigkeit gefüllt waren, in der sich permanent glimmende Kristallisationskerne wie miniaturisierte Novae bildeten und wieder zerfielen. Auch alle Wände und das Dach bestanden aus einem transparenten Material, das der Lichtflut der geheimnisvollen Substanz keinerlei Widerstand bot.
Erst nachdem ich das Gebäude lange angestarrt, förmlich in mich aufgesaugt hatte, wandte ich mich der wildromantischen Mischlandschaft aus Hochgebirgen und zerklüfteten Talformationen zu, die sich dahinter erstreckten. Unwillkürlich suchte ich nach einem Vergleich.
Ein wenig erinnerte mich das Terrain an die niedrigeren Ausläufer des Himalaya auf der Erde, dort, wo die Berge nicht von Schnee bedeckt wurden. Oder an den Sichelbogen des Shuluk-Ahaut-Gebirges auf Arkon I, wenn man von den ausgetretenen Pfaden abwich, die kristallinen Riesenköpfe und Halbfiguren entlang des Bergkammes hinter sich ließ, die Kunstwerke Eukolards Die Versinnbildlichung über die Eroberung der Galaxis.
Ich fragte mich, warum der arkonidische Verstand, wohl genau wie der menschliche, nach solchen Vergleichen suchte. Warum konnte ich nicht einfach den Anblick der grünen, von gras- und kräuterähnlichen Pflanzen bewachsenen Hochebenen genießen und den der schroffen, steil abfallenden Berge, der mir eine tiefe Kraft gab? Der mich gleichzeitig entspannte und reizte, diese Gipfel zu erklimmen ... nur weil sie da waren?
Ich musste mich gewaltsam zwingen, den Blick von der Landschaft zu lösen und richtete ihn auf das gut einen Meter hohe Podium von acht mal vier Metern Größe, das sich an der rückwärtigen Schmalwand gegenüber dem Eingang befand. Acht Stufen einer vier Meter breiten Treppe führten zu ihm hinauf.
Rings um die Basilika sammelten sich mittlerweile die Friedensfahrer, die gerade im System vor Ort waren, doch auch auf sie achtete ich kaum.
Ich bemerkte, dass das Licht von Rosella Rosado immer fahler wurde, und hob den Blick zum Himmel.
Gerade rechtzeitig. Die Bewohner der Mondkette waren das Schauspiel gewöhnt, achteten kaum darauf. Für mich war es allerdings kaum alltäglich.
Der eben noch kristallklare Tag wurde zur bleiernen Dämmerung.
Dann, als drehe die Hand eines Riesen das Licht aus, ging alles ganz schnell.
Die hellsten Sterne am Himmel flammten auf, und der Gasriese schien die gleißend helle Sonne zu verschlucken, die mir nur ein Drittel so groß wie der Vollmond der Erde vorkam, wohingegen der Planet wohl vierzig Mal größer als die Sonne erschien. Einen Moment lang stand ein pechschwarzer Kreisanriss am Himmel, am Rand umgeben von einem feurigen, fein strukturierten Lichtkranz, dann verschwand der letzte Rest der Helligkeit. Der Umriss war nur ein zarter Lichtstrich, statt der flammenden Korona bei einer Sonnenfinsternis auf der Erde, wo beide scheinbaren Größen fast identisch waren.
Ich atmete tief ein. Welch ein Anblick!
Das Licht der Basilika brannte in meinen Augen. Rosella Rosado war im Schatten des Gasriesen verschwunden, doch der funkelnde Kristall der dreischiffigen Halle verhinderte, dass es völlig dunkel wurde.
Kaum hatte die Sonnenfinsternis begonnen, traf
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