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244 - Der dunkle Traum

244 - Der dunkle Traum

Titel: 244 - Der dunkle Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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schnellte hoch. Zwischen den langen Zahnreihen baumelte eine besonders seltene Akazie, mitsamt der Wurzel aus dem Erdreich gerissen. Pflanzenstängel zerbrachen, als sich die Valvona, die Beine zusammenklappend, fallen ließ und an den Wurzeln nagte. Dann sprang das bizarre Tier an eine andere Stelle und vergrub ihre Schnauze in einem Haselnussstrauch.
    »Se frisst mein’ Betulaze!«, heulte Lörk. »O nein!«
    Es gab Gerüchte, Lörk hege seinen Garten auch deshalb, um aus bestimmten Pflanzen Arzneien zu destillieren, zum Beispiel gegen die Schlafkrankheit, an der immer wieder vor allem junge Nackthäute starben.
    »Meine Cassia, mein Plumbago, die Strelizie…!«, kreischte der hagere Mann. Seine Frau, schwanger im siebten Mond und damit ein deutlicher Kontrast zu ihm, kam aus der Hütte.
    Zarr setzte Lay ab, die in seinem Arm zappelte. Er merkte, dass viele Zuschauer sich nicht einig waren, ob sie Lörk helfen oder ihn auslachen sollten. Tatsächlich bot der hagere Mann einen komischen Eindruck, denn er wirkte wie das menschliche Gegenstück zur Valvona: dürr, wenig gelenkig, aufgeregt. »Sie macht mein’ Garten kaputt!«
    »WINDA!«
    Ein donnernder Ruf. Die Valvona verharrte, fror buchstäblich ein, was nun einige Nackthäute zum Lachen verleitete.
    »Her zu mir!«, befahl Aldous, der hinter einer niedrigen Felsreihe hervortrat. Die Valvona senkte schuldbewusst den Kopf, zupfte noch ein paar Blätter von einem Ast und stakste folgsam zu Aldous hin. Sie blieb mit reumütig gesenktem Schädel vor ihm stehen. Ihre Federn vibrierten. Aldous flüsterte leise, mit beruhigender Stimme.
    Lörk gestikulierte und jammerte.
    »Es tut mir leid…«, sagte Aldous. »Du musst ihr verzeihen. Winda liebt schöne Gärten. Sie mag Grünzeug!«
    »Grünzeug?« Lörk streckte sich. Seine Frau hielt ihn mit eisernem Griff fest.
    »Ich werde dafür sorgen, dass so etwas nie wieder geschieht. Wie kann ich das Unglück wieder gutmachen?«, wollte Aldous wissen.
    »Nich gutmachen…«, grunzte Zarr und schob mit seinem massigen schwarzen Körper den Riesenvogel zur Seite. Er klopfte auf seinen Lederharnisch. »Zarr weiß: Lörk wird heile machen. Lörk gern und viel jammert. Ist gute Nackthaut, aber empfindlich. Nicht viel passiert. Aldous ist Gast. Gast muss nichts gutmachen!«
    »Ich danke dir«, lächelte Aldous.
    Lörk trollte sich ins Haus und erschien nur Sekunden später mit allerhand Ackergerät. Die Zuschauer gingen ihres Weges und zwei Zilverbaks stapften, sich auf die Schultern schlagend, dumpf grollend ins Dickicht.
    »Wo Rulfan ist? Du weißt?«, fragte Lay.
    »Ja«, sagte Aldous. »Deshalb konnte ich nicht auf Winda achten. Die Götter riefen mich. Ich hielt mich am Dorfrand bei den Palisaden auf. Dort ging ich in mich und hatte eine Vision.«
    »Vision?«, fragte Lay.
    »Ihr müsst wissen, ich spreche hin und wieder mit den Göttern. Ich frage und erhalte Antworten. Heute Morgen sagten sie mir, Rulfan sei zu einer Wanderung aufgebrochen. Er sucht etwas. Ein Geschenk für dich, Lay!«
    »Ein Geschenk?« Lays Augen weiteten sich. »Was soll Geschenk? Rulfan ist Geschenk genug!«
    Aldous lächelte und sein Gesicht zerknitterte wie trockenes Leder. »Ja, er liebt dich. Deshalb ist er unterwegs… sagen die Götter!«
    »Wann er zurückkommt?« Sie wurden abgelenkt, als Zarr die Valvona knuffte. Das Tier nahm dies hin, regte sich nicht. Zarr stieß es noch einmal an. »Komisch Ding! Zarr mag dich nich!«
    Die Valvona drehte ihm ganz langsam ihren Schädel zu. Die kleinen kalten Augen musterten Zarr, nagelten ihn fest wie eine Schlange, die sich überlegt, ob sie den Todesstoß versetzen soll. Es war nur ein Sekundenbruchteil, aber Zarr schien er eine ganze Ewigkeit zu dauern. Das Gebiss der Valvona schnappte auf und krachte wieder zu. In Zarrs empfindlichen Ohren donnerten die Zähne aufeinander wie Stahl.
    Lay fasste Aldous am Oberarm. »Wann Rulfan kommt zurück?«
    »Ich befürchte, ihm ist etwas zugestoßen. Vielleicht täusche ich mich, vielleicht auch nicht. Die Götter meinten, es sei hilfreich, wenn wir ihn suchen.« Er blickte zu Zarr. »Willst du mich unterstützen?«
    Zarr löste sich aus seiner Starre. »Stützen?«
    »Rulfan suchen! Helfen! Rulfan in Gefahr!«, sagte Lay eindringlich. »Ich Waffen hole. Wir Rulfan suchen. Götter sagen, dass Rulfan in Gefahr!«
    Zarr verkniff sich ein Grinsen. Rulfan war in Gefahr? Das war… gut! Vielleicht würde er nie mehr den weißen Mann ertragen müssen, der durchs Dorf

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