2440 - Armee der Schatten
eine unbedeutende Anekdote der Geschichte sein.
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Tek begrüßte Steph La Nievand mit dessen ureigenem, tausendundeinmal (zu oft) gehörten Stehsatz: „Na, alles im grünen Bereich?"
Der Oberstleutnant schmunzelte. „Einigermaßen."
Sie schüttelten einander die Hände, setzten sich an einen Tisch der kleinen, derzeit kaum frequentierten Cafeteria, bestellten beim Servo Fruchtsaftgetränke und warteten schweigend, bis diese serviert wurden.
Seit der „Walfisch", der wegen seines buschigen Gascogner-Schnurrbarts eher wie ein Walross aussah, vor mehr als einem halben Jahrhundert auf die SOL gekommen war, bezeichnete er sich als unersetzlichsten Mann an Bord.
Jener allmählich bis ins tiefste Innere verfestigten Überzeugung verdankte er, dass ihm die zweifelhafte Ehre widerfahren war, als Erster von Kirmizz mental übernommen zu werden.
Der Pilot der Chaotarchen hatte seinen Irrtum rasch bemerkt und sich anderen, für die tägliche Schiffsführung relevanteren Funktionsträgern gewidmet. Den „Direktor der SOL-Nachwuchsakademie" verschmähte er fortan, und auch die Kolonnen-Motivatoren übernahmen diese Einstufung. Schließlich mussten sie Prioritäten setzen.
Somit war La Nievand, als Schwätzer und Hochstapler gebrandmarkt, der einzige Führungsoffizier, der nicht gezielt überwacht wurde. Was ihn zu Teks wichtigster Kontaktperson machte.
Dass sie gleichwohl nicht Klartext reden durften, verstand sich von selbst.
Die Cafeteria wurde abgehört wie jeder öffentliche Raum. Kalbaron Silathes positronische Ohren, die Sensoren der am erweiterten internen Netzwerk hängenden Mobilen Rechenhirne, reichten so gut wie überallhin.
Nachdem sie angestoßen und getrunken hatten, eröffnete Tek die Besprechung mit den Worten: „Ihr macht Fortschritte, hoffe ich."
„In der Tat, Sideryt. Die zweihundertfünfzig Mom’Serimer, denen mit Stichtag fünfzehnter März des Vorjahres das Raumfahrt-Basispatent der LFT-Flotte verliehen wurde, haben sich allesamt bewährt; zweihundert als Korporale, die sich ihrer silbernen Raute durchwegs als würdig erweisen, und fünfzig als Kadetten, die am Anfang ihrer Offizierslaufbahn zu den schönsten Hoffnungen berechtigen."
„Ausgezeichnet. Nach dem Erfolg der ersten Ausbildungsgruppe wurde mit einer zweiten, größeren begonnen."
„Das ist richtig, Sideryt. Angesichts der Zahl von gleich tausend neuen Praktikanten kam es naturgemäß zu einigen Ausfällen. Zudem erschwert die Anwesenheit unserer, ähem, Freunde von der TRAITOR-Fraktion den geordneten Schulungsbetrieb, weshalb wir mit der zweiten Zeremonie noch zuwarten."
„Bedauerlich. Sie wird aber, wenn es denn so weit ist, mindestens ähnlich feierlich vonstattengehen wie beim ersten Mal?"
„Dafür garantiere ich mit meinem Namen und Ruf."
Insgeheim amüsierte sich Tek über das umständlichhochtrabende Gewäsch, das der Walfisch und er von sich gaben. Spätestens jetzt sollten sie alle potenziellen Lauscher eingelullt haben.
Trotzdem mussten sie ihren Informationsaustausch weiterhin verschlüsselt führen.
„Es besteht also Anlass zur Zuversicht", sagte er, „dass wir unseren Personalnotstand in absehbarer Zeit beheben können. Fein, fein. Wo würdest du das langfristige Ziel ansetzen?"
Steph strich sich über den strohblonden Schnauzer. „Ich denke, etwa achttausend ganz brauchbare Hilfskräfte sollten wir in der letzten Ausbaustufe der Akademie zusammenbringen. Ein paar Dutzend mehr oder weniger, jedoch alles in allem ist das wohl nicht zu hoch gegriffen."
„Sieh an, das sind erfreuliche Nachrichten. Die logistischen Probleme einer tauglichen Ausstattung mit Uniformen, Werkzeugen, Übungsplätzen ..."
„... dünken mir lösbar, mit den situationsbedingten Einschränkungen. Bekanntlich verfügen die Mom’Serimer in der Scherbenstadt und den angrenzenden Sektionen über eigene Mikrofabriken, Werkstoff-Wandler und dergleichen. Ungenutztes Hangar-Volumen ist ebenfalls ausreichend vorhanden."
„Ich spreche dir eine formelle Belobigung aus, Herr Direktor. Deine überaus wertvolle, allzu oft unbedankte Arbeit an der Basis trägt reiche Frucht."
Tek sah den Walfisch mit dem Lachen kämpfen. Er ermahnte sich aufzupassen, dass er nicht allzu sehr ins Parodistische verfiel. Aber nach den Frustrationen der jüngeren Vergangenheit bereitete ihm dieses Gespräch geradezu diebisches Vergnügen.
„Zurück zur Gegenwart", sagte er.
„Was meinst du, können wir schon ein konkretes Datum für die
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