2441 - Die letzten vierzig
Harkanvolters Brustverletzung absah, die gerade im provisorischen Lazarett behandelt wurde.
„Ich glaube, dass die handförmigen Jets ihre Harpunen nicht als Waffen eingesetzt haben."
Venethos zeigte auf die nach wie vor laufende Übertragung aus dem Stadion, wo der Einzug der Nationen fortgesetzt wurde, wenngleich mit gedämpfter Euphorie. „Wie es aussieht, haben alle Getroffenen überlebt. Nein, die Projektile dienten als Sammelvorrichtungen für genetisches Material!"
Seit der Wiedereinschleusung der Disken verharrten die Flugobjekte absolut still an den Stellen, wo sie zur Ruhe gekommen waren. „Die brutal entnommenen Proben werden in den Panzerkäfern analysiert. Es handelt sich um fliegende Labors. Das korreliert mit den aufgefangenen Funksprüchen, oder?"
Ihanae nickte. Auch Gurli musste ihm recht geben. „Du willst damit sagen, dass Harkanvolters DNS vielleicht schon in dieser Stunde von den Genprox-Analysten ausgewertet wird?"
„Ich fürchte, ja. Niemand von uns kann abschätzen, wie lange die Gegenseite braucht, bis sie unser Geheimnis aufdeckt. Wir stammen nicht aus Hangay, nicht mal aus einer der Galaxien der Lokalen Gruppe! Die erwiesene Tatsache, dass in Tablo Guz genetische Schwindler vollkommen exotischer Herkunft unterwegs sind, wird die Truppen der Terminalen Kolonne unter Garantie aufscheuchen."
„Für mich nicht unbedingt ein Argument, ausgerechnet zu diesem kritischen Zeitpunkt in die Funkkuppel einzudringen."
„Doch. Gerade jetzt! Die Relaisstation ist so schwach besetzt wie so bald nicht wieder. Der Kalbaron, sein Adjutant und etliche andere Führungsoffiziere halten sich immer noch im Stadion auf."
Sinco griff ungestüm ins Holo, worauf die Zoom-Funktion ansprang und die Ehrenloge ruckartig vergrößerte. Die Rangabzeichen auf den Uniformen wurden deutlich erkennbar. „Siehst du? – Ob es uns noch gelingt, den Datenkristall in die Relaisstation durchzubringen, hängt allein von unserer Geschwindigkeit ab.
Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.
Deshalb verzichten wir auf sämtliche weiteren Erkundungen. Ich breche dort ein. Jetzt."
„Du meinst, wir."
Venethos legte Kopf und Schwingen schief, richtete sie resolut wieder auf. „Nein. Deine kritischen Einwände sind berechtigt. Wir besitzen bloß zwei Dunkelschirme. Du und dein Tornister bleiben als Eingreifreserve hier. Falls ich scheitern sollte, haben wir wenigstens eine zweite Chance."
Er ergriff ihre Hand und drückte sie.
Obwohl eine Menge Leichtmetall, Plastik und Mikrohydrauliken dazwischen waren, ging ihr die Berührung durch und durch.
„Kam To Gedda hat die Pläne der Station vorbeigebracht. Ich überspiele sie dir ins Armband", sagte sie mit belegter Stimme. „Ausgeführt. – Viel Glück! Hau ihnen die Frucht rein. Und dann komm zurück zu mi... zu uns."
„Abgemacht!"
*
Er nahm die Rohrbahn, dann einen Rollsteig. Das letzte Stück ging er zu Fuß.
Sinco genoss es, nicht darauf achten zu müssen, ob seine stelzenden Schritte dem Bewegungsablauf von Vennokoiden entsprachen. Er war unsichtbar. Beschwingt, zwei Stufen auf einmal bewältigend, stieg er die pompöse Treppe zur Funkstation hinauf.
Die Kuppel bestand aus Ricodin-Verbundstoff, dem ultrafesten Standard-Baumaterial der Terminalen Kolonne TRAITOR. Einige gelangweilt wirkende Mor’Daer in Kampfanzügen patrouillierten vor dem Portal. Nicht mehr als eine Geste für die Stadtbevölkerung: Auch eine völlig unbewachte, offen stehende Pforte wäre für keinen Bewohner der Stadt Tablo Guz eine Sekunde lang unbemerkt betretbar gewesen.
Venethos übertrat die Schwelle mit mulmigem Gefühl, doch ohne dass Sirenen angeschlagen hätten oder Warnlichter aufgeflammt wären. Das Foyer war verlassen, die Rezeption unbesetzt.
Im engen, daran anschließenden Gang hatte Sinco ganz schön zu tun, nicht mit zwei entgegenkommenden Ganschkaren des technischen Personals zu kollidieren.
Er verschnaufte. Je dichter technisiert die Umgebung, desto geringer die Möglichkeit, dass durch einen Zufall sein Dunkelschirm geortet wurde. Die Hauptzentrale war natürlich tabu, genauso der Leitraum der Funkingenieure.
Sinco schlich weiter, zum Terminal des Adjutanten. Woher die Noquaa-Kansahariyya wusste, wo sich dieses befand, scherte ihn momentan herzlich wenig. Es war im Miniholo seines Armbands ersichtlich, nur darauf kam es an – und ungehindert zugänglich.
Er drehte sich einmal um die eigene Achse. Niemand in Sicht. Um nicht im letzten Moment einen Fehler zu
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